Fussballfans fürchten sich vor E-Sport

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Widerstand gegen GamerFussballfans fürchten sich vor E-Sport

Während des Super-League-Spiels YB gegen FCB protestierten Fans gegen E-Sport. Dessen Befürworter sehen die Vorurteile als Hauptproblem.

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Tennisbälle führen im Spitzenkampf YB gegen Basel zu einem Unterbruch. (Video: Tamedia/SRF)

Wachablösung, Machtdemonstration, Demütigung: YBs 7:1-Gala gegen Basel im Stade de Suisse bot haufenweise Stoff für Schlagzeilen. Die derart ungleiche Verteilung der acht Tore löste in der Fussball-Schweiz ein lautes Echo aus, doch im Match zwischen dem aktuellen und dem ehemaligen Meister stand auch noch etwas anderes im Vordergrund.

Anhänger beider Lager wechselten sich ab und schleuderten während der Partie zweimal Tennisbälle und selbst Game-Controller auf den Rasen, was Unterbrüche provozierte. Es sollte ein Protest gegen E-Sport sein, einen Geschäftszweig, den Traditionalisten verabscheuen, der für die Clubs aber einen Schritt in die Zukunft bedeutet.

In Basel protestieren sie schon länger

In Basel wehren sich Fans der Muttenzerkurve schon seit vergangenem Jahr, als der FCB die ersten Gamer verpflichtete. Neu war am Sonntag, dass sich Gruppierungen verschiedener Clubs zusammentaten, weil die Swiss Football League (SFL) im Frühjahr eine E-Sport-Liga lancieren will. Der Vorwurf: Es gehe nur um Profit, das digitale Segment habe nichts mit dem wahren Sport zu tun.

Einige wie YB-Fan Nando (19) befürchten auch, dass sich junge Fussballinteressierte künftig aus Bequemlichkeit für die Sofa-Variante entscheiden könnten. «Das ist doch nicht das Gleiche, wie wenn man mit Kollegen rausgeht und richtig tschuttet», sagt er.

Disziplinierte, fitte Gamer

Die E-Sport-Befürworter sehen sich seit jeher mit dem Stereotyp das nerdigen Gamers, der kaum soziale Kontakte pflegt und im Keller stundenlang vor der Konsole sitzt, konfrontiert. «Wichtig ist, den Kritikern aufzuzeigen, dass das längst nicht mehr der Realität entspricht», sagt Hakan Pazarcikli, Gründer und Geschäftsführer der Agentur Level05, die sich auf E-Sport-Events spezialisiert hat, Vereinen beim Aufbau ihrer E-Sport-Sektion hilft und in engem Kontakt mit der SFL steht. «Die E-Sportler, die wir betreuen, folgen einem Fitness- und Ernährungsplan, die meisten spielen selber Fussball. Die Leidenschaft dafür kommt nicht von ungefähr.»

Auch wenn sich nur ein Teil der Anhänger am Engagement der Clubs stört, nimmt Pazarcikli die kritischen Stimmen ernst. Eines versteht er aber nicht: «E-Sport eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Jeder sollte doch wollen, dass sein Herzensclub vorwärtskommt.»

Beim FCB registriert man die Proteste, der stellvertretende Medienchef Andrea Ruberti sagt aber auch: «E-Sport bewegt riesige Massen. Wir wollen in diesem Feld langfristig erfolgreich sein. Für uns ist es eine Chance, bei einer sonst nicht oder nur schwer erreichbaren Gruppe stattzufinden.» Am Ende ist E-Sport für die Clubs ein modernes Marketinginstrument. Die Absicht ist klar: dereinst neue junge Leute ins Stadion zu locken.

«Bin dagegen, dass mehr Leute ins Stadion kommen»

Nando (19), du bist YB-Fan, warst am Sonntag im Stade de Suisse und hast den Protest unterstützt. Was stört dich am E-Sport?

Wenn die Entwicklung so weitergeht, sehe ich Gefahren. Nehmen wir ein Beispiel: Ein kleiner Bub beginnt mit Fussball, entdeckt dann E-Sport und begeistert sich dafür. Dann sitzt er nur noch vor der Konsole, statt sich zu bewegen. Das wollen wir bekämpfen. Das hat nichts mehr mit dem wahren Sport zu tun.

Befürchtest du auch, dass Geld in die E-Sport-Sektion statt in die erste Mannschaft fliessen könnte?

Nein. Problematischer finde ich, wenn die Liga von den Clubs fordern sollte, ein E-Sport-Team zu stellen. Wo soll das noch hinführen?

Die Clubs wollen mit E-Sport neue Kunden ansprechen. Wäre es nicht im Sinne von Fans wie dir, wenn dadurch mehr Leute ins Stadion kämen?

Man sollte nicht wegen eines Videospiels Fan werden von einem Verein. Ich bin sowieso dagegen, dass immer mehr Leute kommen. Schon jetzt, wo YB so erfolgreich ist, sind es mehr als noch vor drei, vier Jahren. Modefans finde ich nicht cool.

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