Aufgabe wegen hohem PulsDiese Szene geht ans Herz
Félix Auger-Aliassime schreibt am US Open Tennisgeschichte, muss im Auftaktspiel gegen Denis Shapovalov aber aufgeben. Der Landsmann zeigt Grösse.
Denis Shapovalov tröstet seinen Freund Félix Auger-Aliassime. (Video: Tamedia/US Open)
Auf diesen Match hatten sich nicht nur die Tennisfans aus Nordamerika gefreut. Auf der einen Seite des Netzes Denis Shapovalov (ATP 28), 19-jährig, jüngster Spieler in den Top 100, Kanadier, grosse Zukunft. Auf der anderen Félix Auger-Aliassime (ATP 117), 18-jährig, jüngster Spieler in den Top 200, ebenfalls Kanadier, ebenfalls grosse Zukunft.
Die beiden verbindet nicht nur ihre Herkunft und das überbordende Talent, das sie mit auf den Weg bekommen haben. Sie sind auch gut befreundet, gewannen 2015 in Madrid den Davis-Cup für Junioren. Nun siegte sich Auger-Aliassime am US Open als erster Spieler mit Jahrgang 2000 ins Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers, doch die Auslosung wollte es, dass er dort auf Shapovalov traf.
Herzrasen und Weinkrämpfe
Die beiden verzückten das Publikum während mehr als zwei Sätzen, den ersten gewann Shapovalov, der Linkshänder mit der eingesprungenen einhändigen Rückhand, 7:5, den zweiten Auger-Aliassime, der Rechtshänder mit der beidhändigen Rückhand, mit demselben Resultat. Zu Beginn des dritten Satzes kamen die Probleme. Auger-Aliassimes Pulsschlag erhöhte sich bei feucht-heissen Bedingungen drastisch. Er legte sich auf den Court und liess sich behandeln.
Shapovalov redete ihm gut zu, ermutigte ihn, sagte: «Versuch einfach dein Bestes, mach weiter.» Auger-Aliassime machte weiter, musste dann aber doch kapitulieren, weil das Herzrasen nicht nachliess. Er fühle sich schwach, könne sich kaum mehr bewegen, sagte er. Die Gewissheit, dass sein erster Auftritt auf der grössten Bühne so brutal endete, liess ihn emotional zusammenbrechen. Von Weinkämpfen geschüttelt und unter dem besorgten Blick seiner Eltern gab Auger-Aliassime auf.
Der sichtlich gerührte Shapovalov zeigte Grösse, nahm seinen Kumpel in den Arm, spendete ihm Trost und lobte ihn: «Kopf hoch, du hast super gespielt.» Später erzählte er: «Dass der Match auf diese Weise endete, war schwer zu verkraften. Ich habe Félix am Netz gesagt, dass wir noch viele Partien bestreiten und hier eines Tages im Final stehen werden.»
Schon der zweite Vorfall dieser Art
Auger-Aliassime schilderte nach seinem Rückzug Folgendes: «Nach dem zweiten Satz hatte ich Herzrasen. Ich wollte weiterspielen, aber es war unmöglich, da mir auch schwindlig war. Wir kennen die Ursache noch nicht, werden das nun aber genau anschauen.»
Ärzte hatten beim Youngster, der übrigens wie Roger Federer am 8. August Geburtstag hat, vor einiger Zeit Tachykardien diagnostiziert, Herzrhythmusstörungen mit stark beschleunigtem Herzschlag. Schon im April 2016 hatte er an einem Challenger-Turnier in Guadeloupe deswegen aufgeben müssen. Guillaume Marx, einer seiner Coachs, sagte kürzlich in einem Interview: «Wir glauben, dass dieses Problem mit seinem Wachstum zu tun hat und mit der Zeit verschwinden wird. Natürlich versuchen wir, vorsichtig zu sein, wenn wir sehen, dass er müde ist, aber nicht mehr als das.» Denn Probleme seien in den letzten zwei Jahren nur sehr selten aufgetreten.