Rassistische Kostüme«Alles was verletzend ist, geht zu weit»
In Frauenfeld ist eine Debatte um rassistische Kostüme an der Bechtelisnacht entbrannt. Fasnächtler und Rassismus-Experten sagen, was für sie zu weit geht.
Eine 26-jährige Frau aus Frauenfeld machte auf Facebook ihrem Ärger zur Bechtelisnacht Luft. Sie war am Montagabend mit Freunden unterwegs. Was sie an der Veranstaltung störte, waren die gewählten Kostüme einiger Besucher. Diese waren ihrer Meinung nach teils rassistisch. Besonders schlimm fand sie, dass sich weisse Leute das Gesicht schwarz anmalten. Man spricht vom sogenannten Blackfacing. Dabei werden Stereotypen von anderen Ethnien zur eigenen Belustigung genutzt.
Jeden Fall einzeln betrachten
Dominic Pugatsch, Geschäftsführer der GRA Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, sagt dazu: «Im Rahmen einer Fasnacht oder eines Anlasses wie der Bechtelisnacht kann ein Kostüm durchaus rassistisch wirken.» Wichtig sei für ihn, dass man jeden Fall einzeln betrachte. Pauschalisierungen seien schwierig.
Für ihn hänge vieles mit Stereotypen zusammen. «Es geht um Herabwürdigungen von anderen Ethnien sowie Kulturen und das Überzeichnen von Stereotypen», so Pugatsch. Was für ihn klar ist: «Wenn ein Kostüm herabwürdigend ist, dann ist es auch rassistisch.» Beachten müsse man aber auch, dass gewisse Gegenstände mit Ländern in Verbindung gebracht werden und nichts mit Rassismus zu tun hätten, meint der Experte. «Mit Mexico verbinden wir zum Beispiel Sombreros und mit der Schweiz Sennenhüte. Wenn jetzt an einem Fest jemand einen Sombrero trägt, gibt es da grundsätzlich nichts zu beanstanden.»
An einer Fasnacht das Gesicht schwarz anzumalen reproduziere jedoch unnötigerweise rassistische Fantasien, so Pugatsch. «Es ist wichtig sich bewusst zu machen, woher diese Tradition kommt. Nämlich aus einer Zeit des Kolonialismus, in der rassistische Stereotype entwickelt worden sind.»
Null Tolerenz bei Rassismus
In genau einem Monat sind in Frauenfeld wieder viele Kostümierte anzutreffen. Am 20. Februar beginnt die Fasnacht. An der Fasnacht sei Rassismus bisher nicht gross Thema gewesen, sagt Hans Brunner, der Sprecher der Murganesen Frauenfeld. Geduldet werde Rassismus nicht. «Bei einem Vorfall würden wir sofort das Gespräch suchen mit dem Betroffenen. Nicht akzeptieren können wir, wenn sich ein Kostüm gegen Personengruppen in Minderheiten richtet.»
Ähnlich klingt es auch bei Bruno Bischof, dem Präsidenten der St. Galler Fasnachtsgesellschaft. Er sagt zum Thema Rassismus: «Es gilt ganz klar Null-Toleranz. Alles was verletzend oder provozierend ist, geht zu weit.» Man dürfe aber auch nicht übertreiben, meint Bischof weiter. Ein Kostüm eines anderen Landes zu tragen, sollte für niemanden verletzend sein.
Das ist die Bechtelisnacht:
Der Brauch geht bis ins Mittelalter zurück. Kurz nach der Stadtgründung Frauenfelds, Mitte des 13. Jahrhunderts, trafen sich die Adligen und vornehmen Bürger regelmässig zur geselligen Unterhaltung in einer eigenen Trinkstube. Später stiessen auch die Handwerker dazu. Die Tradition wurde ab 1811 mit einer Mahlzeit fortgesetzt und lebt bis heute. Das Mahl beginnt für eine auserlessene Gruppe jeweils um 18 Uhr im Rathaus und läuft nach festen Regeln ab. Dann feiern alle zusammen auf den Gassen oder in den Lokalen. Die meisten Restaurants bleiben in Frauenfeld in der Nacht offen.