«Airlines canceln Flüge, wenn die Leute nicht buchen»

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Tourismus«Airlines canceln Flüge, wenn die Leute nicht buchen»

Ab dem 15. Juni werden die Grenzen innerhalb der EU geöffnet. Auch die Airlines weiten den Flugbetrieb aus. Fluggäste müssen trotzdem weiterhin mit gestrichenen Flügen rechnen.

Das Ziel der Reise: Athen in Griechenland. Doch die Swiss strich den ersten Flug und eine Mitarbeiterin kündigte an, dass auch der neue Flug zu 90 Prozent gestrichen werde.
Und das, obwohl Reisen in EU und Efta-Länder ab dem 15. Juni wieder möglich sein sollten.
Auf Anfrage sagt Swiss-Sprecherin Meike Fuhlrott, dass es das Ziel von Swiss sei, einen möglichst verbindlichen Flugplan anzubieten, um den Fluggästen Planungssicherheit zu geben.
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Das Ziel der Reise: Athen in Griechenland. Doch die Swiss strich den ersten Flug und eine Mitarbeiterin kündigte an, dass auch der neue Flug zu 90 Prozent gestrichen werde.

Getty Images/iStockphoto

Darum gehts

  • Der Griechenland-Flug von Micael Fleischmann vom 19. Juni wurde kurzfristig gestrichen. Auch sein neuer Flug werde «zu 90 Prozent» gecancelt, so eine Swiss-Mitarbeiterin.
  • Die Swiss bestätigt, dass das ganze Netzwerk momentan von gestrichenen Flügen betroffen sei.
  • Ob ein Flug durchgeführt werde oder nicht, hänge von verschiedenen Faktoren ab. «Wichtig ist, dass sich ein Flug im Gesamtsystem rechnet», so eine Sprecherin.
  • Ein Aviatik-Experte sagt, dass Airlines momentan alles versuchten, um das Geschäft wieder anzukurbeln.
  • Er empfiehlt allen Reisewilligen, möglichst kurzfristig zu buchen.

Micael Fleischmann (30) aus Zürich plante, am 19. Juni mit 9 Kollegen für einen Segeltörn nach Athen zu reisen. «Lange sah es gut aus – schliesslich hatte die griechische Regierung angekündigt, ab dem 15. Juni Flüge nach Athen und Thessaloniki wieder zuzulassen.» Da auch die Schweiz beabsichtige, am 15. Juni die Grenze zu allen EU und Efta-Staaten zu öffnen, hätten sich alle aus der Gruppe gefreut, sagt Fleischmann. «Doch die Swiss hat unseren Flug gecancelt und eine Mitarbeiterin kündigte uns bereits an, dass auch der neue, umgebuchte Flug zu 90 Prozent gestrichen wird.»

Auf Anfrage sagt Swiss-Sprecherin Meike Fuhlrott, dass es das Ziel von Swiss sei, einen möglichst verbindlichen Flugplan anzubieten, um den Fluggästen Planungssicherheit zu geben. Flugpassagiere müssten aber trotz offenen Grenzen weiter mit gecancelten Flügen rechnen. Ob ein Flug durchgeführt werde, hänge von verschiedenen Faktoren ab: Von der Auslastung, von Umsteigepassagieren oder von der No-show-Rate. Fuhlrott: «Wichtig ist, dass sich ein Flug im Gesamtsystem rechnet.»

«Ganzes Netzwerk» betroffen

Eine Annullierung eines Fluges könne auch aufgrund behördlicher Vorgaben nötig werden, weil ein Land seine Bestimmungen ändert. «Grundsätzlich ist das ganze Netzwerk von gecancelten Flügen betroffen», so Fuhlrott. Aufgrund der dynamischen Situation könne die Swiss keine genauen Zahlen zu gestrichenen Flügen nennen.

