Air-Glaciers und SAC kritisieren die Rega

Aktualisiert

«Versorgung gefährdet»Air-Glaciers und SAC kritisieren die Rega

Neue Vorwürfe gegen die Rega: Eine SAC-Sektion und eine Air-Glaciers-Basis werfen ihr vor, um die Vormachtstellung zu kämpfen – auf Kosten der Patienten.

D. Pomper
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D. Pomper
Die Air-Glaciers-Basis Lauterbrunnen und die SAC-Sektion Lauterbrunnen werfen der Rega vor, die effiziente notfallmedizinische Versorgung der Patienten zu gefährden (im Bild: Rega-CEO Ernst Kohler)

Die Air-Glaciers-Basis Lauterbrunnen und die SAC-Sektion Lauterbrunnen werfen der Rega vor, die effiziente notfallmedizinische Versorgung der Patienten zu gefährden (im Bild: Rega-CEO Ernst Kohler)

Aufruhr in Lauterbrunnen: Die Verantwortlichen der lokalen Air-Glaciers-Basis und der lokalen Sektion des Schweizer Alpenclubs SAC setzen sich gegen die Schweizer Rettungsflugwacht zur Wehr. Die Rega-Geschäftsleitung soll neue interne Weisungen angeordnet haben. Demnach seien die eigenen Rega-Maschinen prioritär für Rettungseinsätze vorzuziehen und Partnerorganisationen wie die Air-Glaciers im Kanton Bern zurückzusetzen. Dies konnten Air-Glaciers und der SAC aus zwei voneinander unabhängigen Quellen in Erfahrung bringen.

«Die Rega setzt sich so über den Beschluss des bernischen Grossen Rates vom Januar 2013 hinweg, den geografisch nächstgelegenen Rettungshelikopter zu alarmieren», sagt der Basisleiter von Lauterbrunnen, Christian von Allmen.

Daran habe sich die Rega aber schon vor dieser Weisung nicht gehalten: Es habe in den letzten Monate mehrere Vorfälle gegeben, bei denen nicht die Air-Glaciers, sondern eine Regamaschine zum Einsatz gekommen sei – obwohl Erstere schneller an der Unfallstelle gewesen wäre. Die Fälle sollen am Donnerstag an einer Pressekonferenz präsentiert werden.

«Patienten werden gefährdet»

An dieser dürften die beiden Organisationen die Rega frontal angreifen. «Die Rega kämpft mit allen Mitteln um ihre Vormachtstellung, vielfach auf Kosten der Patienten», schreiben Air-Glaciers-Basis Lauterbrunnen und die SAC-Sektion Lauterbrunnen in einer gemeinsamen Mitteilung. Die notfallmedizinische Versorgung der Berner Patienten werde gefährdet, da sie länger auf die Hilfe des Notarztes warten müssten. Ausserdem würden die zusätzlich generierten Kosten auf Versicherungen, Krankenkassen und die Steuerzahler abgewälzt. Die Rega helfe mit ihrem Vorgehen mit, dass sich die Spirale der stetig steigenden Gesundheitskosten weiterdrehe.

Man habe das Gespräch mit Rega-CEO Ernst Kohler gesucht, um die Situation zu besprechen, doch ohne Erfolg. Deshalb sehe man keinen anderen Weg, als an die Öffentlichkeit zu gehen, um auf die Missstände aufmerksam zu machen. Die Vernetzung der Luftrettung des Kantons Bern sei akut gefährdet, so Basisleiter von Allmen. Einsatzleiter Martin Steuri betont, dass die Zusammenarbeit mit der Rega auf den unteren Ebenen grundsätzlich sehr gut funktioniere. Das Problem liege weiter oben bei der Geschäftsleitung der Rega.

Hinter Air-Glaciers und SAC stellt sich auch der Berner Grossrat Christoph Berger. «Ich verstehe nicht, warum die Rega nicht, wie im Januar beschlossen, den nächstgelegenen Rettungsdienst aufbietet. Der Patient müsste doch im Vordergrund stehen», sagt Berger. Er vermutet rein wirtschaftliche Interessen der Rega hinter der Bevorzugung der eigenen Maschinen.

Die Rega schweigt

Die Rega wollte sich zu den neusten Vorwürfen nicht äussern. Stellung nahm sie einzig zu einem konkreten Fall, der sich kürzlich im Bernischen ereignet hat. Statt eines Helikopters der Air-Glaciers Lauterbrunnen wurde ein Rega-Helikopter aus Lausanne aufgeboten. Sprecherin Ariane Güngerich erklärt dies wie folgt: «Bei Verlegungsflügen handelt es sich in der Regel um medizinisch hoch anspruchsvolle Transporte mit komplexem Monitoring, welche die Rega im direkten Auftrag der Spitäler ausführt.» Diese würden entscheiden, welche Transportmittel geeignet seien und vergäben entsprechend den Auftrag. Die Rega informiere das Auftrag gebende Spital über die Verfügbarkeit der Rettungshelikopter und die zu erwartende Anflugzeit. Die Einsatzkosten seien transparent und bekannt.

Niederlage im Aargau

Zuvor hatte sich bereits ein Machtkampf zwischen der Rega und dem TCS im Kanton Aargau abgespielt – mit negativem Ausgang für die Rega. Der Kanton bietet bei medizinischen Notfällen künftig zuerst den TCS auf. Wie das Aargauer Departement für Gesundheit und Soziales letzte Woche mitteilte, erfülle die Alpine Air Ambulance AAA, die im Auftrag des TCS betrieben wird, die gesetzlichen Vorschriften und verfüge über die Betriebsbewilligungen.

Trauriger Hintergrund des Machtkampfs in der Luft: Im März 2013 hatte ein Lastwagen in Windisch AG einen Buben (†5) überrollt. Zur Rettung kam die Rega aus Basel – obwohl in der Nähe ein TCS-Heli bereit gewesen wäre.

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