44 Prozent betroffenBundesrat will die Mindestfranchise von 300 Franken erhöhen
Die Gesundheitskosten steigen weiterhin stark. Der Bundesrat will nun Gegensteuer geben – indem er die Mindestfranchise erhöhen will. Dies würde fast die Hälfte der Schweizer Bevölkerung betreffen.
Darum gehts
Der Bundesrat will die Mindestfranchise der Krankenkassenprämien erhöhen.
SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr und SVP-Ständerätin Esther Friedli haben entsprechende Vorstösse eingereicht.
Der Bundesrat hat diese kommentarlos durchgewunken und zur Annahme empfohlen.
Der Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds bezeichnet die Erhöhung als inakzeptabel.
Die Gesundheitskosten steigen weiter an – noch in diesem Monat dürfte Elisabeth Baume-Schneider die Erhöhung für 2025 bekannt geben. Schon heute folgt aber ein Knall: Der Bundesrat will die Mindestfranchise der Krankenkassen erhöhen. Entsprechende Vorstösse von SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr und SVP-Ständerätin Esther Friedli empfiehlt er ohne Begründung zur Annahme.

Der Bundesrat um Elisabeth Baume-Schneider winkt die Erhöhung der Mindestfranchise kommentarlos durch.
20min/Taddeo CerlettiDerzeit liegt die Mindestfranchise bei 300 Franken – die letzte Erhöhung liegt bereits 20 Jahre zurück. Wie hoch die Erhöhung ausfallen soll, steht noch nicht fest. Wie Gutjahr aber vor einigen Monaten gegenüber SRF sagte, schwebten ihr 400 statt 300 Franken vor. Und das ist nicht alles: In Zukunft soll die Franchise auch periodisch angepasst – also regelmässig erhöht – werden.
44 Prozent der Bevölkerung wären betroffen
Die Änderung würde alle Personen betreffen, die heute die tiefste Franchise haben. Gemäss Bundesamt für Gesundheit sind das rund 44 Prozent der Schweizer Bevölkerung – das sind knapp drei Millionen Menschen. Die Franchise für Kinder sei von der Anpassung ausgenommen.

Gemäss Bundesamt für Gesundheit sind rund 44 Prozent der Schweizer Bevölkerung von der Erhöhung betroffen.
20Min/Carole AlkabesNun ist das Parlament am Zug. Mit dem Bundesrat im Rücken dürfte die SVP-Offensive grosse Chancen haben.
Franchise soll aktuelle Kostensituation abbilden
In ihren Vorstössen argumentieren Gutjahr und Friedli damit, dass die ordentliche Franchise die aktuelle Kostensituation abbilden soll. Seit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung seien die Bruttokosten zulasten der Krankenpflegeversicherung um mehr als das Dreifache gestiegen. Gemäss Meinung der Bürgerlichen würde eine höhere Franchise die Prämien entlasten und die Eigenverantwortung stärken.

Die ordentliche Franchise solle die aktuelle Kostensituation abbilden, argumentiert SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr.
20min/Matthias SpicherDie Idee der höheren Franchise: Die Krankenkassenprämien sollen dadurch insgesamt sinken – beziehungsweise weniger stark steigen. Denn je höher die Franchise, desto mehr muss man selbst zahlen. Die Hoffnung ist, dass Menschen dadurch weniger wegen Bagatell-Fällen zum Arzt gehen und dadurch die Gesundheitskosten gebremst werden.
SGB-Wyss: «Dieser weitere Angriff auf die Kaufkraft ist inakzeptabel»
Für Reto Wyss, den Zentralsekretär des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, ist eine Erhöhung inakzeptabel. Mit dem Prämienanstieg sei die jährliche Prämienrechnung einer Familie um 1000 Franken auf über 15'000 Franken gestiegen. «Und nun will der Bundesrat auch noch die Franchisen erhöhen – und in Zukunft automatisch steigen lassen!», ärgert sich Wyss.
Was hältst du von der Erhöhung der Mindestfranchise der Krankenkassen?
Die Schweizer Bevölkerung würde heute schon «so viel aus der eigenen Tasche bezahlen wie nirgendwo sonst». Dieser «weitere Angriff auf die Kaufkraft» sei inakzeptabel, ergänzt er.
Das Bundesamt für Gesundheit teilt auf Anfrage von 20 Minuten mit, dass es zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht Stellung dazu nehmen könne. Zuerst müsse über die Annahme oder Ablehnung der beiden Motionen in den Räten entschieden werden. Im Falle einer Annahme würde der Bundesrat beauftragt, eine entsprechende Botschaft auszuarbeiten.
Verwirrung beim Bund?
Schliesslich sorgten am Donnerstagnachmittag zwei beinahe identisch lautende Vorstösse aus den Federn von FDP-Nationalrat Marcel Dobler und FDP-Ständerat Josef Dittli für reichlich Verwirrung: Im Gegensatz zu den SVP-Vorstössen werden die FDP-Vorstösse von der Landesregierung nämlich zur Ablehnung empfohlen – inklusive Erklärung: «Der Bundesrat ist der Ansicht, dass eine Erhöhung der Kostenbeteiligung (Franchise und Selbstbehalt) Versicherte in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen und chronisch Kranke benachteiligen würde.»
Zwischenzeitlich war deshalb unklar, ob es sich beim Annahme-Antrag des Bundesrats um einen Fehler handelte. Am Donnerstagabend folgte dann die Aufklärung: «Nach Rücksprache mit der Bundeskanzlei und dem Generalsekretariat des Innendepartements sind die Stellungnahmen zu den Motionen offenbar korrekt», teilen die Parlamentsdienste mit.
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