Dass der Flugplan weiterhin aus operationellen und wirtschaftlichen Gründen angepasst werde, bestätigt Jörg Waber, Sprecher der Swiss-Mutter Lufthansa. «Ab Juni werden wir aber wieder mehr Ziele anfliegen und nicht mehr so viele Flüge aus dem System nehmen müssen wie zuvor.»

«Nicht so, dass Passagiere überallhin fliegen könnten»

Zum jetzigen Zeitpunkt habe Edelweiss keine Flüge wegen einer zu tiefer Auslastung annullieren müssen, sagt Sprecher Andreas Meier. «Bei der Planung sind wir aber stark von den Einreisebestimmungen der jeweiligen Länder abhängig.» Der Flugplan werde darum zeitnah den aktuellen Entwicklungen und der Nachfrage angepasst.

Trotz der Öffnung des EU-Raums ab dem 15. Juni sei es nicht so, dass Flugpassagiere überall hinfliegen könnten, sagt Meier. «Einzelne Flughäfen – etwa der Flughafen Olbia in Sardinien – öffnen für internationale Flüge erst ab dem 25. Juni. Andere noch später.» Auf der Edelweiss-Website sei darum ersichtlich, ob die «voraussichtlich geplanten Flüge» tatsächlich stattfänden. Meier: «Jeder Reisende muss sich bewusst sein, dass die weltweite Lage nach wie vor sehr dynamisch ist.»

Easyjet Switzerland konnte auf Anfrage nicht beantworten, ob bereits Flüge wegen eines zu tiefen Passagieraufkommens gestrichen wurden. Die Fluggesellschaft überprüfe ihren Sommerflugplan weiterhin laufend, so ein Easyjet-Sprecher. «Wir werden, wo wir können, Änderungen vornehmen, um den Veränderungen bei der Nachfrage und bei Einschränkungen Rechnung zu tragen.»

«Man sollte Flugreisen möglichst kurzfristig buchen»

ZHAW

Wieso bieten die Airlines Flüge an, nur um sie wenige Tage vor Abflug wieder zu streichen?

Den Fluggesellschaften steht das Wasser im Moment wirklich bis zum Hals. Es ist kaum verwunderlich, dass sie alles versuchen werden, um das Geschäft wieder anzukurbeln. Aber wenn die Leute nicht buchen, müssen die Airlines die Flüge wieder canceln.

Das macht auch Sinn. Angesichts ihrer prekären finanziellen Situation und der staatlichen Unterstützung wäre es aber unverantwortlich für eine Airline wie Swiss, jetzt mit leeren Flugzeugen unterwegs zu sein.

Welche Faktoren dämpfen die Reiselust der Schweizer Touristen?

Einige werden durch die Social-Distancing-Massnahmen am Flughafen und im Flugzeug abgeschreckt. Dazu kommt die Ungewissheit, ob es zu einer Inflation oder Entlassungen kommt. Da überlegt man sich sicher zweimal, ob man sein Geld für eine Reise ausgibt oder nicht.

Ab wann ist mit einer Normalisierung der Lage zu rechnen?

Eine Normalisierung hängt ausschliesslich davon ab, ob und wie schnell ein wirksamer Impfstoff entwickelt werden kann. Viele Airlines haben jedoch bereits kommuniziert, dass ihre Flotten frühestens wieder Ende 2022 vollständig im Einsatz stehen werden. Das scheint nicht unvernünftig oder unrealistisch.

Was empfehlen Sie Reisenden, die die Sommerferien trotzdem jetzt buchen wollen?

Wenn jemand das Risiko eingehen will, dass seine Reise annulliert wird, und man mehrere Monate auf eine Rückerstattung warten muss, soll das machen. Meine Empfehlung wäre, Flugreisen möglichst kurzfristig zu buchen, um Enttäuschungen vorzubeugen. Man kann auch eine Annullationskostenversicherung abschliessen.

William Agius ist Aviatik-Experte und Dozent für Aeronautische Kommunikation an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).

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