FlughafenDiebe plündern regelrecht in der Gepäckabfertigung
Es ist Ferienzeit, doch die Freude ist schnell vorbei, wenn man bestohlen wird.
So gehen die Gepäckabfertigungsdiebe vor. (Video: M6 / YouTube)
Über 30 Millionen Gepäckstücke verschwinden weltweit jedes Jahr an Flughäfen. Die meisten können innerhalb von 48 Stunden ihren Besitzern zurückgegeben werden. Doch manche bleiben unauffindbar oder werden gestohlen.
Der wohl bekannteste Fall von Gepäckplünderung kam 2015 vor Gericht. 17 Mitarbeiter der Gepäckabfertigung des Pariser Flughafens Charles de Gaulle hatten über Jahre Tausende Passagiere bestohlen. Ob Bargeld, Laptops, Luxusuhren oder Kleider – die Mitarbeiter stahlen zuhauf aus den Koffern.
Koffer kann mit Kugelschreiber geöffnet werden
Der Fernsehsender M6 konnte nun mit einem ehemaligen Gepäckabfertiger sprechen. Damien* kennt verschiedene Tricks, um Koffer und Taschen diskret zu öffnen. Vor ihm liegt ein mit einem Schloss verriegelter, typischer Reisekoffer. «Die Leute denken, das Schloss müsse geknackt werden, doch so ist es nicht.» Ganz einfache Utensilien würden genügen, um den Koffer auch so zu öffnen. Er greift zum Kugelschreiber und forciert damit innerhalb einer Sekunde den Reissverschluss des Gepäckstücks. Ohne den Koffer zu beschädigen. Der Passagier wird somit nicht vermuten, was in der Gepäckabfertigung mit seinem Koffer passiert ist.
«Wenn es mit dem Kugelschreiber nicht klappt, dann kann man auch eine Zange nutzen», so Damien. Er habe während 15 Jahren bis zu zehn Koffer pro Tag geplündert. «Damit konnte man im Monat gut 5000 bis 6000 Franken verdienen.» Auch in Italien ist ein solcher Skandal aufgedeckt worden. Mitarbeiter von Alitalia bedienten sich im Laderaum der Flugzeuge in aller Ruhe aus den Koffern der Passagiere. Wie die Gepäckabfertiger bei den Diebstählen vorgehen, sehen Sie im Video.
Keine Zahlen in der Schweiz
In der Schweiz sollen solche Diebstähle gemäss Marcel Schlatter von Kuoni Einzelfälle sein. Swissport Zürich sagt zum Thema: «In den letzten Jahren wurden keinerlei strafrechtliche Untersuchungen gegen Mitarbeitende eingeleitet.» Koffer würden an vielen grossen Flughäfen verschwinden, das heisst, sie würden an das falsche Ort gesandt werden, sagt Franco V. Muff, Ombudsmann der Schweizer Reisebranche. Gelegentlich seien die Koffer dann auch beschädigt. «Rom, Paris, Madrid oder grössere Flughäfen in Afrika werden von Zeit zu Zeit in Zusammenhang mit solchen Fällen erwähnt», so Muff.
Am Flughafen Zürich sei gemäss Beat Jost, Pressesprecher der Kantonspolizei Zürich, diesbezüglich kein grossflächiges Problem bekannt, aber «Diebstähle sind ein Thema». Das Gepäck würde auf einem Flughafen ab dem Zeitpunkt des Check-ins eine lange Reise durch die Flughafen-Infrastruktur machen, bis es am Zielort ankommt. «Unterwegs halten sich im Umfeld des Reisegepäcks Hunderte von Flughafenangestellten und auch Reisende auf. Deshalb ist ein gewisses Diebstahlrisiko vorhanden.» Zahlen, die besagen, wie häufig es zu Diebstählen in der Gepäckabfertigung kommt, gibt es gemäss Jost nicht.
Bei Edelweiss sind pro Jahr ein paar wenige Fälle von Diebstahl aus Gepäckstücken bekannt, so Andreas Meier, Kommunikationschef der Airline. Aber, was tun, wenn der Koffer beschädigt ist und etwas daraus entwendet wurde? Wenn ein Diebstahl bemerkt wird, solle am besten sofort bei der Polizei im Ankunftsland eine Anzeige gemacht werden, so Jost von der Kantonspolizei Zürich.
Wie man sich vor Koffer-Diebstahl schützen kann:
Bianca Schmidt von Tui Suisse empfiehlt: «Die effektivste Methode einem Diebstahl vorzubeugen ist, den Koffer zu verschweissen – so würde einem direkt auffallen, wenn etwas nicht in Ordnung wäre.»
Der alte Spruch Gelegenheit macht Diebe trifft gemäss dem Pressesprecher der Kantonspolizei Zürich auch hier zu. «Ein (mit einem Schloss, Anm. d. R.) verschlossener Koffer führt bestimmt weniger in Versuchung, ihn zu öffnen.» Zudem sollte man wertvolle Gegenstände wenn möglich im Handgepäck mitnehmen und nicht einchecken, sagt Marcel Schlatter von Kuoni. Dieser Meinung ist auch Andreas Meier von Edelweiss: «Geld, Medikamente, Schlüssel, Schmuck, Edelmetalle, Computer, persönliche elektronische Geräte, Werttitel, Wertpapiere oder andere Wertgegenstände, Geschäftsdokumente, Pässe oder andere Identitätspapiere sollten im Handgepäck mitgeführt werden.»
Einige Tipps kennt auch der Ombudsmann der Schweizer Reisebranche, Franco V. Muff: «Auf die Reise sollte man nur falls nötig neue, teure Kleider mitführen. Für einen verschwundenen Koffer kommt es höchstens zu einer Rückerstattung von zirka 1'430.00 Franken, Koffer inklusive.» Zudem sei es ratsam, für teurere Kleidungsstücke zuhause die Kaufbelege aufzubewahren. «Diese kann man dann der Airline und der Versicherung einreichen. Hausratversicherungen decken in der Regel auch kleine Beträge.» sagt Muff.