12 Brände gelegt: Feuerteufel vom Wasseramt steht vor Gericht

Livetickeraktualisiert am Freitag, 20. September, 2024

SolothurnFeuerteufel muss 11 Jahre hinter Gitter

Der Ex-Feuerwehrmann, der im Kanton Solothurn zahlreiche Brände gelegt haben soll, steht am Montag vor Gericht. 20 Minuten informiert dich live über die Verhandlung.

Die Brandserie im Wasseramt hat viel Leid verursacht. 20 Minuten sprach mit den Betroffenen.

20Min
Im Bezirk Wasseramt wurden im Frühling 2022 verschiedene Lagerhallen, Ställe und Betriebe in Brand gesetzt.
Die Täterschaft legte über Wochen hinweg insgesamt zwölf Brände, bei denen erhebliche Sachschäden verursacht wurden.
Kurz darauf wurde ein Tatverdächtiger festgenommen. 2023 erhob die Solothurner Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen heute 35-jährigen Schweizer.
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Im Bezirk Wasseramt wurden im Frühling 2022 verschiedene Lagerhallen, Ställe und Betriebe in Brand gesetzt.

Kantonspolizei Solothurn

Darum gehts

  • Im Frühling 2022 wurden im Solothurner Wasseramt diverse Lagerhallen, Ställe und Betriebe in Brand gesetzt.

  • Die gesamte Schadenssumme ist riesig – laut Kapo Solothurn beträgt sie mehrere Millionen Franken.

  • Der Tatverdächtige, ein ehemaliger Feuerwehrmann, muss sich nun vor dem Bezirksgericht Bucheggberg-Wasseramt verantworten.

12 Brände soll der Feuerteufel gelegt haben

17. April, Kriegstetten: Ein Gebäude neben einem Rinderstall brennt ab.
Ein zweiter Brand, an einem Wohnhaus, wird rechtzeitig bemerkt.
2./3. April, Biberist: Zwei Autos brennen unabhängig voneinander aus.
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17. April, Kriegstetten: Ein Gebäude neben einem Rinderstall brennt ab.

Kantonspolizei Solothurn

Deine Meinung zählt

Freitag, 20.09.2024
10:13

Ende

Damit ist die Urteilsverkündung beendet. Wir bedanken uns fürs Mitlesen!

10:12

Das Strafmass

Nun rechnet das Gericht die Bestrafung für den Brandstifter vor. Je nach Sachschaden und Gefährdung von Personen variiert das Strafmass der verschiedenen Brände. Insgesamt Beträgt die Freiheitsstrafe elf Jahre und fünf Monate. Für den Hausfriedensbruch und die Tierquälerei könne der Schuldige auch eine Geldstrafe bezahlen.

Die bisherige Haft von 149 Tagen wird von der Haftstrafe abgerechnet. Ebenfalls die Ersatzmassnahmen, also die Alkoholabstinenz und die Fussfessel werden in Form von 131 Tagen angerechnet.

Die Zivilforderungen von rund 32'000 Franken wurde für gut geheissen.

09:50

In sechs Punkten schuldig gesprochen

Der Ex-Feuerwehrmann ist in folgenden Punkten schuldig gesprochen: Mehrfach versuchte qualifizierte Brandstiftung, mehrfache Brandstiftung, mehrfach versuchte Brandstiftung, Tierquälerei weil bei einem der Brände zehn Schafe starben und mehrfacher Hausfriedensbruch.

09:39

Unklares Motiv

Das Gericht habe über die Motivlage intensiv nachgedacht und sei zu keiner abschliessenden Antwort gekommen.

Die klassischen Motive, die üblicherweise zu einer Brandstiftung führen, wie finanzielle Probleme, Rache oder Wut fallen alle weg. Eher wahrscheinlich sei, dass der Mann für die Feuerwehr gelebt habe und das Gemeinschaftsgefühl beim Löschen eines Brandes gesucht habe. Auch das Gefühl zu haben, gebraucht zu werden, könnte den Schuldigen zur Brandstiftung verleitet haben. Auch der Wunsch nach Nähe zu seinem Arbeitskollegen könne nicht völlig ausgeschlossen werden.  Die Motivanalyse sei schwierig, wenn der Betroffene die Tat abstreitet. Das Gericht könne deshalb keine klare und verbindliche Antwort auf die Motivanalyse geben.

