BestrafungsbefehlRekrut schlägt Kamerad mit Ast bewusstlos
Nach dem Vorfall in Emmen LU kommt ein weiterer Fall von körperlicher Züchtigung bei der Armee ans Licht. Auf Befehl schlug ein Rekrut mit einem Ast zu.
«Wir akzeptieren keine körperliche Züchtigung», twitterte die Armee am Mittwoch. Rekruten hatten in Emmen auf Anordnung einen Tessiner Kameraden mit Steinen und Nüssen beworfen. Nun deckt 20 Minuten einen ähnlichen Fall auf, der sich im vergangenen Sommer in der Grenadier-RS in Isone TI ereignet hatte.
«Mein Zugführer befahl mir, einen Rekruten im Wald mit einem etwa 30 Kilogramm schweren Ast auf den Helm zu schlagen», sagt L. M.* «Gib ihm eis uf e Grind!», habe der Vorgesetzte gemeint. Das Opfer, T. Z.*, fiel auf die Knie und wurde kurz ohnmächtig. Nach Angaben von M. verlangte der Zugführer explizit einen grösseren Ast für die Tat.
Eine Strafaktion
Die Wucht des Schlages habe er dann völlig unterschätzt, sagt M.: «Ich wollte das eigentlich nicht tun. Ich wollte mich meinem Vorgesetzten aber auch nicht widersetzen. Er war zwar streng, aber ganz in Ordnung.»
Der Schlag sollte eine Bestrafung für seinen Kollegen darstellen. «Wir mussten eine Übung mit Handgranaten machen. Bei der Kontrolle der Munition am Ende der Übung bemerkte unser Zugführer, dass eine Handgranate fehlt – obwohl mein Kollege Z.* die Aufgabe hatte, die nicht detonierten Granaten bei den Rekruten einzusammeln und ihm zu melden», sagt M. Die fehlende Granate hatte M. noch in der Tasche, da seine nicht eingesammelt wurde. Z. hat seinen Zugführer damit falsch informiert und sollte bestraft werden.
Rekrut zahlt 200, Zugführer 300 Franken
Auf Anfrage von 20 Minuten bestätigt die Armee den Vorfall in Isone. Armeesprecher Daniel Reist sagt, der Zugführer habe die Vorkommnisse der vorgesetzten Stelle selbst gemeldet. Darauf habe der Kommandant eine Disziplinaruntersuchung angeordnet, aber beschlossen, den Fall kompanieintern zu lösen. Rekrut und Zugführer wurden mit einer Disziplinarbusse bestraft. Der Rekrut musste 200 Franken bezahlen, der Zugführer 100 Franken mehr.
Laut Unterlagen der Vernehmungen hat der Rekrut «ohne gross zu überlegen, einen Ast aufgenommen und ihn mit übertriebener Kraft auf den Helm des betroffenen Rekruten geschlagen», so Reist. Die Einvernahme habe ergeben, dass von keiner Seite eine «boshafte Absicht» dahintergesteckt habe. Der geschlagene Rekrut habe unmittelbar danach einen Arzt aufsuchen können und sei unverletzt gewesen.
Es sei eher eine «Serie von Missverständnissen», die sich ereignet hätten, so Reist. Die Aufforderung des Zugführers, einen extraschweren Stock für den Schlag zu nehmen, sei in den Unterlagen zum Fall nicht zu finden.
Die Armeejustiz wurde nicht eingeschaltet
Die Armee halte an ihren Werten fest: «Diese Art von Handlungen ist aus Sicht des zuständigen Kommandanten in keinem Fall eine übliche Bestrafungsmethode und wird in der Schule auch nicht geduldet», sagt Reist. Der Fall sei in einer Kompanieaussprache ausführlich besprochen worden, sagt Reist. Er sei damit nie an die Militärjustiz gelangt.
Laut Frank Zellweger, Mediensprecher der Militärjustiz, liegen Disziplinarstrafen grundsätzlich in der Kompetenz der Truppenführung. «Die Militärjustiz wird erst tätig, wenn ein Untersuchungsbefehl vorliegt», sagt Zellweger. Dieser müsste die Kompanie einleiten.
«Von dem besagten Fall hören wir das erste Mal. Aus diesem Grund können wir die Sachlage nicht kommentieren. Sollte noch ein Untersuchungsbefehl ergehen, würden wir den Fall untersuchen.»