«Auch Stress verzögert die Pupillenreaktion»

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Pupillen-Check«Auch Stress verzögert die Pupillenreaktion»

Der Fall des Fahrausweisentzugs von Nadine K. ist laut Strafrechtlern höchst problematisch. Auch Ärzte stellen das Vorgehen der Zürcher Polizei in Frage.

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Bei einer Polizeikontrolle der Kantonspolizei Zürich wurde K. kontrolliert. (Symbolbild: Keystone/Walter Bieri)

Bei einer Polizeikontrolle der Kantonspolizei Zürich wurde K. kontrolliert. (Symbolbild: Keystone/Walter Bieri)

«Das ist unzulässig und höchst problematisch», sagt der Basler Strafrechtsprofessor Peter Albrecht. Gemeint ist das Vorgehen der Kantonspolizei Zürich im Fall von Nadine K. Ihr wurde Anfang März der Fahrausweis bei einer Polizeikontrolle entzogen – nur weil ihre Pupillen laut dem Polizisten zu wenig schnell auf seine Taschenlampe reagierten. Die folgenden Blut- und Urinproben waren negativ. Ihren Fahrausweis erhielt die 22-Jährige dennoch erst fünf Wochen nach der Polizeikontrolle zurück.

Laut Albrecht war der Fahrausweisentzug bei einer so dünnen Beweislage völlig unverhältnismässig. «Es wäre etwas anderes gewesen, wenn die Beamten Drogen im Auto gefunden oder K. gelallt hätte», so Albrecht. Aber selbst dann sei noch nicht erwiesen, dass sie Drogen konsumiert habe. Da K. in den fünf Wochen ohne Fahrausweis Kosten entstanden sind, rät Albrecht zu prüfen, auf Schadenersatz zu klagen. Von der Staatsanwaltschaft Zürich hatte K. ein Schreiben erhalten, in dem es heisst, dass sie kein Anrecht darauf habe.

Vorgehen ist fragwürdig

Auch Augenärzte stellen den Pupillen-Check der Kantonspolizei Zürich in Frage. «Das Vorgehen der Zürcher Polizei scheint mir doch sehr fragwürdig. Wenn ein Pupillen-Test solch gravierende Konsequenzen nach sich ziehen kann, müsste er meines Erachtens von einer Fachperson unter standardisierten Bedingungen nachkontrolliert werden», sagt Lukas Pfenninger, Augenarzt in Appenzell, Herisau und St. Gallen. Zudem könne die Pupillenreaktion von Person zu Person variieren, sowohl was die Grösse als auch die Reaktionszeit betrifft. «Bei einer jungen, gesunden Person, die aus dem Nachtleben kommt, ist es völlig normal, dass die Pupillen in dunkler Umgebung geweitet sind», so Pfenninger.

Kein Kommentar von der Polizei

Für Martin Reichel, Arzt am Augenzentrum in Kreuzlingen, ist der Pupillen-Test grundsätzlich ein taugliches Mittel, um festzustellen, ob jemand Drogen konsumiert hat. Auch ein geschulter Laie könne einen solchen Test durchführen.

«Substanzen wie Cannabis, LSD oder Kokain verursachen erweiterte Pupillen und diese reagieren dann über mehrere Stunden verzögert auf Licht», so Reichel. Bei Opiaten wie Morphium oder Heroin verhalte es sich umgekehrt – da verenge sich die Pupille.

Allerdings gibt es laut Reichel auch andere mögliche Ursachen für eine verzögerte Pupillenreaktion. «Das können neurologische oder mechanische Störungen sein, aber auch Stress, der bei einer Polizeikontrolle natürlich herrschen kann.» Reichel ist der Ansicht, dass ein Pupillen-Test nur ein Indiz sein kann, um anschliessend einen Schnelltest durchzuführen – er dürfe jedoch nicht der einzige Grund sein, einen Führerausweis für mehrere Wochen zu entziehen.

Die Kantonspolizei Zürich will sich weiterhin nicht zum Fall von Nadine K. äussern. Und für eine Einschätzung, wie sich die neue Drogenkontroll-Praxis bewährt, sei es noch zu früh, so eine Polizeisprecherin.

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