«Schikane am Zoll»LKW-Fahrer können nicht duschen oder aufs WC
Dichtgemachte Raststätten, geschlossene WCs: Chauffeure kritisieren die Zustände am französischen Zoll. Die Schweizer Behörde hilft nun.
Simon Lappert (47), Lastwagenfahrer aus Mühledorf SO, fährt in der Woche dreimal von verschiedenen Regionen in der Schweiz nach Paris und wieder zurück, um Quarzsand zu transportieren. «In der jetzigen Coronakrise wird unsere Arbeit aber enorm verzögert, da wir teils bis zu 15 Stunden am Zoll warten müssen. Wir müssen auch dort übernachten», sagt er.
Das Problem dabei: An der schweizerisch-französischen Grenze in Basel-St. Louis sind laut Lappert nun wegen Corona die WCs und Duschen dichtgemacht worden.
Übernachten ohne WC
Die WCs seien mit Absperrbändern verriegelt. «Ich und etwa 400 andere Lastwagenfahrer mussten in der Nacht auf Donnerstag fast 15 Stunden am Zoll, der erst um 7 Uhr morgens öffnet, warten – ohne WC und ohne Dusche. Wir werden regelrecht schikaniert.» Einige hätten ihre Notdurft auf dem Parkplatz verrichten müssen, erzählt er. «Wo soll man denn sonst noch hin, wenn man als Chauffeur am Zoll übernachten muss und kein WC geöffnet ist?»
Da er sein Lieferprogramm abfahren müsse, könne er keine Umwege fahren, um eine Dusche zu suchen. «Ich habe auch meine Grundbedürfnisse. Ich mache das jetzt seit 25 Jahren, und Zustände wie heute habe ich noch nie erlebt.» Er regt sich auf, dass in diesen Zeiten viele wegen Homeoffice jammern würden. «Aber wir Chauffeure können uns im Gegensatz dazu nicht einmal etwas kochen, ein Sandwich kaufen oder haben die nötigsten Dinge wie ein WC oder eine Dusche. Wir Lastwagenfahrer sind damit eigentlich Versorger, die nicht versorgt werden.»
Lange Schlangen bei der Abfertigung
Zudem müsse man am französischseitigen Zoll lange warten, um die Abfertigungsdokumente zu erhalten. In einem Video zeigt Lappert, dass sich dabei lange Schlangen bilden. Das Social Distancing werde dabei nicht immer eingehalten.
Raststätten dicht, WCs geschlossen, lange Schlangen bei der Abfertigung: Lastwägeler sind empört über die Zustände am Zoll in der Coronakrise.
(Video: Leser-Reporter)
Zwei Toi-Toi-WCs geliefert
Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) betont auf Anfrage, dass «die Zollstelle Basel St. Louis-Autobahn eine Gemeinschaftszollanlage ist und sich vollständig auf französischem Territorium befindet». Dementsprechend obliege dem französischen Staat die Hoheit auf dieser Zollanlage, auch was die Infrastruktur und Öffnungszeiten betrifft, sagt Sprecher Matthias Simmen.
Er betont, dass die EZV in ihrem Kompetenzbereich die Vorgaben des Bundesamtes für Gesundheit strikt umsetze. «Die EZV appelliert auch im Bereich des Social Distancing an die Eigenverantwortung der Chauffeure.» Weiter verweist Simmen auf diverse Massnahmen, die ergriffen wurden, um den Warenverkehr effizient abzuwickeln.
Trotz fehlender Zuständigkeit helfen die Schweizer Behörden nun. «Als Sofortmassnahme wird für die Zollstelle Basel St. Louis-Autobahn die Beschaffung von zwei mobilen Toi-Toi-WCs ausgelöst, deren Auslieferung derzeit im Gange ist», so Simmen. Hier stehe die EZV auch in Kontakt mit den französischen Partnern. Eine Anfrage bei den französischen Zollbehörden blieb am Donnerstag unbeantwortet.
«Braucht offene und saubere Toiletten»
Beim Schweizerischen Nutzfahrzeugverband Astag kennt man die Problematik. «Wir erhalten sehr viele erboste Rückmeldungen von Mitgliedern und Chauffeuren», sagt André Kirchhofer, Vizedirektor der Astag. Der Strassentransport garantiere in der aktuellen Krisensituation tagtäglich die Versorgung und die Entsorgung für die Menschen und die Wirtschaft in der Schweiz.
«Im Gegenzug dazu muss an den Zollübergängen eine möglichst rasche Abfertigung ohne Wartezeiten gewährleistet sein», ergänzt Kirchhofer. Es brauche zwingend genügend offene und saubere Toiletten. «Die Astag verlangt von den Behörden im In- und Ausland, dass die eigenen Hygieneempfehlungen und Gesundheitsschutzmassnahmen von ihnen selbst auch umgesetzt werden.»