09:29

Erdrückende Beweislast

Eine Videoaufnahme zeigt den Brandstifter im letzten Fall der Brand-Serie in einer Schule. In dem Video ist zu sehen, wie er die Schule betritt und noch während er sich in dem Gebäude aufhielt, das Flackern eines Feuers sichtbar wird.

Bei der Konfrontation mit dem Video erklärte der Schuldige, dass er nur kurz die Türen kontrollieren wollte und dann noch auf die Toilette musste. Das Gericht sieht das aber als unwahrscheinlich an, da er zuvor in einer Bar mit einer Toilette war, oder auch bei sich zu Hause auf die Toilette hätte gehen können. Diese erdrückende Beweislast habe schliesslich zu der Verhaftung geführt.

09:21

Verräterische Google-Suche

Der Brandstifter schaute sich vor dem Brand einer Schreinerei die umliegende Gegend auf Google Maps genauer an. Er erklärte, dass er dies nur tat, weil er zuvor von einem Kollegen ein Bild der abgebrannten Schreinerei zugesendet bekommen habe. Doch Untersuchungen zeigten, dass er das Foto erst nach seiner Google Suche erhalten habe.

09:08

Pollen an der Jacke

Mit einer Klebeband-Methode wurden beim Brandort und auch an der Jacke des ehemaligen Feuerwehrmannes Pollen feststellen. Dass die Pollen ganz vorne an den Ärmeln klebten, beweise, dass der Schuldige nicht einfach in eine Pollenwolke geraten ist. Er sei in Berührung zu den in Brand gesetzten Holzpaletten gekommen, auf denen die Pollen ursprünglich waren.

Der Schuldige habe die Holzwolle in die Zwischenräume der Holzpalletten gesteckt und soll diese schliesslich angezündet haben.

09:03

Aussagen des Schuldigen stimmen nicht mit seinen Handy-Daten überein

Die RTI-Auswertungen zeigen, dass der Schuldige bei allen Bränden zu den fraglichen Zeiten in der Nähe gewesen sein muss. Die Aussage, dass der Schuldige jeweils zu Hause gewesen sei, weiche laut dem Gericht zu 100 Prozent von diesen Daten ab.

Dazu kommt, dass die Brände nach der Festnahme vom Schuldigen aufgehört haben. Eine Dritttäterschaft sei ausgeschlossen.

08:47

RTI-Daten belegen Standort des Schuldigen

Das Gericht geht näher auf die RTI-Daten des Handys von dem Schuldigen ein. Beim ersten der Brände wählte sich das Handy in eine Antenne in der Nähe des Brandherdes ein. Die Verteidigung erklärte während der Verhandlung, dass der ehemalige Feuerwehrmann sich zum Zeitpunkt des Brandes zu Hause im Bett befunden habe. Doch da hätte das Handy bei der Antenne nahe seines Wohnortes eingewählt sein müssen. Laut dem Gericht könne das Argument der Verteidigung also nicht möglich sein. Das belege die Brandstiftung noch nicht, doch beweise, dass sich der Schuldige in der Nähe des Brandherdes aufgehalten hat.

Bei den anderen Bränden beweisen die RTI-Daten Ähnliches. Sein Handy wählte sich bei den Bränden in die Antennen in der Nähe ein.

08:30

Begründung des Urteils

Das Amtsgericht hat sich auf fünf konkrete Beweismittel fokussiert. Die Handydaten, die zeigen wo sich der Schuldige zum Zeitpunkt der Brände befand, die Pollenreste, die beim Schuldigen gefunden wurden, die vorhandenen DNA-Spuren und die Video-Aufnahmen die den Schuldigen an den Tatorten zeigen.

08:23

11 Jahre Freiheitsstrafe

Der Ex-Feuerwehrmann wird wegen mehrfacher Brandstiftung zu 11 Jahren Haft verurteilt.

08:04

Urteilsverkündung

Heute um 8:15 startet die Urteilsverkündung. Wir tickern wieder live aus dem Gerichtssaal.

