Tödliche Hanf-Razzia hat für Polizeichef Folgen

Aktualisiert

Fall Malters LUTödliche Hanf-Razzia hat für Polizeichef Folgen

In Malters hatte sich eine 65-jährige Frau in einer Wohnung verschanzt und sich erschossen. Dem Polizeichef wird nun fahrlässige Tötung vorgeworfen.

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Eine 65-Jährige verschanzte sich am 8. März 2016 in einer Wohnung in Malters LU.
Sondereinheiten der Polizei standen im Einsatz.
Die Frau drohte, auf jeden zu schiessen, der dem Haus zu nahe kommt.
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Eine 65-Jährige verschanzte sich am 8. März 2016 in einer Wohnung in Malters LU.

pz

Der Fall, der sich am 9. März in Malters ereignete, hat ein juristisches Nachspiel: Der Anwalt der Frau, die sich das Leben nahm, nachdem sie sich in ihrer Wohnung stundenlang verschanzt hatte, macht der Luzerner Polizei Vorwürfe. Der Anwalt habe den Einsatzleiter vor dem Zugriff auf eine psychische Krankheit seiner Mandantin hingewiesen, berichtete das SRF in einer Medienmitteilung und verweist darin auf einen entsprechenden Bericht, den die «Rundschau» am Mittwoch senden wird (20.55 Uhr, SRF 1).

Ausserkantonaler Staatsanwalt untersucht

Jetzt sei der Polizeikommandant im Visier der Justiz, heisst es in der Mitteilung weiter. Der Vorwurf laute auf fahrlässige Tötung und Amtsmissbrauch. Konkret werde ein ausserkantonaler Staatsanwalt eine Untersuchung durchführen, hiess es auf Anfrage von 20 Minuten bei der «Rundschau».

Luzerner Staatsanwaltschaft bestätigt Untersuchung

Die Luzerner Staatsanwaltschaft bestätigte am Dienstag, dass der «aussergewöhnliche Todesfall in Malters von einem ausserkantonalen Staatsanwalt untersucht wird». Der Anwalt des Sohnes der Verstorbenen habe bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs und fahrlässiger Tötung eingereicht. Diese richte sich gegen den Polizeikommandanten Adi Achermann, gegen Angehörige des Fachdienstes für Sondereinsätze sowie gegen unbekannt.

Der Anwalt der Frau wollte offenbar nicht, dass die Luzerner Staatsanwaltschaft gegen die Luzerner Polizei die Untersuchung führt; er stellte ein Ausstandsgesuch gegen die Luzerner Staatsanwaltschaft. Die Luzerner Oberstaatsanwaltschaft beantragte daraufhin beim Kantonsgericht, einen ausserkantonalen Staatsanwalt vom Kanton Aargau zu beauftragen. Das Kantonsgericht hat nun Christoph Rüedi, Staatsanwalt des Kantons Aargau, als ausserordentlicher Staatsanwalt ernannt.

Gegenüber dem Regionaljournal sagte Simon Kopp, Sprecher der Luzerner Staatsanwaltschaft, es gehe primär darum zu untersuchen, unter welchen Umständen die Frau ums Leben kam und ob Fehler gemacht wurden. Man gehe aber von einem Suizid aus.

Zusätzlich eine Administrativuntersuchung

Auch der Luzerner Regierungsrat Paul Winiker reagierte am Dienstag. Er liess verlauten, dass eine Administrativuntersuchung eröffnet worden sei. Dies sei in einem solchen Fall üblich, heisst es in der Mitteilung des Justiz-und Sicherheitsdepartements. Die Administrativuntersuchung soll unter anderem klären, «ob im Zusammenhang mit dem Einsatz in Malters die entsprechenden Dienstbefehle, Weisungen und Richtlinien korrekt eingehalten wurden». Dies werde allerdings erst gemacht, nachdem die Strafuntersuchung abgeschlossen ist.

Frau hatte Hanfplantage im Haus

Im Auftrag der Zürcher Staatsanwaltschaft hatte die Polizei am 8. März das Haus durchsuchen wollen. Ein Mann war zuvor verhaftet worden, weil er in grossem Stil mit Drogen handelte: «Er betrieb Hanfplantagen in mehreren Kantonen», sagt der Zürcher Staatsanwalt Daniel Eberle. Auch in Malters vermutete die Polizei eine Indoor-Anlage. Im Haus traf die Polizei die Mutter des Hanfzüchters an, die ihren Wohnsitz nicht in Malters hatte. Sie weigerte sich, die Polizisten ins Haus zu lassen, obwohl die Polizei mit ihr stundenlang Verhandlungen geführt hatte. Im Haus fand die Polizei die Frau dann tot im Badezimmer. Sie hatte sich offenbar in den Kopf geschossen. Auch eine Katze war tot. Die Polizisten haben keine Schüsse abgegeben.

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