Parteitag in Sachsen: Alice Weidel und Tino Chrupalla an der AfD-Spitze – Partei rückt weiter nach rechts

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Parteitag in SachsenAlice Weidel und Tino Chrupalla an der AfD-Spitze – Partei rückt weiter nach rechts

Die AfD hat sich entschieden: Tino Chrupalla und Alice Weidel sollen neben der Bundestagsfraktion nun auch die Partei gemeinsam führen. Damit ist die Partei noch weiter nach rechts gerückt.

Die AfD wird künftig von einer Doppelspitze aus Tino Chrupalla und Alice Weidel geführt. 
Die frisch gewählten Parteichefs haben einen Neuanfang für die AfD betont. Chrupalla sprach am 18. Juni in Riesa von einem «Aufbruch».
«Die Ära Meuthen ist mit dem heutigen Tag auch beendet», sagte Chrupalla. Vertreter des eher gemässigten Meuthen-Lagers hatten zuletzt immer wieder scharfe Kritik an Chrupalla geübt.
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Die AfD wird künftig von einer Doppelspitze aus Tino Chrupalla und Alice Weidel geführt. 

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Darum gehts

Die AfD hat sich mit ihrer neuen Parteiführung für einen radikaleren Kurs entschieden: Der Parteitag in Riesa wählte Tino Chrupalla und Alice Weidel am Samstag zur neuen Doppelspitze. Das als gemässigter geltende Lager räumte seine Niederlage ein; von ihm unterstützte Kandidaten setzten sich nicht durch. Erstmals hätte die AfD auch eine Einzelspitze wählen können. Die Delegierten folgten aber Partei-Rechtsaussen Björn Höcke, der dies für «zu früh» hält.

Bei seiner Wiederwahl erhielt Chrupalla lediglich 53,45 Prozent der Delegiertenstimmen; Weidel bekam bei ihrer ersten Wahl zur Parteivorsitzenden 67,3 Prozent. Chrupalla sagte, er nehme sein Ergebnis «mit Demut zur Kenntnis», strebe aber in zwei Jahren ein besseres Resultat an.

Ein «Aufbruch» für die AfD

Die neue Parteispitze wertete Chrupalla als Zeichen für die Rückkehr zur Geschlossenheit. «Heute beginnt der Aufbruch der AfD», sagte er nach seiner Wahl. In seiner Bewerbungsrede hatte er innerparteiliche Gegner ins Visier genommen. «Die Wähler geben ihre Stimme keiner Partei, die ein Bild der Zerstrittenheit abgibt.» Die AfD hatte bei allen zehn Wahlen seit Anfang 2020 Stimmen eingebüsst.

Chrupalla, der seit Ende 2019 Parteichef ist, hatte die AfD seit dem Abgang des früheren Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen alleine geführt. Meuthen hatte im Januar den Parteivorsitz niedergelegt und die AfD verlassen; Grund war der aus seiner Sicht zu radikale Kurs der Partei.

«Die Ära Meuthen ist mit dem heutigen Tag beendet», sagte Chrupalla. Nach Ansicht Weidels war der abgewählte Bundesvorstand der «mit Abstand unerfahrenste und unprofessionellste» in der Geschichte der AfD.

Das gemässigte Lager erleidet Niederlage

Gegen Chrupalla trat Norbert Kleinwächter an. Der zum gemässigteren Lager zählende Bundestagsabgeordnete errang 36,3 Prozent. In seiner Bewerbungsrede hatte er gesagt, er wolle eine AfD, die «liberal und konservativ ist».

Weidel kündigte in ihrer Bewerbungsrede an, sich für eine klare Profilierung der AfD einzusetzen. «Wir müssen als Oppositionspartei wahrgenommen werden», sagte sie. «Dazu reicht kein Kuschelkurs.» Zum schlechten Erscheinungsbild trage die Partei auch selbst bei, räumte die 43-Jährige ein.

Weidels Gegenkandidat Nicolaus Fest, der 20,75 Prozent der Stimmen erhielt, kritisierte das «dauernde Gehacke und Gehetze» in den sozialen Medien der AfD. Der EU-Abgeordnete warb für eine differenziertere Haltung etwa zum russischen Krieg gegen die Ukraine, aber auch im Umgang mit dem Thema Corona.

Die hessische Bundestagsabgeordnete Joanna Cotar, eine prominente Vertreterin der gemässigteren Kräfte in der AfD, sagte am Rande des Parteitags, Chrupalla habe nun «die Kollegen an seiner Seite, die er wollte». Das frühere Meuthen-Lager sei in der Parteispitze nicht mehr vertreten. Sie hätte sich einen «Imagewandel» durch ein gemässigteres Auftreten gewünscht. «Das war auf Bundesebene nicht gewollt», so Cotar.

Es bleibt bei einem Führungsduo

Der Parteitag sprach sich für den vorläufigen Beibehalt der Doppelspitze aus, obwohl aufgrund einer Satzungsänderung erstmals auch eine Einzelspitze möglich gewesen wäre.

Höcke, eigentlich ein Verfechter der Einzelspitze, sagte dazu, er möchte «erstmal einen Bundesvorstand erleben, der den Selbstbeschäftigungsmodus hinter sich lässt». Wenn sich dann «Charaktere herausgeformt und bewährt haben», könne diesen in zwei Jahren Einzelverantwortung übertragen werden, sagte der Thüringer AfD-Chef, der in Riesa mehrfach das Wort ergriff.

Bei der Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden wurde der Thüringer Stephan Brandner, der als Höcke-Vertrauter gilt, wiedergewählt. Neuer Parteivize wurde der Bundestagsabgeordnete Peter Boehringer. Der aus Bayern stammende AfD-Politiker setzte sich knapp gegen die frühere CDU-Politikerin Erika Steinbach durch. Der dritte Stellvertreterposten ging an die hessische Bundestagsabgeordnete Mariana Harder-Kühnel. Als Bundesschatzmeister wiedergewählt wurde Carsten Hütter.

Aus Protest gegen den Parteitag kamen am Samstag Demonstranten zu einer Kundgebung unter dem Motto «Riesa bleibt bunt» zusammen. Der Zulauf blieb hinter den von den Organisatoren erwarteten Tausend Teilnehmenden allerdings deutlich zurück. Die Polizei war mit einem Grossaufgebot im Einsatz.

(DPA/kle)

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