Montag, 16.09.2024
18:37

«Ich weiss, ich habe die Brände nicht gelegt»

Der Beschuldigte hat das Recht zum letzten Wort: «Ich weiss, ich habe die Brände nicht gelegt», sagt der Ex-Feuerwehrmann.

Damit ist die Verhandlung geschlossen. Am Freitag um 8.15 Uhr soll das Urteil eröffnet werden.

Vielen Dank fürs Mitlesen.

18:31

Plädoyers zu Ende

Die Verteidigung kritisiert die Strafforderungen der Staatsanwaltschaft. Die geforderten 15 Jahre seien im Vergleich zu ausgesprochenen Strafen für Verbrechen gegen Menschen sehr hoch.

Damit ist ihr Plädoyer zu Ende.

18:16

Entschädigung bei Freispruch

Wird der Beschuldigte freigesprochen, muss ihm eine Genugtuung für die Untersuchungshaft ausgezahlt werden. 200 Franken pro Tag, nennt die Verteidigerin. Auch die Ersatzmassnahmen (die Alkoholtests und die Fussfessel) müssten entschädigt werden. Vor allem die unberechenbaren Alkoholtests hätten den Beschuldigten in seiner Freiheit eingeschränkt.

18:03

Viel Alkohol konsumiert

Auch die DNA-Spuren an den Brandorten könnten nicht eindeutig damit erklärt werden, dass er das Feuer gelegt haben muss. Sie hätten genauso gut bei den Löscharbeiten entstanden sein können.

Alle Argumente der Staatsanwaltschaft entkräftet die Verteidigerin mit der Argumentation, dass sie nicht eindeutig auf die Täterschaft hinweise. Sie kritisiert Ungenauigkeiten in der Anklageschrift und der Beweise. Das Schulhaus habe zum Beispiel weitere Eingänge, die jedoch nicht durch Kameras bewacht worden seien. Es sei nicht auszuschliessen, dass sich dort noch jemand anderes aufgehalten habe.

Ausserdem habe er am Tag des letzten Brands viel Alkohol konsumiert, weswegen er vergessen habe, das Schulhaus abzusperren. In der Zeit, in der er sich im Gebäude aufhielt, sei es ihm nicht möglich gewesen, ein Feuer zu legen.

Vier der Brände habe ihr Mandant folglich nicht legen können.

17:10

Fehler in der Anklageschrift und Verteidigung

An dem Abend des 15. April sollen zudem in der Region mehrere unbekannte Menschen und Autos, zum Beispiel ein weisser Tesla, gesichtet worden sein.

Bis jetzt hat sie nach jedem Brand einen Freispruch gefordert. Meistens könnte dem Beschuldigten zwar nicht objektiv die Unschuld, aber gleichzeitig auch nicht die Schuld bewiesen werden.

Laut der Verteidigerin sei es plausibel, dass die Fichtenpollen der Paletten bei der Arbeit auf die Jacke gelangt seien. Im forensischen Bericht werde ausserdem nicht von Fichten, sondern von Föhrenpollen gesprochen. Dieser Unterschied sei bedeutsam, da diese im Mai, zur Zeit der Brände, geblüht haben und somit auf die Paletten gekommen sind.

16:50

«Schlicht nicht möglich»

Dass der Beschuldigte diesen Brand gelegt habe, sei auch aufgrund von zeitlichen Ungereimtheiten nicht machbar: Eine Passantin sei an dem Feuer im Schafstall am 10. April vorbeigefahren und habe daraufhin gegen 02.44 Uhr die Feuerwehr gerufen. Da das Feuer bereits zu dieser Uhrzeit so gross gewesen ist, dass die Passantin es von weitem gesehen habe, könne es nicht möglich sein, dass das Feuer nur wenige Minuten vorher gelegt worden ist. Ausserdem habe sich der Beschuldigte zu dieser Zeit noch zusammen mit den Feuerwehrkollegen befunden.

Kurze Zeit später traf der Beschuldigte wieder am Tatort ein, um als Feuerwehrmann den Brand zu löschen. Dabei habe er als Einsatzkraft das Leiden der sterbenden Tiere hautnah miterlebt.

