Energiekrise54 Prozent wollen AKW-Betriebsdauer verlängern, um Blackout zu verhindern
Die Mehrheit der Bevölkerung will AKW länger laufen lassen. Politiker sind sich darüber uneins. Die Axpo hingegen hat eine klare Meinung.
Darum gehts
2025 droht der Schweiz ein Blackout. Zu diesem Schluss kam eine Studie des Bundes über die Versorgungssicherheit der Schweiz. Im schlimmsten Fall könnte der inländische Strombedarf während 47 Stunden nicht mehr gedeckt werden. Damit dieses Horrorszenario nicht eintritt, will ein Grossteil der Schweizer Bevölkerung stärker auf Atomstrom setzen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage von 20 Minuten.
Rund 54 Prozent der Bevölkerung wollen AKW länger laufen lassen, 31 Prozent wollen neue Kernkraftwerke bauen. Bürgerliche Politikerinnen und Politiker fordern das schon lange. Doch insbesondere der Neubau von AKW wird wohl ein Traum bleiben. Denn wie die Axpo, der zweitgrösste Stromversorger der Schweiz, auf Anfrage mitteilt, sei «die Realisierung von neuen Kernkraftwerken nicht vorgesehen».
Leute haben «falsche Vorstellungen» von Atomstrom
Die starke Unterstützung von Atomstrom in der Bevölkerung überrascht Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Er führt das auf falsche Vorstellungen von Atomstrom zurück. «Die Leute stellen sich das zu einfach vor. Atomkraft ist extrem teuer und kann nicht einfach von heute auf morgen ausgebaut werden.» Auch die Angst, dass Schweizer AKW plötzlich vom Netz gehen müssten, sei unbegründet. «Es gibt keine fixen Laufzeiten. Solange es die Sicherheitsvorschriften erfüllt, darf es am Netz bleiben.» Trotzdem steht für den Mitte-Nationalrat fest: Auf Atomstrom zu setzen, um ein Blackout zu verhindern, ist der falsche Weg.
Auch Grünen-Nationalrat Bastien Girod sagt, dass die Bevölkerung zu wenig über AKW aufgeklärt sei. «Im Vergleich zu erneuerbaren Energien ist ein AKW punkto Versorgungssicherheit risikobehafteter. Steigt es nämlich aus, entsteht eine grosse Stromlücke, wie aktuell in Frankreich.» Dieses Risiko sei bei den kostengünstigen erneuerbaren Energien tiefer.
«Politik muss Energiewende vorantreiben»
Ausserdem hätten viele das Gefühl, dass der Schweiz ohne AKW ein Blackout drohe, sagt Girod. «Das ist jedoch nicht so, vorausgesetzt die Politik macht endlich vorwärts beim Ausbau von erneuerbaren Energien.» Hätte die Politik die Energiewende schneller vorangetrieben, fände die Schweiz sich jetzt nicht in einer Energiekrise wieder.
Die breite Unterstützung von Atomstrom in der Bevölkerung überrascht SVP-Nationalrat Christian Imark nicht. «Das Volk hat einen Atomausstieg stets abgelehnt. Ausnahme war die Energiestrategie, als der Bund mit falschen Versprechen täuschte. Das kommt uns nun teuer zu stehen.» Die Befürchtungen der SVP hätten sich sogar noch schneller als angenommen bewahrheitet, sagt Imark. «Wir sind stromtechnisch viel abhängiger von Europa geworden und müssen jetzt sogar schmutzige Gas- und Ölkraftwerke in Betrieb nehmen, um eine Strommangellage zu verhindern.»
SVP fordert Bau neuer AKW
Diese könnten die Stromlücke zwar vorübergehend schliessen, sagt Imark. «Langfristig braucht es jedoch neue AKW. Damit Bewilligungsverfahren für Kernkraftwerke wieder möglich sind, braucht es eine Gesetzesänderung.» Ganz allgemein sei die Liberalisierung des Strommarktes nur für den Betrieb bestehender Kraftwerke sinnvoll. «Für die Versorgungssicherheit und grosse Investitionen muss der Bund das Zepter übernehmen.»
*Korrigendum 1. September 10.10 Uhr: In einer ersten Version des Artikels haben wir geschrieben, dass 85 Prozent der Bevölkerung mehr Atomstrom wollen, um einen Blackout zu verhindern. Korrekt ist, dass 54 Prozent der Befragten sich für eine Verlängerung der Betriebsdauer bestehender AKW ausgesprochen haben und 31 Prozent für den Bau von neuen AKW. Wir haben diese Zahlen ursprünglich addiert, was nicht korrekt ist, da Mehrfachantworten möglich waren. Die Redaktion bittet um Entschuldigung.
Sollten AKW länger betrieben werden, auch wenn das Unfallrisiko steigt?
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