28 Künstler aus Burundi verschwinden in Freiburg

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Festival in Freiburg28 Künstler aus Burundi verschwinden in Freiburg

Eine Gruppe aus Burundi kam zum Folkloretreffen in Freiburg. Im Laufe des Festivals verschwanden immer mehr Mitglieder, bis schliesslich alle unauffindbar waren.

V. Fehlmann
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V. Fehlmann
Bei der Schlussvorstellung waren nur noch drei Burundier da.

Bei der Schlussvorstellung waren nur noch drei Burundier da.

Frank r/rfi.ch

Vom 12. bis 19. August fand in Freiburg das internationale Folkloretreffen (RFI) statt. Mit dabei war auch eine Gruppe aus dem ostafrikanischen Burundi – ein Staat, der zu den ärmsten weltweit zählt. Doch nach und nach tauchten deren Mitglieder unter, wie die «Freiburger Nachrichten» berichten. Ursprünglich sollte die Gruppe 28 Mitglieder umfassen. Doch in Freiburg tauchten nur 14 auf. Bei der Schlussvorstellung waren es schliesslich nur noch drei. Am Ende waren alle verschwunden. «Wir wissen nicht, wohin sie gegangen sind», sagt RFI-Präsident Jean-Pierre Gauch der Zeitung.

Die Mitglieder der Gruppe hätten gegenüber den Organisatoren erklärt, dass sie in ihrer Heimat verfolgt würden. Gauch: «Wir haben sie auf die Möglichkeit hingewiesen, bei der Polizei ein Asylgesuch zu stellen.» Dennoch hätten sich die Veranstalter mit der Polizei in Verbindung gesetzt. «Uns ist wichtig, zu zeigen, dass die Teilnahme am Festival nicht eine Eintrittskarte für Europa ist», erklärt Gauch der Zeitung. Er fügt aber an: «Wir überwachen unsere Gäste nicht.»

Solange das Visum gilt, passiert nichts

Die Burundier haben ein Visum für ihren Auftritt erhalten. Solange dieses gilt, dürfen sie sich auch frei bewegen. Sie seien jedoch im Schengener Informationssystem ausgeschrieben, damit die Behörden informiert sind, erklärt Emmanuelle Jaquet von Sury, Sprecherin des Staatssekretariats für Migration (SEM). Bis am Mittwoch seien sie noch nicht wieder aufgetaucht, sagt sie gegenüber 20 Minuten. «Sollte die Polizei oder die Grenzwacht eine der Personen kontrollieren und hat diese noch ein gültiges Visum, passiert nichts. Erst bei einem illegalen Aufenthalt erstellt die Polizei oder die Grenzwacht einen Rapport und informiert die Migrationsbehörden.»

Das SEM kenne ähnliche Fälle. Eine Statistik führe man jedoch nicht. «Manchmal tauchen die Personen wieder auf, wenn sie einen Asylantrag in der Schweiz oder einem anderen Schengenstaat stellen», erklärt Jaquet.

«Das war unangenehm»

Erst im April flohen zwei algerische Sportler am Genfer Flughafen, nachdem sie an einem Wettkampf in der Schweiz teilgenommen hatten. Beim RFI kam es letztmals vor 20 Jahren vor, dass eine Gruppe aus Marokko untertauchte, schreiben die «Freiburger Nachrichten». 2005 waren jedoch 29 Teilnehmer einer Gruppe des Welt-Jugendmusik-Festivals (WJMF) in Zürich untergetaucht.

«Letztes Jahr arbeiteten wir mit dem Migrationsamt zusammen», sagt Deborah Annema, Sprecherin des WJMF 2017. So sollte vermieden werden, dass sich der Fall wiederholt. «Es war uns wichtig, Vorsorgemassnahmen zu treffen, da bei uns die Jugend und die Musik im Vordergrund stehen sollen.» Von den insgesamt 83 teilnehmenden Orchestern kamen 24 aus dem Ausland. Viele davon reisten aus nahegelegenen Ländern an, einige Orchester wie zum Beispiel die aus Japan und China wurden über Agenturen vermittelt. «Das Risiko war entsprechend gering. Unsere Vorgehensweisen haben sich bewährt und werden wir für das nächste WJMF im Jahr 2021 gleich handhaben.»

Beim Festival Afro Pfingsten sei so etwas bisher noch nie passiert, sagt der Gründer und Organisator bis 2018, Daniel Bühler. Man sei sich der Problematik jedoch durchaus bewusst. «Vor Schengen waren wir regelmässig mit der Migrationsabteilung in Kontakt.» Mittlerweile spielten am Festival jedoch meist Bands, die in Europa auf Tournee sind und von Agenturen vermittelt würden. «Unseren Bands geht es in ihren Ländern gut», sagt Bühler. Man habe aber auch schon Anfragen von Musikern erhalten, die man abgelehnt habe. Sei dies aufgrund ihrer Qualität oder weil man keinen Sinn darin sah, die Band für ein einziges Konzert einfliegen zu lassen.

Autoritäres Regime in Burundi

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) rät grundsätzlich von touristischen oder anderen nicht dringenden Reisen nach Burundi ab. In mehreren Landesteilen forderten Gewalttaten immer wieder Todesopfer und Verletzte. Auch das Risiko von Terroranschlägen könne nicht ausgeschlossen werden. Gemäss Beat Gerber, Sprecher bei Amnesty Schweiz, ist das Ausmass der Repression im Land erheblich. «Es wird unter Langzeitpräsident Nkurunziza autoritär regiert. Vor allem Oppositionelle, Kritiker des Regimes, Menschenrechtsverteidiger und Journalisten leben in Burundi gefährlich. Immer wieder erreichen uns Nachrichten über rechtswidrige Tötungen, Verschwindenlassen, Folter und andere Misshandlungen sowie für willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen durch Sicherheitskräfte und bewaffnete Gruppen.»

Menschen, die versuchten zu fliehen, berichteten von Übergriffen durch die Imbonerakure, die zunehmend militarisierte Jugendorganisation der Regierungspartei CNDD-FDD. Etliche versuchten, Burundi auf informellen Routen zu verlassen, da sie keine offiziellen Reisedokumente besitzen. «Amnesty Schweiz betreut derzeit einen Fall eines Asylsuchenden aus Burundi, der aufgrund seiner Tätigkeit als Menschenrechtsverteidiger bedroht ist», erklärt Gerber. Die Zahl von Asylsuchenden in der Schweiz sei vergleichsweise gering. Im Jahr 2017 waren es 33, 2018 gingen bisher 10 Gesuche ein.

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