Übergangsphase«Alle sollten nach dem Lockdown Masken tragen»
Mit einem möglichen Ende des Lockdowns steht eine Maskenpflicht zur Debatte. Bürgerliche Politiker sehen darin eine Chance für Coiffeursalons und Restaurants.
Entwickelt sich die Epidemie weiterhin positiv, will der Bundesrat nach dem 26. April die Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus etappenweise lockern. Schweizer Politiker liebäugeln deshalb mit einer Maskenpflicht.
So sagt SVP-Nationalrat Mike Egger: «Mit einer Maskenpflicht in kontaktintensiven Zonen hätten kleinere Läden, Restaurants und Coiffeure wieder die Möglichkeit, ihren Betrieb aufzunehmen und Einnahmen zu generieren.» Die Bundeskasse sei nicht grenzenlos gefüllt, um den wirtschaftlichen Schaden finanziell für lange Zeit abzufedern.
Masken für Coiffeure
Voraussetzung dafür sind laut Egger rückläufige Corona-Fälle. «In diesem Fall sollten wir in der Lockerungsphase alle bereit sein, eine Maske dort zu tragen, wo es zu regelmässigen Personenkontakten kommt.» Der Bund müsse dazu zwingend genügend Masken für die Bevölkerung bereitstellen.
Auch FDP-Fraktionspräsident Beat Walti hält eine Maskenpflicht in gewissen Bereichen für sinnvoll. «Etwa Dienstleister wie Coiffeure, die den Mindestabstand nicht einhalten können, müssten Masken tragen.» Christian Garzoni, Arzt für Infektiologie am Moncucco Spital Lugano, betrachtet Masken ebenfalls als Hilfsmittel (siehe Interview unten).
Trügerische Euphorie?
Skeptisch ist GLP-Präsident Jürg Grossen: «Solange nicht genug Masken vorhanden sind, macht es keinen Sinn, über eine Maskenpflicht zu diskutieren.» Sollte es künftig davon genügend haben, müsste der Bund klar definieren, wo diese Pflicht seien und wo sie empfohlen würden. «Es darf dann aber auch nicht so weit kommen, dass sich die Maskenträger in einer falschen Sicherheit wiegen und andere Hygienemassnahmen vernachlässigen.»
Zurzeit spüre er eine gewisse Euphorie in der Bevölkerung, die Wirtschaft bald wieder hochfahren zu können, was er als Unternehmer ja begrüssen würde, so Grossen. «Das könnte aber trügerisch sein, denn es ist je nach Entwicklung möglich, dass der Bundesrat ab dem 26. April die Massnahmen nicht oder nur wenig lockert.»
SP-Nationalrat Cédric Wermuth warnt: «Wir dürfen Wirtschaft und öffentliche Gesundheit nicht gegeneinander ausspielen. Es darf keine Gefährdung der Bevölkerung geben.» Masken lösten das Problem nicht. «Die Schweiz hat nicht gleich grosse Erfahrungen mit Pandemien wie Südkorea. Das System von Südkorea ist viel besser darauf vorbereitet als unseres.»
80 Millionen Hygienemasken
Babette Sigg Frank, Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums, rechnet zudem mit einer geringen Akzeptanz einer Maskenpflicht in der Bevölkerung. «Masken zu tragen, ist überhaupt nicht unser Stil. Auch jetzt werden Leute mit Masken scheel angeschaut.» Auch halte sie es für unmöglich, die ganze Bevölkerung mit dem Schutz auszustatten. «Man könnte niemals alle Menschen bedienen.»
Gesundheitsminister Alain Berset kündigte am Mittwoch an, dass bei der Diskussion über die Lockerung der Massnahmen auch über eine Maskenpflicht gesprochen werde. Daniel Dauwalder, Mediensprecher des Bundesamts für Gesundheit, sagt auf Anfrage von 20 Minuten: «Masken werden laufend beschafft. Bis Mitte April sollten 80 Millionen Hygienemasken vorhanden sein.» Weitere Käufe folgten.
«Es braucht originelle Lösungen»
Herr Garzoni*, sind Masken das Patentrezept, um die Wirtschaft nach dem Lockdown langsam wieder hochfahren zu können?
Die Maske kann eine der Massnahmen sein, um die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern. Das Tragen von Masken muss aber von anderen wirksamen Massnahmen wie Social Distancing und Händewaschen begleitet sein. Masken alleine wären eine wirkungslose Ressourcenverschwendung, die ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt.
Der Nutzen von Masken ist sehr umstritten. Warum ziehen Sie Masken dafür in Betracht?
Die Masken sind primär ein Fremdschutz. Gerade Infizierte ohne Symptome schützen damit andere Menschen vor einer Ansteckung. Wenn nun jeder eine Maske tragen würde, würde der Fremdschutz automatisch zu einem Selbstschutz. Da die Masken aber ein rares Gut sind, ist dies nicht realistisch. Nach dem Ende des Lockdowns sind originelle Lösungen gefragt.
Welche schlagen Sie vor?
Es braucht ein Zusammenspiel von Masken plus Hygienemassnahmen. Auch müsste man örtliche und zeitliche Trennungen einführen. Eine Idee wäre, dass die Läden während des gelockerten Lockdowns zum Beispiel für Senioren bis morgens um 10 Uhr öffnen und danach erst für alle anderen Kunden. Voraussetzung ist, das Social Distancing zu befolgen.
