Konto gehacktE-Banking-Gauner bringen Ärztin um 28'000 Franken
Über 100'000 Franken ergaunerten E-Banking-Betrüger vom Konto einer Ärztin. Ihre Bank lässt sie auf dem Schaden sitzen.
Fast 100'000 Franken: So viel Geld wurde im November 2018 vom Konto von Ladina Sturzenegger unbemerkt auf ein Bankkonto nach Lenzburg AG transferiert. Eine Frau hob das Geld in Teilbeträgen ab und überwies es per Frachtbrief nach Russland, wie der «Beobachter» berichtet. Sturzenegger, eine Augenärztin mit eigener Praxis in Liestal BL, wurde erst durch einen Anruf der Polizei auf die illegalen Transaktionen aufmerksam gemacht. Denn die Bank in Lenzburg schaltete beim zweiten Besuch der unbekannten Frau die Behörden ein. Zu diesem Zeitpunkt waren 28'000 Franken bereits weg.
Die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB), bei dem Sturzenegger ihr Konto hat, will den Schaden jedoch nicht übernehmen. Die Bank stellt sich auf den Standpunkt, dass der Fehler nicht bei ihr liegt. Geld online zu überweisen sei nur möglich, wenn man eine Transaktionsnummer (TAN) eingibt, die bei der BLKB per SMS geschickt wird.
Sturzenegger hat aber nie solche SMS erhalten. Das bestätigt eine Analyse, die eine Spezialfirma im Auftrag der Bank durchführte.
Auf Sturzeneggers Computer seien Hinweise auf den bekannten E-Banking-Trojaner Retefe gefunden worden. Ob er tatsächlich aktiv war, liess sich aber nicht feststellen. Wie die Betrüger es also geschafft haben, ins Konto zu gelangen, ist ungeklärt.
Kunde muss Risiko in Kauf nehmen
«Wir können trotz aller Sicherheitsmassnahmen keine Verantwortung für das Endgerät unserer Kunden übernehmen», sagte die BLKB gegenüber dem Magazin. Für Risiken, die ausserhalb ihres Einflussbereichs liegen, übernimmt sie keine Haftung. Das stehe auch in den Geschäftsbedingungen.
Für Kontoinhaber mit E-Banking bedeutet dies: Wer Opfer von Betrügern wird, ist selbst schuld. Entweder nimmt er das Risiko in Kauf – oder er verzichtet aufs Onlinebanking. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen fast aller Banken ähneln sich in diesem Punkt.
Kritik vom Konsumentenschutz
Bei der Stiftung für Konsumententschutz stösst dies auf Kritik. «Das Schadensrisiko wird komplett auf die Kunden überwälzt, auch wenn sie Opfer eines Betrugs wurden», sagt die Juristin Cécile Thomi zum «Beobachter». «Wir lehnen das ganz klar ab.» Zudem sei es fraglich, ob die Geschäftsbedingungen der Banken rechtlich haltbar sind.
In vergangenen Fällen zeigten sich viele Banken in Schadensfällen kulant. Warum das im Fall Sturzenegger nicht so war, sei unklar. «Wir analysieren den Einzelfall und entscheiden aufgrund des aktuellen Sachverhalts, insbesondere auch unter Berücksichtigung der individuellen Sorgfaltspflichten», lässt die Bank verlauten.