Neue StudieJeder Zweite glaubt, dass 5G krank macht
Eine neue Studie belegt: Schweizer haben Angst vor der neuen Mobilfunktechnologie. Sie fürchten Krebs – und dass nur die Firmen profitieren.
Die Mobilfunktechnologie 5G wird weiter ausgebaut: In den letzten sieben Monaten sind über 200 Antennen aufgerüstet worden. An rund 560 Standorten sind mitterweile 5G-Antennen aktiv, wie Zahlen des Bundes zeigen. Doch die Skepsis in der Bevölkerung ist nicht gesunken – im Gegenteil.
Eine Umfrage, die auf 20min.ch durchgeführt wurde und von den Politikwissenschaftlern der Firma LeeWas GmbH ausgewertet und gewichtet wurde (siehe Box), zeigt: Mit 54 Prozent ist eine Mehrheit der Befragten gegen einen flächendeckenden Ausbau von 5G.
Ein Moratorium würde von 53 Prozent der Befragten unterstützt, die eine entsprechende Frage mit «Ja» oder «Eher Ja» beantworten. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind gross: 62 Prozent der Männer wünschen sich flächendeckenden 5G-Ausbau, aber nur 19 Prozent der Frauen – ein Graben, der sich durch alle Fragen zieht.
Schadet 5G der Gesundheit?
Sorgen machen sich die Befragten vor allem um ihre Gesundheit. Auf die Frage, ob 5G Krebs auslöst, antworten 45 Prozent der Befragten mit «Ja» oder «Eher Ja». 58 Prozent der Befragten glauben, dass 5G ihrer Gesundheit schadet, 56 Prozent glauben, dass sich die Strahlenbelastung durch die neue Technologie verändert. Als Profiteure von 5G sehen die Befragten vor allem die Telecomfirmen – und erst an zweiter Stelle die Nutzer.
Martin Röösli, Professor am Tropen- und Public-Health-Institut der Universität Basel, sagt, das sei ein Irrglaube. «Es herrscht ein weit verbreiteter Glaube, dass 5G etwas anderes ist als die bisherige Mobilfunkstrahlung. Dem ist nicht so», sagt er (siehe Interview).
«Symbol für Bedenken und Sorgen»
Für die Telecomfirmen sind die Resultate niederschmetternd. Christian Grasser, Geschäftsführer des Verbands der Telecomfirmen Asut, sagt: «5G ist zu einem Symbol für ganz viele Bedenken und Sorgen geworden, von Gesundheit bis zu Jobverlust und Überwachung. Da überrascht es nicht, dass viele Menschen Bedenken haben.» Das betreffe aber nicht nur den Mobilfunk, sondern die ganze technische Entwicklung.
Die Branche müsse nun besser informieren und erklären. «Es gibt keine neuen Risiken mit 5G», sagt Grasser. Es brauche aber neue Antennen, weil die Bevölkerung das Smartphone so häufig nutze. Mobilfunk sei eine Infrastruktur – so wie die Schiene für die Eisenbahn. «Damit begeistert man heute niemanden mehr. Die Begeisterung kommt erst, wenn es neue Anwendungen und Dienstleistungen gibt, die überzeugen. Davon profitieren die Bevölkerung und die Unternehmen.» So könne der Verkehr sicherer, der Energieverbrauch gesenkt oder der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft mit 5G minimiert werden.
Die 5G-Kritiker hingegen sehen sich bestätigt. Martin Forter, Geschäftsleiter der Ärzte für Umweltschutz, sagt, die Resultate der Umfrage erstaunten ihn nicht. «Die Bevölkerung ist sensibel.» Dass 5G mit Krebs in Verbindung gebracht werde, sei nicht weiter erstaunlich. «Laut der Weltgesundheitsorganisation ist Funkstrahlung möglicherweise krebsfördernd.» Seine Organisation wolle sich nun gegen jede direkte oder indirekte Lockerung der Grenzwerte für Anwohner wehren.
«Belastung nimmt wegen Flatrate-Abos zu»
Herr Röösli*, eine Mehrheit will keinen 5G-Ausbau. Sind Sie überrascht?
Nein. In den letzten Monaten wurde viel Kritisches über Mobilfunk und insbesondere 5G geschrieben.
Eine Mehrheit glaubt, dass mit 5G die Strahlenbelastung zunimmt. Hat sie recht?
Es ist ein weit verbreiteter Glaube, dass 5G etwas anderes ist als die bisherige Mobilfunkstrahlung. Dem ist nicht so. Es ist praktisch die gleiche Art Strahlung, wie sie seit 30 Jahren genutzt wird – einfach effizienter.
Wieso nimmt denn die Belastung zu?
Der Grund dafür sind Flatrate-Abos und die damit verbundene Zunahme der Übertragung von Daten übers mobile Internet. Diese Raten verdoppeln sich praktisch jährlich. Ohne das effizientere 5G wird die Strahlung noch stärker zunehmen. Um die Zunahme der Strahlung zu verhindern, muss man dafür sorgen, dass die mobile Datenübertragung nicht laufend zunimmt.
45 Prozent glauben, dass 5G Krebs auslöst. Stimmt das?
Die grösste Strahlenquelle ist das eigene Handy. Wenn Mobilfunkstrahlung Krebs erzeugen würde, hätten Hirntumore in den letzten Jahren zunehmen müssen. Das ist nicht der Fall.
*Martin Röösli ist Professor am Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut.
Die Umfrage
In Zusammenarbeit mit LeeWas führt Tamedia schweizweit auf ihren Newsportalen regelmässig umfassende Umfragen durch. Die Umfragedaten werden nach demografischen, geografischen und politischen Variablen modelliert. 12'847 Teilnehmer haben zwischen dem 31. Juli und 1. August an der Umfrage teilgenommen. Die Umfrage, die meist Ja/Eher Ja/Eher Nein/Nein-Antworten erlaubte, zeigt: Noch ist der Wissensstand zu 5G tief. 20M