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Badi WolfensbergWie schwimmt es sich im «Zauberwasser»?

Humbug oder «Zauberwasser»? Eine Winterthurer Badi hat ein «Grander-System» installiert. 20 Minuten Online hat bei den Gästen nachgefragt, wie es sich so schwimmt.

M. Bangerter
A. Mustedanagic
von
M. Bangerter
A. Mustedanagic

(Video/Schnitt: Marion Bangerter; Interviews: Amir Mustedanagic)

Zugegeben, das Wasser schmeckt eigenartig – aber nicht so, wie es nach den vielen Schlagzeilen über das «belebte Wasser» im Schwimmbad Wolfensberg in Winterthur zu erwarten wäre. «Angenehmer», «weicher», «einfach frischer» und «belebender» sollte es sein, doch irgendwie schmeckt es abgestanden, fad und regelrecht langweilig im Vergleich zu den Erwartungen. Über Geschmack lässt sich aber bekanntlich streiten, genau so wie über die Anlage, die das «Schwümbi Wolfi» in Winterthur in die Medien hievte: das «Grander-System» (siehe Infokasten).

47 000 Franken bezahlte das Schwimmbad für den kleinen Metall-Kasten und erntete viel Kritik von der Stadt, die sich sogar überlegte, die Subventionen zu kürzen. Der Grund ist einfach: Die Wirkung des «Grander-Systems» ist wissenschaftlich nicht beweisbar und handfeste oder objektive Beweise für eine Wirkung gibt es nicht. Das Betreiber-Ehepaar ist überzeugt, seither weniger Reinigungsmittel für die Duschen und WCs zu benötigen. Die Gäste sollen vom Badewasser geradezu schwärmen. 20 Minuten Online wollte es genau wissen und hat sich im idyllischen Quartier-Bad umgehört.

Wer es weiss, merkt «etwas»

«Ich merke den Unterschied», sagt eine ältere Dame. Sie hat ihre Längen unterbrochen und gibt bereitwillig Auskunft über die Wasserqualität und das vieldiskutierte Grander-System. «Meine Augen brennen weniger, das Haar ist nicht mehr so strähnig – das Wasser ist einfach weicher und angenehmer», sagt sie und klingt, als ob sie den Prospekt oder die Medienberichte zitieren würde. Zuhause habe sie das System nicht, dafür aber ihre Freundin, und die sei begeistert.

In der Video-Umfrage lassen sich die Meinungen in drei Lager unterteilen: Befürworter des Systems, Gegner und Ahnungslose. Die Diskussion zwischen Gegnern und Befürwortern ist logisch: die einen merken «etwas», die anderen merken «gar nichts». Spannend ist deshalb die Meinung der ahnungslosen Gäste – sie sind unvoreingenommen. Viele von ihnen hat es im Quartier-Bad – welches hauptsächlich von Stammgästen frequentiert wird - nicht, ihr erstes Urteil ist aber dennoch deutlich: «nichts Spezielles» und «kein Unterschied zu anderem Badi-Wasser zu bemerken». Fragt man genauer nach, ob das Wasser «weicher», «angenehmer» oder das Gefühl beim Schwimmen ein anderes ist, folgt ein klares «Nein».

«Hauptsache nass, kühl und erfrischend»

Wasserforscher, Chemiker und Biologen sind sich einig: Der einzige Unterschied zwischen Grander-Wasser und anderem Leitungswasser ist der horrende Preis für die Anlage. Sie stellen sich auf den Standpunkt, dass der Effekt lediglich psychologischer Art sei. Sagt man den Leuten: Hier ist etwas speziell, schmeckten sie auch den Unterschied. Tut man es nicht, passiert gar nichts. Ein typischer Placebo-Effekt also. Tatsächlich ist es bisher niemandem gelungen, in einem Blindverkostungstext Grander-Wasser von normalem Wasser zu unterscheiden. Die Vertreiber des Systems weigern sich, an solchen Tests teilzunehmen. Sie stellen sich auf den Standpunkt: Die Wissenschaft müsse beweisen, dass es keine Wirkung gibt und nicht umgekehrt.

Wirkung oder nicht bleibt letztlich also eine Glaubensfrage. Was sicher ist: Weder die einen noch die anderen Badi-Gäste stören sich an der Kiste. «Mir ist egal», sagt ein Besucher stellvertretend, «ob die Kiste funktioniert oder nicht. Die Hauptsache ist: Das Wasser ist nass, kühl und eine herrliche Erfrischung.»

Das Grander-System

Der Erfinder des «Grander»-Filters ist der Tiroler Johann Grander. Nach der Theorie des inzwischen 80-Jährigen verliert Wasser seine ursprüngliche Kraft. Um die Urkraft zurückzugewinnen, hat der ehemalige Lastwagenfahrer ein Belebungsgerät «erfunden». Wobei es mehrere Versionen zum Ursprung der Idee gibt: Im österreichischen Fernsehen sagte der Tiroler, dass er die Anweisungen zur Entwicklung «von oben» bekommen habe. Jesus Christus sei ihm erschienen. Auf der Homepage des Unternehmens ist viel mehr von einer zufälligen Entdeckung, die Rede: «Das Meiste, das er [Johann Grander] entdeckte, basierte sicher auf Intuition und Naturbeobachtungen.»

Seine Erfindung ist jedenfalls so einfach wie umstritten: Das «Belebungsgerät» besteht aus zwei voneinander getrennten Kammern und wird an die Wasserleitung angeschlossen. Das Leitungswasser fliesst zwischen den beiden Kammern vorbei und nimmt aus einer verschlossenen, mit Granderwasser gefüllten Metallkammer «Informationen» auf. Was das bedeutet, welche Informationen das Wasser aufnimmt und wie das durch die Metallwand geschieht, ist Betriebsgeheimnis. Das ist es – das gesamte System Grander. Das Leitungswasser vermischt sich nicht mit dem Granderwasser. Es wird ihm physikalisch nichts beigemischt: keine Chemie, keine Fremdstoffe – nichts.

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