Operation Libero«Wir tanzen bis in den Morgen und trinken Gin»
Für Laura Zimmermann von der Operation Libero zeigt das SBI-Nein, dass der «Haudrauf-Stil der SVP» nicht mehr funktioniere. Den Sieg feiere man nun gebührend.
Frau Zimmermann, Volk und Stände sagten deutlich Nein zur Selbstbestimmungsinitiative. Haben Sie ein solches Resultat erwartet?
Als ich heute morgen aufgestanden bin, war ich gar nicht sicher, wie es rauskommen würde. Aber ansonsten hatte ich zuletzt immer ein gutes Bauchgefühl, dass es für ein Nein reichen sollte. Aber eine solch deutliche Ablehnung hätte ich nicht erwartet.
Wie erklären Sie sich das Resultat?
Ich kann es noch nicht ganz einordnen. Vielleicht handelt es sich nicht nur um eine deutliche Absage an den Inhalt der Initiative, sondern auch an den Stil der SVP. Das Volk hat genug von ihrem «Haudrauf»-Stil. Demnach interpretiere ich dieses deutliche Nein auch als Richtungsentscheid gegen den Populismus.
Aber gerade die Kampagne für die Selbstbestimmungsinitiative gestaltete die SVP denkbar unaufgeregt. Biedere Menschen warben für ein «Ja zur direkten Demokratie».
Ja, die Plakatkampagnen waren tatsächlich aussergewöhnlich unaufgeregt. Auf Podien und auf Social Media waren Ton und Stil aber ganz hässlich. Das erste Mal verbreitete die SVP ohne mit der Wimper zu zucken Fake News.
Welche Unwahrheiten meinen Sie?
Ohne Absender und in einer orangen Versicherungsmanier versuchte die SVP Stimmung für die Initiative zu machen. Zudem drohte die SVP mit dem Ende der direkten Demokratie, wenn man nicht Ja stimmt. Die SVP griff dieses Mal auch die Justiz an. Als wählerstärkste Partei gegen die unabhängige Justiz derart vorzugehen, ist problematisch. Solche Zustände kennt man ansonsten nur aus Ungarn oder Polen. Der heutige Tag zeigt aber, dass wir sehr wohl in einer direkten Demokratie leben – und zwar in einer, in der auch die Rechte und die Gewaltenteilung existieren.
Hat die Operation Libero inzwischen gelernt, wie sie mit SVP-Kampagnen umgehen muss?
Ich glaube, dass wir unsere Kampagnen immer auf Inhalten und Fakten aufbauen. Die SVP lieferte Schlagwörter und falsche Informationen. Wir hatten die Herausforderung, Unmengen an Inhalts- und Übersetzungsarbeit zu leisten, um diese komplexe Vorlage auf ein verständliches Niveau herunterzubrechen. Solche Debatten führt man normalerweise in der juristischen Fachwelt. Auch für mich als studierte Juristin war es kompliziert, die Vorlage verständlich zu erklären. Dazu hätte es noch 150 weitere Argumente gegen die Selbstbestimmungsinitiative gegeben.
Die Junge SVP wirft den Gegnern eine Verleumdungskampagne vor. SVP-Präsident Albert Rösti bezeichnet den Abstimmungskampf der Gegner als aggressiv und diffamierend. Können Sie das nachvollziehen?
Darüber kann ich nur lachen. Diese Reaktion ist einfach nur peinlich. Aber man kann mir gerne konkrete Beispiele für unsere angebliche Verleumdungskampagne liefern. Natürlich analysieren wir unsere Kampagnen genau. Die Kampagne gegen die Selbstbestimmungsinitiative war die inhaltlichste aller Kampagnen, in Sache und Ton zugleich aber hart. Die SVP sollte ihre Niederlage auch einmal akzeptieren, wenn sie sich schon immer auf den Volkswillen beruft.
Was wäre bei einer Annahme der Initiative passiert?
Was unmittelbar geschehen wäre, ist schwierig abzuschätzen. Die Initiative hätte sich wie ein langsam wirkendes Gift ausgebreitet. Die Auswirkungen hätte man erst nach langer Zeit spüren können. Die Initiative hätte nicht halten können, was sie versprochen hatte. Der Text liess wie bei der Masseneinwanderungsinitiative viel Interpretationsspielraum und Unklarheiten zu. Es hätte eine grosse Unsicherheit geherrscht.
Wie blicken Sie in die Zukunft?
Mit der Kündigungsinitiative der SVP steht ja ein weiterer grosser Angriff an. Ich freue mich jedoch, dass die SVP diesmal eine ehrliche Initiative formuliert hat. Die Operation Libero wird mit aller Kraft dagegen ankämpfen. Wir hoffen aber, dass das Jahrzehnt der Angriffe danach vorbei ist und wir selber etwas gestalten können, anstatt unter Dauerbeschuss zu sein. Vorerst feiern wir aber unseren Abstimmungserfolg. Wir tanzen und trinken Gin Tonic bis in die frühen Morgenstunden. Nach dieser gefährlichen Initiative braucht es eine ausgiebige Feier.