Federer in Rapperswil-Jona«Für Superreiche darf es keine Ausnahme geben»
Roger Federer soll auf seiner Parzelle in Rapperswil-Jona SG den Seezugang ermöglichen. Das fordert ein Verein. Die Behörden unterstützen die Forderung nicht.
Der Verein Rives Publique legt sich mit Roger Federer an: In einem Brief an den Stadtpräsidenten fordert die Organisation einen durchgehenden Uferweg vor dem neuen Grundstück des Tennis-Stars in Rapperswil-Jona. Der Verein kämpft seit über 15 Jahren für den freien Zugang der Bevölkerung zu den Ufern der Seen. Er will in mehreren Kantonen entsprechende Volksinitiativen lancieren, zunächst in Genf. Vereinspräsident Victor von Wartburg glaubt, dass Behörden Reiche wie die Familie Federer bevorzugt behandeln. Er findet aber: «Für Superreiche darf es keine Ausnahme geben. Seeufer müssten gleich zugänglich sein wie Wälder.»
Offene Türen rennt Rives Publique mit der Forderung bei der Juso ein. Unter dem Motto «Reclaim the Lake» kämpft die Jungpartei seit Jahren dafür, dass Privatstrände verschwinden. So demonstrierte die Partei unlängst im Tessin. «Das Gesetz wurde in der Vergangenheit lasch ausgelegt. Der Boden an Seeufern gehört aber allen. Deshalb darf man auch bei Roger Federer keine Ausnahme machen», sagt Präsidentin Tamara Funiciello. Federer könne bauliche Massnahmen vornehmen, damit seine Privatsphäre gewahrt bleibe. Sie rate ihm, «eine Hecke zu pflanzen, die einheimischen Vogel- und Schmetterlingsarten zugutekommen».
Stadtpräsident hält zu Federer
Die Stadt Rapperswil-Jona lässt die Forderung des Vereins indes kalt. Sie sieht weder politisch noch rechtlich Handlungsbedarf. Stadtpräsident Martin Stöckling sagt: «Ein See-Zugang bestand auf dem Grundstück bis jetzt nicht und war zu keiner Zeit Thema bei den Gesprächen zu den Plänen auf dem Federer-Grundstück.» Die Baubewilligung für das 16'000 Quadratmeter grosse Grundstück samt Tennisplatz und mehreren Gebäudekomplexen ist bereits bewilligt.
Einen durchgehenden Uferweg entlang der Schlossburg, wie das die Seeschützer am liebsten hätten, hält Stöckling für kaum realisierbar. «Das durchzusetzen, wäre schwierig und langwierig. In meinen Augen macht es auch keinen Sinn», so der Stadtpräsident. Bisher seien von den 14 Kilometern Uferwegen bereits rund zehn Kilometer mehr oder weniger begehbar. Der Wunsch der Rapperswiler Bevölkerung, den See vielerorts nutzen zu können, werde so berücksichtigt.
Kanton hält sich bedeckt
Auch der Rapperswiler FDP-Nationalrat Marcel Dobler sagt, ein ein grosser Vorzug des Grundstücks von Federer sei gerade der direkte Seeanstoss. «Würde man einen Weg bauen, wäre eine Zwangsenteignung nötig.» Zu den geplanten Volksinitiativen für Uferwege sagt der Digitec-Mitgründer: «Forderungen zu stellen, ist legitim. Enteignungen von Landkäufern passen aber nicht zur Schweiz.» Der Kanton St. Gallen äussert sich vorerst nicht zur Forderung der Naturschützer.
Gesetzliche Grauzone
Rechtlich ist die ganze Sache nicht ganz klar geregelt. Im Eidgenössischen Raumplanungsgesetz steht, dass die Landschaft zu schonen sei; insbesondere sollen See- und Flussufer freigehalten und deren öffentlicher Zugang und Begehung erleichtert werden. Rives Publiques sieht darin eine Verpflichtung für alle Behörden, der Bevölkerung den freien und durchgehenden öffentlichen Uferzugang zu ermöglichen. Deswegen laufen auch in mehreren Kantonen in der gesamten Schweiz Vorbereitungen für Initiativen. Das Ziel ist es, Ufer Wäldern gleichzustellen. Somit müssten die Ufer, wie auf dem Grundstück von Roger Federer, frei zugänglich sein – ausser es sind Naturschutzgebiete.
Roger Federer selbst hat zu den Diskussionen auf seinem Grundstück in Rapperswil-Jona noch keine Stellung genommen. Eine Anfrage bei seinem Management blieb unbeantwortet.
Auf eine klare Position des Weltstars hofft auch Victor von Wartburg: «Wir hoffen, Federer versteht unser Anliegen und gewährt allen Zugang. Es wäre auch ein tolles Signal für andere Grundstückbesitzer an Schweizer Seen.» Federer habe die einmalige Chance, sich als Idol zu profilieren, indem er «mit einer Unterschrift auf dem Amt den freien Durchgang vor seinem Grundstück» garantiert.