Vierfachmord von RupperswilDeshalb wird Thomas N. nicht lebenslang verwahrt
Der Vierfachmörder von Rupperswil entgeht einer lebenslangen Verwahrung. Trotzdem ist die Staatsanwältin zufrieden.
Das sagt Staatsanwältin Barbara Loppacher zum Urteil - und deshalb freut sie sich darüber. (Video: tem)
Thomas N. hat am 21. Dezember vor drei Jahren vier Menschen getötet. In Rupperswil AG zwang er Carla S. (48), Geld abzuheben, und verging sich nach ihrer Rückkehr an ihrem Sohn Davin (13), bevor er die beiden und den älteren Sohn Dion (19) und dessen Freundin Simona F. (21) tötete und das Haus in Brand steckte.
Das Bezirksgericht Lenzburg hatte ihn im März zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und zudem eine ordentliche Verwahrung ausgesprochen. Gegen letztere wehrte sich Thomas N.. Nun ist er vor dem Aargauer Obergericht abgeblitzt: Es hat am Donnerstag die Verwahrung bestätigt.
«N. hätte nichts beitragen können»
«Er hatte die Hoffnung auf ein anderes Urteil», sagte seine Verteidigerin Renate Senn nach dem Prozess. Thomas N. verfolgte den Prozess nicht vor Ort. «Es ging nicht mehr um die Tat, sondern um die Massnahmen», sagte Senn. «N. hätte nichts mehr beitragen können.»
Die lebenslange Freiheitsstrafe ist bereits rechtskräftig, weil sie von beiden Parteien akzeptiert wurde. Die Aargauer Richter mussten sich über die Frage beugen, ob Thomas N. verwahrt werden soll und ob sie eine ordentliche oder eine lebenslange Verwahrung sprechen sollten.
«Verwahrung war immer unser Ziel»
Thomas N. hatte gegen die vom Bezirksgericht verordnete ordentliche Verwahrung Berufung eingelegt. «Bei N. liegen klar schwere Störungen vor. Er ist therapiewillig, -fähig und -motiviert», sagte seine Verteidigerin Renate Senn. Diese Motivation sei nachhaltig. «Für die bei N. diagnostizierten Störungen bestehen Therapiemöglichkeiten.» Auch habe er die nötigen intellektuellen Ressourcen. Damit dürfe er nicht verwahrt werden.
Die Staatsanwältin Barbara Loppacher fordert hingegen mit der lebenslangen Verwahrung eine noch strengere Massnahme – aber nur, weil Thomas N. Berufung eingelegt hatte. «Wir wären mit dem Urteil des Bezirksgericht zufrieden gewesen», sagte sie. «Es war von Anfang an unser Ziel, eine Verwahrung zu erreichen.»
Keine Unterhapierbarkeit
Die Forderung auf lebenslange Verwahrung hatte wohl von Anfang an nur kleine Chancen. Im Gegensatz zur ordentlichen Verwahrung sieht diese keine Überprüfung des Therapieerfolgs vor – und damit auch keine Möglichkeit einer Entlassung. Dafür sind die Hürden höher: So müssen zwei unabhängige Gutachter eine Untherapierbarkeit diagnostizieren.
Das hatten die beiden Gutachter Josef Sachs und Elmar Habermeyer aber nicht gemacht. Vor dem Obergericht hielten sie daran fest, dass sie Thomas N. nicht als dauerhaft untherapierbar einstufen könnten. Die Staatsanwältin versuchte, die lebenslange Verwahrung mit einem anderen Argument zu erwirken: Sie sagte, die von den Gutachtern diagnostizierten psychischen Störungen hätten keinen Zusammenhang mit der Tat. Es sei ihm vielmehr gelungen, die Psychiater zu täuschen. «Es liegt keine schwere psychische Störung vor, die mit den Tötungsdelikten in Zusammenhang steht», sagte sie. Insofern sei Thomas N. auch gar nicht therapierbar. Das Bundesgericht habe bereits entschieden, dass unter diesen Umständen auch psychisch gesunde Menschen lebenslang verwahrt werden könnten.
«Erste Weihnachten ohne den Fall»
Dieser Argumentation folgte das Obergericht ebenso wenig wie die Vorinstanz. «Die lebenslängliche Verwahrung kann nur angeordnet werden, wenn der Täter von den Gutachtern als nicht therapierbar eingestuft wird und nicht», stellte Oberrichter Jann Six klar (SVP). Die Voraussetzungen für die ordentliche Verwahrung seien hingegen gegeben, auch weil die Rückfallgefahr hoch sei.
Nach Verbüssen seiner lebenslangen Freiheitsstrafe wird N. damit verwahrt. Frühestens fünf Jahre danach kann er eine Überprüfung seines Therapieerfolgs fordern. Wird er weiterhin als nicht therapiert eingestuft, bleibt er hinter Gittern.
Das Urteil kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. Ob das geschieht, ist noch unklar. Für die Staatsanwältin und die Verteidigerin geht vorerst eine belastende Zeit vorüber. «Vor drei Jahren hat dieser Fall begonnen», sagte Staatsanwältin Loppacher.«Das werden die ersten Weihnachten, an denen ich den Fall nicht im Hinterkopf habe. Ich bin sehr froh.»
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