Abbau bei CH Media«Man verdient kein Geld»: Muss Staat den Lokaljournalismus retten?
Braucht es Subventionen für Lokalmedien? Diese Frage stellen sich nach dem jüngsten Abbau bei CH Media viele. Für die SVP sind sie tabu – die SP warnt, dass es ohne teurer wird.
Darum gehts
Am Dienstag stellte CH Media sechs regionale Online-Plattformen per sofort ein. Unter Druck ist der Lokaljournalismus auch bei anderen Verlagen.
Der jüngste Abbau gibt der Frage, ob der Staat den Lokaljournalismus retten muss, eine neue Dringlichkeit.
Während Martin Candinas (Mitte) und David Roth (SP) für eine Förderung aussprechen, will Thomas Matter (SVP) von Subventionen nichts wissen.
Die regionalen Online-Plattformen von CH Media sind Geschichte. Am Dienstag stellte das Medienhaus die sechs Today-Portale in der Ostschweiz, Zentralschweiz, Aargau, Zürich, Bern und Solothurn ein – per sofort.
Die Mediengewerkschaft SSM spricht von einem «harten Schlag» und warnt vor einer «digitalen Medienwüste». Der Bevölkerung werde der Zugang zu lokaler Berichterstattung entzogen und die Rolle der Medien als Wächter der Demokratie geschwächt.
Medienökonom: «Publizistisch verschmerzbar»
«In einem Jahr, in dem bei Privaten und SRG wieder Hunderte von Stellen abgebaut wurden, ist dies eine weitere Hiobsbotschaft. Publizistisch ist die Einstellung der Today-Plattformen verschmerzbar», sagt Medienökonom Marius Hagger zum jüngsten Abbau. Dies, weil relevante Eigenleistungen auf den Portalen gefehlt hätten.
Laut dem Experten gibt es zwei Gründe für den Abbau im Lokaljournalismus: Die hohen Kosten, um Artikel für eine kleine Leserschaft herzustellen, sowie die rückläufigen Einnahmen durch Abos und Werbung. «Qualitativ hochwertiger Lokaljournalismus ist in seiner Existenz bedroht», sagt Hagger.
Soll der Staat lokale und regionale Medien unterstützen?
Die «kritische Infrastruktur für unsere Demokratie» müsse durch staatliche Medienförderung aufrechterhalten werden. Mit dem Abbau bei den Privaten werde die Rolle der SRG wichtiger – auch lokal: «Ich beobachte auch bei Jüngeren, dass vor allem die SRF-App immer populärer wird.»
Martin Candinas (Mitte) sieht «Demokratie gefährdet»
Für Nationalrat Martin Candinas (Mitte) ist klar: «Man kann mit Journalismus kein Geld verdienen.» Der Bünder Medienpolitiker spricht sich seit Jahren für eine starke SRG aus, die in allen Regionen präsent ist. Und auch die privaten Medien sollen laut Candinas unterstützt werden.

Nationalrat Martin Candinas (MItte) ist für «eine starke SRG» und Unterstützung für private Medien.
Keystone/Peter KlaunzerDer jüngste Abbau erhöhe die Konzentration und schade der Vielfalt im Medienmarkt: «Je weniger wir die Medien unterstützen, desto mehr nimmt diese Konzentration zu.» Vor zwei Jahren sagte das Stimmvolk klar Nein zur Förderung von Onlinemedien. «Darum gilt es nun, die indirekte Presseförderung auszubauen», sagt Candinas.
Ein entsprechender Vorstoss ist im Parlament hängig. Der Bundesrat lehnt diesen ab – und will hier als Teil seines Sparpakets sogar kürzen. «Wenn die privaten Medienhäuser weiter abbauen, bleibt am Schluss nur noch die SRG. Wenn wir dort dann auch noch zusammenstreichen, gefährden wir unsere Demokratie», so Candinas.
Thomas Matter (SVP): «SRG ist schuld»
SVP-Nationalrat Thomas Matter widerspricht: «Der Entscheid von CH Media zeigt, dass die massive SRG-Präsenz im Internet den Privaten zu schaffen macht und sie verdrängt werden.» In der Konzession sei diese Online-Präsenz nicht vorgesehen. Seine Lösung: «Wir müssen die SRG zurückdrängen, damit künftige private Projekte wieder mehr Raum haben.»

SVP-Nationalrat Thomas Matter war bei der Einreichung der SRG-Initiative «200 Franken sind genug!» dabei. Bei privaten Medien darf es laut Matter deutlich weniger sein: «Der Staat muss sich aus jeglicher Finanzierung der Medien raushalten», sagt er.
20min/Michael ScherrerVon Subventionen will der Zürcher Politiker nichts wissen: «Der Staat muss sich aus jeglicher Finanzierung der Medien raushalten», sagt er. Absurderweise helfe der SRG das Werbeverbot im Netz sogar, um mehr Klicks zu generieren. «Ich bin froh, dass es weiterhin Medien wie 20 Minuten gibt, die über das Wichtigste aus den Regionen berichten.»
David Roth (SP): «Abbau wird teuer»
David Roth (SP) nennt den Rückzug von grossen Verlagen aus dem Lokaljournalismus «etwas vom Besorgniserregendsten» in der Medienlandschaft. «Dieser Abbau ist eine Gefahr für den Zusammenhalt der Gesellschaft», so Roth. Verloren gehe nicht nur die Einordnung der Lokalpolitik, sondern auch die Nähe zu den Leuten.

SP-Nationalrat David Roth will vorwärtsmachen mit der Medienfinanzierung. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen hat einen Vorstoss eingereicht, der die indirekte Presseförderung mittelfristig ablösen soll.
Jonathan LabuschDoch auch wirtschaftliche Gründe sprechen laut dem Luzerner für eine Medienförderung: «Wenn es den Regionaljournalismus nicht mehr gibt, kommt uns das teuer zu stehen.» Die Gemeinden würden ihre politische Kommunikation massiv ausbauen, um lokalpolitische Entscheide zu kommunizieren: «Das ist teuer und demokratiepolitisch fragwürdig, da keine kritische Kontrolle mehr stattfindet.»
Nun sei es wichtig, bei der Medienfinanzierung vorwärts zu kommen. Die Kommission habe mit ihrem Vorstoss im Juli einen ersten Schritt gemacht. Die Idee: Eine neue Förderung von elektronischen Medien soll mittelfristig die indirekte Presseförderung ablösen: «Je kleiner die Redaktion, desto mehr Unterstützung je Vollzeitstelle», sagt Roth.
Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?
Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.