AsylpolitikGab Hilfswerk Tipps zum Asylmissbrauch?
Ein Heks-Mitarbeiter soll einem Asylbewerber empfohlen haben, online politisch aufzutreten, um in der Schweiz bleiben zu dürfen. Das Heks widerspricht.
Abdul Wasi Kadir im Gespräch mit 20-Minuten.
Der 19-jährige Äthiopier Abdul Wasi Kadir erhielt vor einiger Zeit Post vom Bundesverwaltungsgericht. Sein Rekurs gegen den negativen Asylentscheid vom Jahr 2016 wurde abgewiesen. «Der Vollzug der Wegweisung kann als zumutbar bezeichnet werden», hiess es.
Für Kadir ist der Entscheid nicht nachvollziehbar: «Ich war in Äthiopien politisch in der Opposition aktiv und sass deswegen auch im Gefängnis.» Er habe sich für die Oromo-Bewegung engagiert. Die Volksgruppe der Oromo machen etwa 35 Prozent der Bevölkerung aus, viele fühlen sich durch die Regierung benachteiligt behandelt. Kadir, der im Kanton Aargau lebt, erzählt von Verfolgung, Folter und willkürlichen Gerichtsurteilen. Vor zwei Jahren flüchtete er aus seiner Heimat in die Schweiz, wo Kadir weiter politisch aktiv ist. So nimmt er regelmässig an regimekritischen Demonstrationen teil. Kürzlich wurde ihm zudem eine Lehrstelle als Koch angeboten, die er als abgewiesener Asylbewerber aber nicht annehmen darf.
«Der Heks-Mitarbeiter empfahl mir, online politisch aufzutreten»
Nun aber schöpft Kadir trotz Bundesverwaltungsgerichtsurteil neue Hoffnung – dank dem Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz Heks: «Ein Mitarbeiter, den ich besucht habe, empfahl mir, eine Onlinepräsenz zu erstellen, auf der ich in Englisch oder meiner Landessprache von meinen politischen Aktivitäten berichte und sie mit Fotos und Videos dokumentiere», sagt Kadir gegenüber 20 Minuten. Somit würde er wohl auf den Radar der äthiopischen Regierung geraten. Seine Chancen, trotz negativem Asylentscheid doch noch in der Schweiz bleiben zu dürfen, würden steigen.
Der Heks-Mitarbeiter habe ihn auf den Fall des Äthiopiers A. G.* vom 13. Juli 2017 aufmerksam gemacht. Dessen Asylgesuch war abgelehnt worden, er hätte ausreisen müssen. Doch dann legte G. dem Bundesverwaltungsgericht neue Beweise für seine exilpolitischen Tätigkeiten in der Schweiz vor. Darauf wurde G. vorläufig in der Schweiz aufgenommen. Laut eigenen Aussagen hatte ihm sein Rechsanwalt und ehemaliger Heks-Mitarbeiter T. H.* zum Online-Auftritt geraten, was dieser aber bestreitet.
«Wir geben keine Empfehlungen ab»
Auch das Heks distanziert sich davon, abgewiesenen Asylbewerbern Empfehlungen abzugeben, wie sie trotz negativem Entscheid doch noch in der Schweiz bleiben können: «Unsere Leute geben keine Empfehlungen ab. Das entspricht nicht unserer Arbeitsweise», sagt Sprecher Dieter Wüthrich. Sie würden einzig abwägen, wie gut die Chancen auf einen erfolgreichen Rekurs stünden.
Im konkreten Fall habe der Heks-Mitarbeiter der Rechtsberatungsstelle Aargau Kadir und seiner Schweizerischen Begleitperson ausdrücklich gesagt, dass er die Erfolgschancen eines Wiedererwägungsgesuchs nach dem abgelehnten Rekurs als sehr gering beurteile. Auf Drängen der Begleitperson habe der Mitarbeiter aber das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 2017 erwähnt. «Das Erwähnen eines Urteils ist keine Empfehlung», sagt Wüthrich. Er könne nur vermuten, dass die Begleitperson Kadir in diesem Sinne beeinflusst habe. «Ich sehe keinen Grund, an der Darstellung der Fachpersonen der Rechtsberatungsstelle zu zweifeln, Kadir muss da etwas missverstanden haben», sagt Wüthrich.
*Namen der Redaktion bekannt