20 Minuten in Valencia«Wir versuchen allen Menschen zu helfen»
In Valencia führte eine verheerende Flut zu grossem Schaden und Verlusten. Juani und ihre Familie mussten auf die Terrasse fliehen, wo sie Zuflucht fanden.
20 Minuten ist in Valencia: Mehrere Betroffene erzählen, wie sie die Unwetterkatastrophe erlebten.
20 MinutenDarum gehts
Schwere Unwetter haben in Valencia Häuser überflutet und ganze Existenzen zerstört.
Viele Betroffene, wie die 57-jährige Juani, haben ihr gesamtes Hab und Gut verloren.
Dennoch zeigen die Bewohnerinnen und Bewohner Solidarität und unterstützen einander im Chaos.
Juani sitzt vor ihrem zerstörten Haus in Paiporta. Sie zeigt auf ihre Kleider voller Schlamm: «Das ist das Einzige, was ich noch an Kleidern habe. Ich habe die Küche verloren, den Kühlschrank, die Waschmaschine, die Mikrowelle, die Klimaanlage, Tablets, Telefone, Laptops, Videospielkonsolen, Kleidung. Ich habe alles verloren, alles», erzählt die 57-Jährige den 20-Minuten-Reportern vor Ort.
Am Tag der Katastrophe sei ihr das Wasser bis zur Brust gestanden. Die gesamte Familie flüchtete auf die Terrasse. «Der Nachbar brachte uns Milch und Kaffee.» Am zweiten Tag sei das Wasser runtergegangen und sie konnte ihr Haus verlassen.

Juani (57) hat nur noch ihre Kleider. Den Rest ihres Haushalts hat sie verloren.
20 MinutenJuani fühlt sich machtlos. Und trotzdem «glücklich, weil ich meine Familie habe», sagt sie weinend.
Ein Jugendlicher, der neben ihr steht, zeigt seine Verletzungen am Bein. Die seien durch das Wasser entstanden, meint er. Der Teenager macht den Behörden schwere Vorwürfe. Die Polizei fahre an ihnen vorbei und schaue nur zu. «Aber niemand hilft uns», fügt Juani hinzu.
Die 57-Jährige hat in den Unwettern drei Freunde verloren. «Das Einzige, was wir retten konnten, ist unser Kätzchen.» Die Familie wird wohl auf der Strasse schlafen. «Vielleicht bringt uns jemand eine Decke.»
Julio
Julio ist mit einer Schaufel unterwegs in die Gebiete, die überschwemmt wurden. «Wir versuchen, allen Menschen zu helfen, die von der Überschwemmung betroffen sind», sagt er. Er spricht von Chaos, Unkontrolliertheit und Solidarität. «Es gibt viele Familien, die im Moment nichts von ihren Angehörigen wissen, sie sind schockiert über alles, was passiert. Es besteht die Gefahr, dass es noch einmal kommt. Wir warten darauf, allen Menschen helfen zu können, denen wir helfen können.»

Julio will in den betroffenen Gebieten helfen.
20 MinutenEr fühle sich frustriert, weil er nicht mehr tun könne. Gleichzeitig «verängstigt über alles, was kommen wird und dankbar, dass es uns im Zentrum nicht erwischt hat». Diesmal habe es die Menschen in den angrenzenden Dörfern erwischt, meint er. «Aber das hätten auch wir sein können.»
Miguel Ángel, Marina und Carla
Miguel Ángel, Marina und Carla, alle 20 Jahre alt, helfen einem Kollegen im Vorort La Torre, sein Geschäft vom Schlamm zu befreien. Marina beschreibt die Situation «wie aus einem Film». Man erwarte nie, dass es einem so nah von Zuhause passiert. «Es ist ein Chaos», sagt sie.
Die drei Kollegen loben die Solidarität der Menschen von Valencia. Die Stadt sei «wie eine Familie», meint Marina. Ihren Grosseltern im nahegelegenen Dorf Buñol könne sie gerade nicht helfen. Das Seniorenpaar habe weder Strom noch Telefonverbindung. Aber wegen der geschlossenen Strassen könne sie nicht zu ihnen fahren. «Also helfen wir unseren Freunden hier.»

Marina, Carla und Miguel Ángel (von links nach rechts) helfen einem Kollegen, Schlamm aus seinem Lokal zu entfernen.
20 MinutenMiguel Ángel erzählt von seinem Kollegen, der 30 Stunden als vermisst galt. Auch eine Kollegin sei am Abend des Unwetters verschwunden. Er habe 48 Stunden nichts von ihr gehört. «Aber wir wissen, dass sie lebt und es ihr gut geht.» Die Stunden, in denen man aber auf Nachrichten der Vermissten wartet, seien sehr beunruhigend.
Kevin
Kevin kommt aus Benetússer. «Wir waren zwei Tage lang ohne Strom, ohne Wasser und ohne Kontakt zur Aussenwelt.» Am Donnerstag habe er sich auf den Weg in einen Supermarkt gemacht, um Lebensmittel zu holen. Er habe Verwandte in Valencia. «Wir sind alles zu Fuss gelaufen», sagt er. Dort wolle er jetzt nur noch duschen und etwas Anständiges essen.
Als am Dienstagabend die Flut kam, war er in seiner Wohnung im dritten Stock. «Die unteren Stockwerke wurden überschwemmt», sagt der 31-Jährige. Plötzlich habe er Menschen schreien hören. Dann sah er das Wasser steigen und Autos, die weggespült wurden und gegen Ladenfenster crashten. «Das war unglaublich!» Bis um sechs Uhr morgens des nächsten Tages habe er geholfen, Schlamm aus den Wohnungen der Nachbarn zu entfernen.

Kevin (31) hat seit Dienstagabend kein Wasser mehr. Er geht von Benetússer bis Valencia zu Fuss, um bei Verwandten zu duschen.
20 MinutenEr selbst hat sein Auto verloren: «Es schwimmt in der Garage», sagt Kevin. Besonders leid tun ihm aber seine Nachbarn – teilweise Familien mit Kindern – in den tieferen Stockwerken. «Das Wasser stand bis zur Brust», sagt der Mann. Auch hatte er Angst um die Leute, die unterwegs waren.
Mehrere Teile der Stadt seien jetzt verwüstet, sagt Kevin. «Ich sah aufeinandergestapelte Autos, alles zerstört, es sah aus wie nach einem Tsunami. So etwas habe ich noch nie gesehen und werde es möglicherweise auch nicht mehr sehen.»
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