Ausländer mit SchweizernAlgorithmus soll «Ghetto-Klassen» verhindern
Welches Schulhaus ein Kind besucht, soll in Zukunft ein Computerprogramm entscheiden. Das Ziel ist eine bessere Durchmischung der Klassen.
Immer wieder legen Eltern Rekurs ein, weil ihr Kind nicht in das gewünschte Schulhaus kommt. Etwa in Muttenz BL , wo ein Vater rekurrierte, weil sein Sohn (6) in ein ein Kilometer entferntes Schulhaus kommen sollte, obwohl er gleich neben einer Primarschule wohnt. Die Schulleitung begründete den Entscheid damit, dass die Klassen gut durchmischt sein müssten.
Diese Arbeit soll in Zukunft ein Algorithmus übernehmen, so die Vision von Oliver Dlabac, Projektleiter beim Zentrum für Demokratie Aarau, einem Forschungszentrum, das der Universität Zürich angeschlossen ist. Die Schulklassen seien heute noch viel zu wenig gut durchmischt, was sich auf die Leistung der Schüler auswirke, wie die «SonntagsZeitung» berichtet.
Wie gut durchmischt ist die Klasse Ihres Kindes? Oder die Ihrer Schulklasse? Und was halten Sie von der vorgeschlagenen Änderung? Sagen Sie es uns:
Algorithmus berücksichtigt Herkunft und Verkehrsbelastung
So liege der Anteil von Kindern, die aus fremdsprachigen Familien kommen oder Eltern mit geringem Bildungsstand haben, in gewissen Schulhäusern bei bis zu 75 Prozent. In privilegierten Quartieren wie etwa am Zürichberg sind es höchstens 20 Prozent. Ein Algorithmus, den Dlabac zusammen mit anderen Fachleuten erstmals für die Schweiz entwickelt hat, könne eine bessere Durchmischung der Klassen sicherstellen.
Um die schulischen Einzugsgebiete zu rekonstruieren und die soziale Zusammensetzung der einzelnen Schulen zu erheben, werden Volkszählungsdaten zu den Erst- bis Drittklässern in den Algorithmus eingespiesen. Zudem berücksichtigt das Computerprogramm auch Verkehrsbelastungsdaten, das Netzwerk von Trottoirs und Fusswegen, Unterführungen und Überführungen. Mit diesen Daten wird berechnet, wie die Schüler verteilt werden müssen, um die Klassen stärker zu durchmischen.
Stärkere Durchmischung für Chancengleichheit
Der Schulweg müsse aber zumutbar bleiben, die Kapazitäten der Schulhäuser dürften nicht überschritten werden. «Das sind komplizierte Berechnungen», sagt Dlabac gegenüber der «SonntagsZeitung». «Ein Mensch könnte das niemals alles berücksichtigen.»
Die Schweiz sei das Land, in dem die Zusammensetzung von Schulhäusern den ausgeprägtesten Effekt auf die individuelle Schulleistung hat, so Dlabac. «Wenn man mehr Chancengerechtigkeit wolle, gehe das nur mit einer stärkeren Durchmischung.»