Liefert die Schweiz Waffen für Kindersoldaten?

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Schlimmer VerdachtLiefert die Schweiz Waffen für Kindersoldaten?

Der Zeitung «Sonntag» wurde ein vertrauliches Dokument des Bundesrats zugespielt, welches belegt, dass die Schweiz - trotz gegenteiliger Beteuerungen - Waffenexporte in Länder bewilligt hat, wo Kindersoldaten zum Einsatz kommen.

Ein vertrauliches Dokument des Bundesrats, das der Zeitung «Sonntag» vorliegt, listet im Detail auf, welche Rüstungsexporte der Bundesrat für 2009 bewilligt hat. Erstmals ist damit detailliert ersichtlich, welche Waffentypen von welchen Schweizer Rüstungsfirmen wohin geliefert werden. Skandalös: Das Dokument belegt, dass die Schweiz trotz anderslautenden Beteuerungen Kriegsmaterialexporte in Gebiete bewilligt, in denen Kindersoldaten in bewaffneten Konflikten eingesetzt werden.

Waffenliste

Neben 400 Maschinenpistolen des Typs MP9 PDW (Kaliber 9 Milimeter) im Wert von 824000 Franken sowie von 400 Sturmgewehren SG 553 (Kaliber 5,56 Milimeter) im Wert von 910 000 Franken an die Polizeikräfte des indischen Teilstaats Jharkhand gab der Bundesrat an seiner Sitzung vom 25. März 2009 auch grünes Licht für den Export von 10 Maschinenpistolen des Typs MP9 PDW an die Polizei im Bundesstaat Chhattisgarh. Hersteller: die Thuner Rüstungsfirma Brügger & Thomet AG. Wert der Lieferung: 20 000 Franken.

Maoistische Rebellen

Im indischen Bundesstaats Chhattisgarh kämpft die hinduistisch-nationalistische Regierung seit Jahren gegen maoistische Rebellen. Gemäss einem 58-seitigen Bericht der internationalen Menschenrechtsorganisation «Human Rights Watch» vom 4. September 2008 werden dort sowohl von der staatlichen Polizei als auch von den Rebellen Kinder unter 18 Jahren für bewaffnete Operationen ausgebildet. Bei der Polizei, die mit dem Segen des Bundesrats Schweizer Waffen erhält, kommen die Kinder als «Special Police Officers» zum Einsatz. Sie kämpfen an der Front.

Seco sieht keine Gründe für Verbot

Konfrontiert mit den «Sonntag»-Recherchen bestätigt das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco die Exporterlaubnis von Kriegsmaterial in das Krisengebiet. «Der Bundesrat hat Waffenlieferungen in den indischen Teilstaat Chhattisgarh bewilligt», sagt Simon Plüss von der Exportkontrolle im Seco. Das Thema Kindersoldaten müsse bei der Prüfung von Waffenexportgesuchen zwar «berücksichtigt» werden, entscheidendes Kriterium für Bewilligungen sei aber, «ob im Bestimmungsland die Menschenreche systematisch und schwerwiegend verletzt werden.» Dies ist in Chhattisgarh trotz den Berichten über Kinder als Soldaten nicht der Fall: «Nach unserer Beurteilung liegen keine Gründe vor, die eine Ausfuhr verbieten würden.»

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