DesinfektionsmittelBund löste heimlich Ethanol-Reserven auf
Die Nachfrage nach Desinfektionsmitteln kann derzeit nicht gestillt werden. Einer der Gründe dafür: Der Bund hat seine Ethanol-Reserven 2018 heimlich aufgelöst.
Als das Coronavirus die Schweiz erreichte, waren Desinfektionsmittel innert kürzester Zeit ausverkauft. Die Nachfrage nach Ethanol, der alkoholischen Grundlage vieler Desinfektionsmittel, ist nach Ausbruch der Pandemie förmlich explodiert, wie Florian Krebs, Geschäftsführer von Alcosuisse, dem tragenden Ethanol-Importeur der Schweiz, gegenüber der Redaktion Tamedia sagt.
Doch es gibt, wie es im Bericht weiter heisst, eine weitere entscheidende Ursache für die derzeitige Situation. So habe das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) die Krisenvorsorge vernachlässigt. Noch bis Ende 2018 verfügte der Bund über eine Ethanol-Reserve von 8000 bis 10'000 Tonnen.
Experten zufolge würde diese Menge problemlos ausreichen, um die derzeitige Nachfrage zu decken. Als die frühere Eidgenössische Alkoholverwaltung (heute: Alcosuisse) 2018 privatisiert wurde, wurde die Reserve heimlich aufgelöst. Die Frage, wie die im Pandemiefall benötigten Desinfektionsmittel hergestellt werden können, wurde offenbar nie diskutiert.
Der liberalisierte Ethanol-Markt hätte Zeit bekommen sollen, sich neu zu bilden, dann wäre die Vorratshaltung mit allen Marktteilnehmern diskutiert worden, heisst es auf Anfrage des «Tages-Anzeigers». Das Coronavirus hat diesem Plan einen Strich durch die Rechnung gemacht.
«Falsche Prioritäten»
In politischen Reihen wird Kritik für das Vorgehen des BWL laut. «Es mangelt an Masken, an Medikamenten und nun auch an Desinfektionsmitteln. Das zeigt, dass die Prioritäten des Bundes in der Sicherheitspolitik falsch sind», sagt etwa Pierre-Alain Fridez, Arzt und SP-Nationalrat zur Zeitung.
Doch auch der Konsument trägt Mitschuld an der Knappheit und geht verschwenderisch mit Desinfektionsmittel um. Das übermässige Benutzen führte laut Hautärzten bereits zu einer Zunahme von Handekzemen. Am Berner Inselspital wird nun eine Kampagne lanciert, die für die Verbesserung der Hautpflege sensibilisiert.