«Das ist pietätlos»Aktivisten empört, weil Tierärzte Säuli grillieren
Jedes Jahr organisieren Tiermedizinstudenten auf dem Zürcher Tierspital-Areal das Säulifest. Dabei wird ein Spanferkel verzehrt. Tierrechtsaktivisten sind empört.
Der Fachverein Veterinärmedizin der Universität Zürich organisiert im Mai auf dem Zürcher Tierspital-Areal das alljährliche Säulifest. Neben Fussball- und Volleyballspielen findet auch ein Säulirennen und ein anschliessendes Spanferkelessen statt. Und genau das empört die Autonomen Tierrechtsaktivisten Zürich (ATAZ).
«Ich finde den Brauch sehr respektvoll»
Denn wenn es nach den ATAZ-Mitgliedern geht, sollen Tierärzte kein Fleisch essen dürfen. «Für uns ist es völlig unverständlich, dass ausgerechnet Studierende, die lernen Tiere zu heilen, Fleisch nicht nur essen, sondern dieses Essen als Spanferkel auch noch in besonderer Art zelebrieren.» Das sei pietätlos, so ein Mitglied.
Ida Bähler, Tiermedizinstudentin und Mitglied beim Fachverein Veterinärmedizin der Universität Zürich, bestätigt, dass am Säulifest Spanferkel verspeist werden. Warum das pietätlos sein soll, versteht sie hingegen nicht: «Ich persönlich esse kein Fleisch, finde aber den Brauch des Spanferkels sehr respektvoll.» Immerhin werde beim Verzehr eines Spanferkels bewusst das ganze Tier verwertet und nicht nur das schönste Muskelfleisch, so Bähler.
«Der Tod ist ein täglicher Begleiter»
Ebenso werde einem durch den Anblick des noch erkennbaren Tieres bewusst, dass man ein anderes Lebewesen für den eigenen Genuss opfert: «Viele verknüpfen das Verzehren von säuberlich abgepacktem Fleisch nicht damit, dass beim Einkaufen vor ihnen im Kühlregal eine ganze Geschichte lagert, die mit dem ersten Atemzug der ach so süssen Tierbabys beginnt und irgendwo hinter den hohen Wänden eines Schlachthauses mit dem letzten Herzschlag endet.»
Wie Bähler sagt, ist der Tod in ihrem Beruf nun mal ein täglicher Begleiter: «Als Tierarzt lernt man zu töten – zu töten, was man liebt. Dies ist nur möglich, wenn der Tod nicht als grausam betrachtet wird.»
Auch Patrick Kircher, Direktor des Tierspitals Zürich, findet es durchaus legitim, wenn Tierärzte Fleisch essen: «Dass das Thema eine Kontroverse auslöst, verstehe ich.» Es sei aber im Leben nun mal so, dass Nutztiere verzehrt werden: «Wenn das Fleisch auch noch aus tiergerechter Haltung kommt, sehe ich darin kein Problem.»
Kein Widerspruch für den Zürcher Tierschutz
Dem Zürcher Tierschutz ist eine tiergerechte Haltung ebenfalls extrem wichtig: «Es spielt keine Rolle, in welcher Form das Fleisch auf den Tisch kommt. Doch die Tiere müssen gemäss ihren Bedürfnissen gehalten, mit Respekt behandelt und schonend getötet werden», sagt Co-Geschäftsleiterin Nadja Brodmann. «Alles andere wäre ethisch nicht vertretbar.»
Zudem sieht sie keinen Widerspruch darin, Tiere zu heilen und gleichzeitig zu essen: «Das Heilen ist aus Tierschutzsicht zwingend, um das weitere Leiden der Tiere zu verhindern.» Gerade bei Nutztieren sei es wichtig, dass sie gesund sind. «Sonst verliert das Fleisch von kranken Tieren seinen Nutzen und muss entsorgt werden.»