Leser wollen SBB-Busse von Autistin übernehmen

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Bei Billettkontrolle überfordertLeser wollen SBB-Busse von Autistin übernehmen

Eine 19-Jährige mit Autismus entzog sich in einer Stresssituation einer Billettkontrolle. Die SBB büsste sie mit 140 Franken. Die Busse wollen Leser nun bezahlen.

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Sonam Y. ist 19 Jahre alt und leidet an Autismus. (Bild: SRF/«Kassensturz»)
Nur durch jahrelanges Training kann sie allein zur Arbeit pendeln. (Bild: SRF/«Kassensturz»)
Im Juli entdeckte sie jedoch ein Kontrolleur mit einem Billet der 2. Klasse in der 1. Klasse.
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Sonam Y. ist 19 Jahre alt und leidet an Autismus. (Bild: SRF/«Kassensturz»)

Weil sich Sonam Y., eine junge Frau mit Autismus, bei einer Billettkontrolle überfordert fühlte, lief sie davon. Die SBB verlangte im Anschluss eine Busse von 240 Franken. Auch nachdem die Mutter dem Kundendienst in mehreren Mails die Situation ihrer Tochter erklärt hatte – inklusive Arztzeugnis, das die Diagnose «frühkindlicher Autismus» und somit Y.s Urteilsunfähigkeit bestätigte –, bestand die SBB noch auf einem Betrag von 140 Franken.

Die SBB begründete ihre Haltung wie folgt: «Es wäre gut gewesen, wenn man uns ein richtig formuliertes Arztzeugnis zugestellt hätte, das wir als Laien richtig interpretieren können.» Mit dem Erhalt eines solchen Zeugnisses würde man von einer Busse absehen.

«Busse erlassen wäre wahre Grösse»

Bei vielen 20-Minuten-Lesern stösst das Verhalten der SBB auf Unverständnis. «Bei gesundheitlich angeschlagenen Personen sollte man einfach mehr Rücksicht nehmen, da viele Medikamente nehmen und die Gesamtsituation für sie nicht einfach ist», mahnt ein Leser in der Kommentarspalte. Und weiter: «Wahre Größe wäre es gewesen, wenn dieser Autistin die Busse erlassen worden wäre.»

Einige Leser erklärten sich gar bereit, die Busse von 140 Franken zu übernehmen. So etwa Chrigel (63), der sich bei 20 Minuten meldete. Er wolle keineswegs als Gutmensch dastehen, sagt er. «Die Geschichte hat mich einfach berührt.» Dem Kontrolleur mache er keinen Vorwurf, der habe schliesslich nichts von der Entwicklungsstörung der jungen Frau wissen können. «Aber dass die SBB nach Erhalt des Arztzeugnisses nicht einfach einen Strich unter die Sache gemacht hat, will mir nicht in den Kopf.»

«SBB ginge nicht unter»

Auch Max (22) möchte Y.s Busse bezahlen. «Ich finde, die SBB hat sich hier nicht sehr kundenfreundlich verhalten», meint er. Menschen mit Autismus und ihre Familien hätten es schon schwer genug, da müsse man ihnen nicht noch Steine in den Weg legen. «Die SBB ginge nicht unter, wenn sie der Familie die Busse erlassen würde.»

Sonam Y. hatte sich im Juli mit ihrem Billett für die 2. Klasse fälschlicherweise in die 1. Klasse gesetzt – wahrscheinlich aufgrund von Stress, der auftrat, weil die 2. Klasse überfüllt war. Bei der anschliessenden Billettkontrolle ergriff sie die Flucht. Für sie sei es die einzige Strategie gewesen, aus der Situation herauszufinden, sagte ihr Betreuer.

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