Stadtpolizei-Medienchef«Polizisten müssen sich nicht alles gefallen lassen»
Immer öfter werden Stadtzürcher Polizisten attackiert und verletzt. Was sind die Ursachen, welches die Konsequenzen? Eine neue Arbeitsgruppe soll Antworten liefern.
Mit Steinen, Knallpetarden und Laserpointern haben Dutzende Vermummte am Samstagabend in der Zürcher City Polizisten angegriffen – drei Beamte erlitten Verletzungen am Gehör. Die Demo war explizit als Vergeltungsschlag gedacht für das «aggressive Verhalten» der Polizisten in den letzten Monaten. Ein Bekennerschreiben auf einer linksautonomen Website schloss mit den Worten «Ganz Zürich hasst die Polizei».
Dass eine Demo einzig zum Ziel hat, Polizisten zu verletzen, und sich die Demonstranten in einem Schreiben auch noch dazu bekennen, ist laut Stadtpolizei-Medienchef Marco Cortesi ein neues Phänomen, «das wir aber schon seit den Europaallee-Krawallen vom Dezember 2014 beobachten.» Die Polizei trete überhaupt nicht aggressiv auf, sondern reagiere verhältnismässig und sorge gemäss ihrem Auftrag für Ruhe, Ordnung und Sicherheit.
Gewiss läuft laut Cortesi nicht immer alles optimal: «Die Personenkontrollen bei der Gegendemo zum Marsch fürs Läbe im vergangenen Herbst beispielsweise waren eine Fehlbeurteilung einer Einzelperson, das haben wir jedoch schon mehrfach erwähnt.»
Bereits sechs Angriffe im neuen Jahr
Dennoch: Gewalt gegen Polizisten hat in den letzten Monaten deutlich zugenommen. 2015 gab es gemäss Cortesi insgesamt 17 Vorfälle, bei denen Polizisten von Gruppierungen angegriffen und verletzt wurden. 2016 sind es bereits deren sechs – und das Jahr ist noch jung. «Weil diese Häufung sowohl das Polizeikommando als auch das -departement beschäftigen, haben der Polizeivorsteher und der Kommandant eine neue Arbeitsgruppe ins Leben gerufen», so Cortesi.
Dieser sollen neben Polizisten auch Aussenstehende angehören. Zur genauen Zusammensetzung will sich Cortesi nicht näher äussern. Er sagt: «Die zentralen Fragen lauten, warum wird die Institution Stadtpolizei attackiert? Und welche Massnahmen können wir dagegen ergreifen?»
«Lebenslanger Gehörschaden»
Laut Cortesi ist die Situation für die Polizisten eine grosse Mehrbelastung. «Niemand wird gerne angespuckt, beschimpft oder mit Steinen beworfen – auch ein Polizist muss sich nicht alles gefallen lassen.» Zudem seien die Verletzungen oft gravierend. Ein Polizist, der vor vier Jahren am 1. Mai von einem Stein getroffen wurde, leide heute noch darunter. «Andere haben wegen Knallpetarden ein Leben lang einen Gehörschaden.»
Nur selten kann die Polizei mutmassliche Täter verhaften. «Sie agieren oft aus der Gruppe heraus», sagt Cortesi. Unklar ist auch, wer die Angreifer sind. Zum Teil ist von Ausgangsvolk die Rede, zum Teil sind es Linksautonome. «Vielleicht sind letztere aber auch in jedem Fall involviert – wir wissen es schlicht nicht.» Politisch verantwortlich für die Polizei ist mit Richard Wolff ausgerechnet ein Linksaussen-Politiker. Der AL-Politiker war für eine Stellungnahme ferienhalber nicht erreichbar.
Nicht kommentieren möchte Werner Karlen, Präsident des Stadtzürcher Polizeibeamtenverbandes, die jüngsten Angriffe gegen Polizisten: «Wir äussern uns bewusst nicht zu diesem Ereignis, sondern wollen in den nächsten Tagen intern besprechen und festlegen, wie wir mit diesem Phänomen grundsätzlich umgehen werden.» Denn die nächsten Angriffe gegen Polizisten kämen leider bestimmt. Karlen: «Generell verurteilen wir tätliche Angriffe gegen unsere Mitglieder.»