Neue StudieFür 5G braucht es laut Experten 26'000 Antennen
Bereits fast 700 Antennen verbreiten 5G-Signale. Eine Expertengruppe des Bundes hat ausgerechnet: Das reicht bei weitem nicht.
Die neueste Mobilfunk-Generation 5G wird schnell ausgebaut: Von 677 Sendeanlagen aus wird bereits ein 5G-Signal verbreitet. In den letzten sieben Monaten wurden über 300 Antennen aufgerüstet. Doch die neue Technologie weckt Bedenken: So gaben in einer Umfrage von 20 Minuten 54 Prozent der Befragten an, sie seien gegen einen flächendeckenden Ausbau. Fast jeder zweite Befragte glaubt, 5G schade der Gesundheit (20 Minuten berichtete).
Eine Expertengruppe des Bundes hat nun die Auswirkungen von 5G erforscht und Optionen erarbeitet, wie das Netz gebaut werden könnte. Würden die heutigen Strahlen-Grenzwerte nicht erhöht, müssten demnach rund 26'000 zusätzliche Antennenstandorte neu gebaut und 5'000 bestehende Anlagen nachgerüstet werden. Zurzeit gibt es in der Schweiz 12'300 Mobilfunkanlagen.
Neue Antennen oder höhere Grenzwerte
Das würde laut Berechnungen der Branche Kosten von rund 7,9 Milliarden Franken für die Investitionen und 2,1 Milliarden Franken für den Betrieb über fünf Jahre verursachen, heisst es im Bericht. Mit diesem Szenario wäre eine «qualitativ gute 5G-Versorgung erst in 20 bis 30 Jahren möglich».
Würden die Grenzwerte hingegen erhöht und die Antennen dürften mit höherer Leistung senden, so wäre ein leistungsfähiges 5G-Netz innert weniger Jahre möglich. In diesem Szenario würden bis zu 7'500 neue Anlagen benötigt. Die Exposition der Endgeräte, also die Strahlung, die bei den einzelnen Handys ankommt, würde dabei etwa gleich bleiben.
Gesundheitliche Schäden?
Die Expertengruppe präsentiert auch Optionen, die eine Verdichtung des Netzes durch sogenannte Kleinzellen mit geringer Strahlung etwa in den Städten und die gemeinsame Nutzung von Antennen durch mehrere Betreiber vorsehen. Auf einen einzigen Vorschlag konnten sich die Experten aber nicht einigen.
ComCom will höhere Grenzwerte
Für eine Erhöhung der Grenzwerte plädieren nicht nur die Telekom-Firmen und ihr Branchenverband Asut. Auch die Eidgenössische Kommunikationskommission ComCom schlägt vor, dass Antennen stärker senden sollen dürfen.
Heute beträgt der Grenzwert für Antennen je nach Frequenz 4 bis 6 Volt pro Meter. Geht es nach der ComCom, soll der Wert auf 11,5 V/M steigen. Zudem soll dieser Wert nicht mehr für die gesamte Anlage, sondern für einzelne Betreiber gelten. Wird eine Antenne also von mehreren Telekom-Firmen genutzt, soll jedes Unternehmen mit dieser höheren Feldstärke senden dürfen.
Die Experten der Arbeitsgruppe untersuchten auch mögliche gesundheitliche Folgen von 5G. Auswirkungen liessen sich «nie mit absoluter Sicherheit ausschliessen», schreiben sie. Die Experten stellen fest:
• Krebs: Ergebnisse von Studien, die den Zusammenhang zwischen der Nutzung von Handys und Tumorentwicklung untersuchen, seien bis heute uneinheitlich. Mehrheitlich zeigten durchgeführte Untersuchungen in mehreren Krebsregistern keine Zunahmen der Erkrankungsraten.
• Physiologische Effekte: Eine Reihe von experimentellen Studien mit Versuchspersonen komme zum Ergebnis, dass ein Mobiltelefon am Kopf die Hirnströme sowohl im wachen Ruhezustand als auch im Schlaf beeinflusse. Die Schlafqualität werde aber nicht beeinträchtigt, die Bedeutung des Effekts für die Gesundheit sei unklar.
• Elektrosensibilität: In der ärztlichen Praxis gibt es laut den Experten zwar Fälle, bei denen Patienten Beschwerden plausibel auf hohe Strahlenbelastungen zurückführen. Wissenschaftliche Beweise dafür gebe es aber nicht, in korrekt durchgeführten Studien habe kein Nachweis einer solchen «elektromagnetischer Hypersensibilität» gefunden werden können.
«Gleiche Art von Strahlung»
Die Arbeitsgruppe schlägt einige Massnahmen vor (siehe Box). Zu ihr gehören insgesamt 27 Experten, darunter Vertreter des Bundesamtes für Umwelt, des Bundesamtes für Kommmunikation und der Konferenz der Vorsteher der Umweltschutzämter der Schweiz. Auch der Experte Martin Röösli vom Schweizerischen Tropeninstitut hat am Bericht mitgearbeitet.
Zu 20 Minuten sagte Röösli kürzlich, es sei ein Irrglaube, dass 5G etwas anderes sei als die bisherige Mobilfunkstrahlung. Es sei die gleiche Art von Strahlung, wie sie seit 30 Jahren genutzt werde – einfach effizienter. Auch Befürchtungen, 5G löse Krebs aus, seien unbegründet. «Wäre das so, hätten Hirntumore in den letzten Jahren zunehmen müssen. Das ist nicht der Fall», sagt Röösli.
Das schlagen die Experten vor:
- Vereinfachungen: Die Bewilligung und Kontrolle von Mobilfunkanlagen soll vereinfacht werden.
- Monitoring: Mögliche gesundheitliche Auswirkungen sollen erfasst werden.
- Information: Die Bevölkerung soll mit einer verständlichen Kommunikation über 5G informiert werden.
- Forschung: Die Forschung zu Mobilfunkstrahlung soll gefördert werden. So könnten Lücken des wissenschaftlichen Wissens geschlossen werden.
- Beratungsstelle: Es soll eine Beratungsstelle unter medizinischer Leitung gegründet werden.
- Plattform: Es soll eine Austauschplattform gegründet werden, in der etwa Behörden, Telekom-Firmen oder Nutzerverbände vertreten sind.