Marcel Salathé«Allzu einschränkende Massnahmen sind nicht mehr verhältnismässig»
Der Epidemiologe Marcel Salathé sagt in einem Interview, dass ihm die gesellschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie ebenso viel Sorgen bereiteten wie die gesundheitlichen.
Darum gehts
Marcel Salathé befürchtet, dass die Corona-Pandemie die Gesellschaft spaltet.
Die Geduld vieler Menschen könnte zu Ende kommen, sagt das Ex-Mitglied der Corona-Taskforce des Bundes.
Man müsse die Massnahmen und das Covid-Zertifikat hinterfragen, warnt der Epidemiologe.
Der Epidemiologe Marcel Salathé hat sich in den Tamedia-Zeitungen zur Corona-Pandemie geäussert. «Ich spüre, dass es für uns alle schwieriger wird, die Massnahmen mitzutragen», sagt das Ex-Mitglied der Coronavirus-Taskforce des Bundes. Die Geduld vieler Menschen könnte zu Ende gehen. «Wir sind jetzt praktisch an einem Punkt angekommen, an dem allzu einschränkende Massnahmen nicht mehr verhältnismässig sind.»
Einige europäische Länder steuern aktuell auf ein Ende der Corona-Massnahmen zu. Bundesrat Alain Berset kündigte allerdings erst gerade an, dass es in der Schweiz vorerst keine weiteren Lockerungen geben werde. Es sei keine Option, die Massnahmen für immer aufrechtzuerhalten, sagt auch Salathé. Als Bürger befürworte er das Covid-Zertifikat nicht, wenn es als staatliche Intervention daherkomme. «Wir haben jetzt 18 Monate über Eigenverantwortung geredet. Und jetzt will man staatlich verordnete immun-basierte Eingangskontrollen?»
Das Klima wird giftiger
Kritisch seien vor allem die Menschen in älteren Altersgruppen und die Kinder, die gegen das Virus noch nicht immun seien. Es bestehe die Möglichkeit, dass diese Menschen das Gesundheitssystem noch einmal an den Anschlag brächten, so Salathé. 1000 Corona-Fälle seien heute aber anders zu werten als noch vor einem Jahr.
Der Epidemiologe sagt ausserdem, dass ihm die gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie inzwischen ebenso viele Sorgen bereiteten wie die gesundheitlichen. Freundschaften gingen in die Brüche, Familien stritten sich und politisch werde das Klima immer giftiger. Leider scheine es im Moment viel schwieriger zu sein als sonst, nach einer Diskussion einfach tief durchzuatmen und sich wieder zu vertragen. Diese Entwicklung sei extrem gefährlich. «Die Leute trauen sich ja kaum mehr, über die Impfung zu diskutieren!»
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BAG-Infoline Covid-19-Impfung, Tel. 058 377 88 92
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Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige
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Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
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