1 Euro kostet wohl bald wieder 1 Franken: Was heisst das für uns?

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10 Fragen, 10 Antworten1 Euro kostet wohl bald wieder 1 Franken: Was heisst das für uns?

Der Franken verliert gegenüber dem Euro an Wert. Während die SNB davon profitiert, werden deine Ferien teurer.

Der Franken hat dieses Jahr gegenüber dem Euro rund 6,5 Prozent an Wert verloren.
Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank, erklärt auf Anfrage, was das für Folgen hat.
Schwächelt der Franken, werden Ferien im Ausland für Schweizerinnen und Schweizer wieder teurer. Im Bild siehst du den Regenwald in Kolumbien.
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Der Franken hat dieses Jahr gegenüber dem Euro rund 6,5 Prozent an Wert verloren.

20min/Simon Glauser

Frankenschwäche: Darum gehts

  • Die Finanzmärkte wetten gerade gegen den Franken, so steigt der Abwertungsdruck auf die Währung.

  • Für die Schweizerische Nationalbank gibt es gute Gründe, die Frankenschwäche zuzulassen.

  • Auch die Tourismusbranche freut sich an der Frankenschwäche, weil Ferien in der Schweiz für ausländische Gäste so wieder günstiger werden.

Der Franken verliert an Wert: Im Januar kostete ein Euro noch weniger als 93 Rappen, jetzt fast einen Franken. Was hat das für Folgen? Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank, nimmt auf Anfrage Stellung.

Warum hat der Franken 2024 so stark an Wert verloren?

Laut Brivio gibt es vor allem drei Gründe. Erstens hat der Risiko-Appetit der Anlegerinnen und Anleger zugenommen, was die Flucht in sichere Anlagen wie den Franken mindert. Zweitens hat die SNB-Leitzinssenkung die Zinsdifferenz zur Eurozone zulasten des Franken verändert. Und drittens nehmen die Wetten spekulativer Anleger gegen den Franken zu.

Hast du gewusst, dass der Franken 2024 schwächelt?

Der Franken gilt in Krisen als sicherer Hafen. Warum wertet er sich nun trotz Kriegen und dem Tod des iranischen Präsidenten ab?

«Die Anleger haben sich an geopolitische Krisen gewöhnt», sagt Brivio, die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten seien schon länger im Gang, die Weltwirtschaft sei trotzdem nicht eingebrochen. Nun herrsche Zuversicht: Es komme alles wohl doch nicht so schlimm, und das Ungemach von den Finanzmärkten und der Realwirtschaft werde wohl irgendwie absorbiert.

Der iranische Präsident Raisi ist bei einem Helikopter-Absturz ums Leben gekommen. Der Kurs des Franken hat darauf kaum reagiert.

Der iranische Präsident Raisi ist bei einem Helikopter-Absturz ums Leben gekommen. Der Kurs des Franken hat darauf kaum reagiert.

IMAGO/ABACAPRESS

Händler wetten offenbar gerade gegen den Schweizer Franken. Warum?

«Sie wetten darauf, dass die SNB den Leitzins weiter senken wird», so Brivio. Die Märkte hätten für die nächsten zwölf Monate knapp zwei Zinssenkungen von je 25 Basispunkten eingepreist. So bliebe der Abwertungsdruck auf den Franken hoch. Brivio geht allerdings davon aus, dass die SNB nur noch eine Zinssenkung im Herbst machen wird.

Warum lässt die Schweizerische Nationalbank den Franken abwerten?

Weil die Inflation in der Schweiz gerade unter Kontrolle und im Zielband der SNB sei, so der Experte. Das erlaube einen schwächeren Franken und Rückenwind für die Exportwirtschaft. Zudem sei ein schwächerer Franken hinsichtlich der aufgeblähten SNB-Bilanz willkommen.

Die Inflation ist in der Schweiz gerade unter Kontrolle, so kann die SNB den schwächeren Franken zulassen.

Die Inflation ist in der Schweiz gerade unter Kontrolle, so kann die SNB den schwächeren Franken zulassen.

20min/Matthias Spicher

Verliert der Franken auch an Wert, weil es in der Euro-Zone wirtschaftlich wieder aufwärts geht?

Das spielt laut Brivio eine Rolle, auch wenn die eingesetzte Erholung in der Währungsunion noch zaghaft sei und auf wackeligen Füssen stehe.

Wie beeinflusst der hohe Goldpreis den Schweizer Franken?

«Gold und Franken sind entkoppelt», sagt der Experte. Es gebe andere Faktoren, die den Preis für Gold gerade beeinflussen, etwa die hohe Edelmetall-Nachfrage von Notenbanken und aus Schwellenländern.

Der hohe Goldpreis und die hohe Nachfrage nach dem Edelmetall aus China beeinflussen die Entwicklung des Frankenkurses kaum, wie Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank, auf Anfrage sagt.

Der hohe Goldpreis und die hohe Nachfrage nach dem Edelmetall aus China beeinflussen die Entwicklung des Frankenkurses kaum, wie Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank, auf Anfrage sagt.

IMAGO/NurPhoto

Einkaufen und Ferien im Euro-Raum werden mit der Frankenschwäche wieder teurer, schwächt sich der Einkaufstourismus jetzt wieder ab?

Brivio geht von einer Abschwächung aus, der Effekt sei aber überschaubar. Bald sei wieder Reisezeit, und das ausländische Preisniveau bleibe für viele Produkte auch attraktiv, wenn ein Euro wieder ein Franken koste.

Wer sind die grossen Gewinner der aktuellen Frankenschwäche?

«Ein schwächerer Franken unterstützt die Exportwirtschaft, da so die Preise auf dem Weltmarkt attraktiver werden», sagt Brivio. Auch die SNB profitiere, weil sie ihr Vermögen grösstenteils in Fremdwährungspapieren halte. Ihr Fremdwährungsgewinn machte im ersten Quartal rund 52 der 59 Milliarden Gewinn aus. Bund und Kantone sollten davon profitieren. Zudem freue sich die Tourismusbranche an der Frankenschwäche, weil Ferien in der Schweiz für ausländische Gäste so wieder günstiger werden.

Stadler Rail ist eines der Schweizer Unternehmen, das nun von der Frankenschwäche profitiert. Im Bild siehst du Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler.

Stadler Rail ist eines der Schweizer Unternehmen, das nun von der Frankenschwäche profitiert. Im Bild siehst du Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler.

Stadler Rail

Wann wird der Franken zu schwach, sodass die SNB eingreifen muss?

Das könne man nicht an einem fixen Wechselkurs festmachen. Klar sei, dass die SNB die Inflationsentwicklung im Auge behalten werde – vor allem in der Eurozone. Sollte es dort zu einem erneuten andauernden Inflationsschub kommen, werde sie den Inflationsimport wohl über den Wechselkurs unter Kontrolle halten.

Wie geht es bis Ende Jahr wohl weiter mit dem Schweizer Franken?

Kurzfristig seien Überschreitungen der EUR/CHF-Parität nicht auszuschliessen, sagt Brivio. Das Potenzial für eine weitere Abschwächung des Frankens sei aber begrenzt. Dies aus Zinsdifferenzüberlegungen und weil es – aller Zuversicht zum Trotz – bei der anhaltend unsicheren Weltlage wenig brauche, dass die Anlegerinnen und Anleger wieder vermehrt Zuflucht in sicheren Häfen suchen.

Die Migros Bank geht davon aus, dass der Franken langfristig weiter stark bleibt.

Die Migros Bank geht davon aus, dass der Franken langfristig weiter stark bleibt.

IMAGO/CHROMORANGE

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