Auch stimme es nicht, dass das Feuer am 16. April mit Zündwolle entfacht worden sei. In der Anklageschrift sei zu Unrecht die Rede von Zündwolle. «Und es gibt keine Zeugen, also woher sollen wir wissen, dass das Feuer durch meinen Mandanten gelegt wurde?», sagt sie.

16:33

«Das kann gar nicht sein»

Bis jetzt sind die Argumente der Verteidigerin weniger auf Beweisen aufgebaut als die des Staatsanwalts. Als Feuerwehrmann sei der Beschuldigte so nah an den Feuern dran gewesen, dass es nicht möglich sei, dass er sie selbst gelegt habe.

Der Beschuldigte habe sich geständig gezeigt, was auch für seine Unschuld spreche. Und ausserdem gebe es keine Zeuginnen oder Zeugen, die den Beschuldigten beim Anzünden der Gebäude gesehen hätten.

Auch an den Handydaten zweifle sie. Sie sagt, die Handydaten würden nur wenige Sekunden lang in der Nähe der Tatorte vermerkt worden sein. In der Zeit habe sich der Beschuldigte nicht an den Tatorten aufhalten können.

16:17

Verteidigerin versucht Staatsanwaltschaft zu entkräften

«Wer hat denn die Brände in Biberist gelegt?» Die Verteidigerin geht auf den ersten und dritten Brand der insgesamt 14 Feuer ein, die aber in der Verhandlung nicht aufgetaucht sind. Die Staatsanwaltschaft erklärte dies in seinem Plädoyer, da die Täterschaft des Beschuldigten schnell ausgeschlossen wurde. Der Modus Operandi habe nicht mit den restlichen zwölf Bränden übereingestimmt.

Sie sagt, dass es keine Hinweise auf einen über alle Fälle gleichen Modus Operandi gäbe. Vielleicht habe es doch mehrere Täter für die unterschiedlichen Brände gegeben.

Das Motiv der unglücklichen Liebe habe sie auch nicht überzeugt. Es habe nämlich keine Beziehung gegeben, und die Schwärmerei habe rasch wieder aufgehört.

15:29

Um 16 Uhr geht es weiter

Nun wird vor dem Plädoyer der Verteidigerin noch eine halbe STunde Pause gemacht.

15:27

Staatsanwalt fordert 15 Jahre Haft

Rechnet man alle einzelnen Strafen zusammen, kommt der Staatsanwalt auf 14 Jahre und fünf Monate. Das tatverleugnende Verhalten sei der Strafe anzuhängen: Er fordert 15 Jahre Haft für den heute 35-Jährigen. Zudem fordert er den Beschuldigten auf, bei seinen letzten Worten die Taten zuzugeben. «Das würde dem Seebezirk und Ihnen selbst gut tun», so der Staatsanwalt.

Die Untersuchungshaft von sechs Monaten direkt nach der Festnahme sei anzurechnen.

15:20

Staatsanwalt errechnet die Strafforderung

Der Staatsanwalt wirft dem Beschuldigten vor, bei den Bränden fünf, sechs, zehn und 13 sich vollkommen bewusst gewesen zu sein, dass er Menschen gefährden hätte könnten. Bei diesen Bränden handelte es sich immer um Wohngebäude oder Gebäude in der Nähe von Wohnhäusern.

Nun kommt der Staatsanwaltschaft zu seiner Strafforderung. Würde man die Strafen für alle einzelnen Brände zusammenrechnen wäre die Strafe unnormal hoch. Die Fälle wurden je nach Schaden in unterschiedliche Strafmass-Kategorien eingeteilt, von mindestens einem Jahr bis zu einer Maximalstrafe von 14 Jahren. Auch die Schadenssumme rechnet er mit ein.

14:51

«Warum sollte ich so etwas machen?»

Der Staatsanwaltschaft ordnet dem Beschuldigten die Brände in Biberist jedoch nicht zu. Sie würden aus seinem Modus Operandi fallen, argumentiert er.

Aber bei den restlichen zwölf Fällen sei er überzeugt: Es sei fast unmöglich, das Netz an erdrückenden Beweisen einer anderen Person zuzuordnen. «Es sieht blöd aus, aber ich bin es nicht gewesen. Warum sollte ich so etwas machen?», sei das einzige Argument gewesen, dass der Beschuldigte am Ende seiner Vernahmen angebracht habe.