Luzern«Körperkontakt nur unter Bekannten erlaubt»
Der Kanton Luzern stellte am Mittwoch einen Benimm-Flyer für Asylsuchende vor. Er enthält auch ein Anti-Grapsch-Piktogramm, das sexuelle Übergriffe wie in Köln verhindern soll.
Bewusst noch vor der Luzerner Fasnacht hat der Kanton Luzern ein Merkblatt mit Dos and Don'ts für Asylsuchende produziert. Piktogramme weisen die momentan 1800 im Kanton lebenden Asylsuchenden auf Rechte, Pflichten und Verbote in der Schweiz hin. Der Flyer wird nun an alle im Kanton lebenden Asylsuchenden verteilt. Gedruckt wurden vorerst rund 4000 Stück. Derzeit gibt es ihn nur in Deutsch, später soll er in weitere Sprachen übersetzt werden.
Auf dem neuen Flyer ist auch ein Symbol enthalten, das zeigt, dass sexuelle Übergriffe auf Frauen nicht geduldet werden. Dort heisst es: «Körperkontakt findet nur zwischen Personen statt, die sich kennen, und es müssen beide einverstanden sein. Sexuelle Gewalt ist verboten. Dazu gehören auch unerwünschte Berührungen.» Und weiter: «Auch sexuelle Handlungen von Erwachsenen mit Kindern unter 16 Jahren sind strafbar.»
«Frauen und Männer dürfen sich frei bewegen»
Der Titel des Merkblattes lautet «Grundregeln für das Zusammenleben.» Erwähnt wird unter anderem, dass Gesetze über religiösen Vorschriften stehen und dass die Gesetze für alle gelten, unabhängig von Geschlecht oder Religion. Weiter werden etwa die Rechte von Kindern thematisiert: Zum Beispiel müssen Eltern ihnen ermöglichen, dass sie mit Kameraden etwa in Sportvereinen Kontakt haben können.
Zum Thema Gleichberechtigung heisst es: «Frauen und Männer dürfen sich im öffentlichen Raum frei bewegen.» Wenn jemand allein bleiben wolle müsse das respektiert werden.
Andere Kantone ziehen nach
Mit diesem Flyer reagiert der Kanton auch auf die sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln und anderen deutschen Städten. «Das Thema bewegt auch die Bevölkerung im Kanton Luzern», sagt Silvia Bolliger, Leiterin Kommunikation beim Gesundheits- und Sozialdepartement. Zum Teil gingen laut Bolliger direkt bei Sozialdirektor Guido Graf Meldungen besorgter Luzerner Bürger ein, die ähnliche Vorkommnisse auch an der Luzerner Fasnacht befürchteten. Auch unter den Bewohnern des Zentrums waren die Vorfälle Thema.
Die Sorgen der Bevölkerung nehme man ernst beim Kanton: «Mit dem Merkblatt haben wir nun ein Mittel, das auch nachhaltig eingesetzt werden kann», so Bolliger. So kommt der Flyer auch nach der Fasnacht zum Einsatz. Bisher wurden die Asylsuchenden in Luzern mündlich auf die Gepflogenheiten und Gesetze in der Schweiz hingewiesen. Vor grossen kulturellen Ereignissen würden sie auch weiterhin über diese informiert. Auch eine aktive Teilnahme ist möglich: So soll etwa Betreuungspersonal des Zentrums mit interessierten Asylsuchenden die Fasnacht besuchen.
Als Vorbild diente dem Kanton Luzern ein Merkblatt aus Österreich. Andere Schweizer Kantone wollen den Benimm-Flyer für Flüchtlinge nun übernehmen: Laut Bolliger hat bereits eine Handvoll Kantone Interesse am Merkblatt angemeldet.