Kleider-Riese – «Das ist sexualisierte Gewalt» – Kritik an Zara wegen Kindermodel-Posen

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Kleider-Riese«Das ist sexualisierte Gewalt» – Kritik an Zara wegen Kindermodel-Posen

Zara löste mit seiner aktuellen Kampagne einen Shitstorm aus. Der Kleider-Riese zeigt Kinder in Yoga-Posen. Das geht vielen zu weit.

Zara zeigt in Social-Media-Kampagnen und im Onlineshop Bilder, auf denen Kinder mit engen Kleidern und offenem Schritt zu sehen sind.
Die Linkedin-Userin Verena Arps-Roelle empörte sich in einem Post darüber und verlangte eine Antwort des Unternehmens.
Darauf bekam sie viel Zuspruch von der Online-Community, aber auch Kritik fürs Weiterverbreiten der Bilder. Andere fanden, sie sei zu sensibel.
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Zara zeigt in Social-Media-Kampagnen und im Onlineshop Bilder, auf denen Kinder mit engen Kleidern und offenem Schritt zu sehen sind.

Screenshot Linkedin.com

Darum gehts

  • Userinnen und User regen sich über Werbung von Zara mit Kindern auf.

  • Sie stören sich an Bildern, auf denen Kinder in engen Kleidern mit offenem Schritt zu sehen sind.

  • Die Stiftung Kinderschutz spricht von sexualisierter Gewalt.

  • Nun hat Zara ein Bild angepasst.

Der Kleider-Riese Zara zeigt in seiner aktuellen Kampagne in sozialen Medien und im Onlineshop Kinder mit Leggings in Yoga-Posen. Das geht vielen zu weit. «Als ich die Posen auf diesen Fotos gesehen habe, hat sich in mir alles umgedreht», schreibt Verena Arps-Roelle im Business-Netzwerk Linkedin.

Als erfahrene Kreativdirektorin und Mutter sei sie entsetzt über die unangemessenen Bilder, sagt sie zu 20 Minuten. «Der Fokus auf den offenen Schritt, die enge Kleidung und die Körperhaltung sind schon bei erwachsenen Models schwierig, aber bei Kindern sind sie ein No-go», sagt Arps-Roelle. Sie sieht eine grosse Missbrauchsgefahr, etwa mit sogenannten Deepfakes, wo Künstliche Intelligenz die Bilder verändert.

User kritisieren Weiterverbreitung der Werbung

Ihr Post erhielt Hunderte Kommentare. Die meisten Userinnen und User stimmten ihr zu, doch einige meinten, sie reagiere als Mutter zu sensibel, andere kritisierten die Weiterverbreitung der Bilder. «Ein konstruktiver Dialog war nicht möglich», sagt sie.

Nach schlaflosen Nächten durch die persönlichen Angriffe habe sie den Post gelöscht. Kurze Zeit später meldete sie sich aber mit einem zweiten Post, weil sie «dringenden Handlungsbedarf» sieht. Diesmal postete sie die Bilder mit unkenntlich gemachten Gesichtern. «Dieser Missbrauch junger Mädchen ist allgegenwärtig – in den sozialen Medien, in Spielzeug, in der Mode und in der Werbung», sagt Arps-Roelle.

Zara passt Bild so an, dass der Blick in den Schritt nicht mehr möglich ist

Zara habe über 40 solcher Bilder. Doch der Zara-Mutterkonzern Inditex melde sich auch auf mehrere Anfragen nicht. Auch eine Anfrage von 20 Minuten blieb unbeantwortet. Mittlerweile hat Zara aber zumindest ein Bild verändert (siehe Bildergalerie oben). «Zara und Zara Kids lesen anscheinend mit. Ein Bild wurde so angeschnitten, dass der Blick in den Schritt nicht mehr möglich ist», sagt Arps-Roelle.

Auch auf Instagram zeigen sich User und Userinnen schockiert über die Bilder und fordern Zara auf, diese zu löschen. «Nein zu Zara, dass ihr dieses Bild gepostet habt, um Geld zu verdienen», schreibt Userin «Milstett». Sie kritisiert auch die Eltern der Kindermodels, dass sie ihre Töchter so abbilden lassen.

«Das ist sexualisierte Gewalt»

Bei der Stiftung Kinderschutz Schweiz teilt man die Meinung der Userinnen und User. «Solche Bilder, egal in welchem Kontext, sind ein No-go. Das ist sexualisierte Gewalt und birgt eine grosse Gefahr», sagt Sprecherin und Geschäftsleitungsmitglied Tamara Parham.

Auch vermeintlich harmlose Bilder könnten falschen Personen in die Finger geraten. «Auf pädokriminellen Plattformen gibt es auch Rubriken, die angezogene Kinder in Alltagssituationen zeigen. Die Kommentare unter diesen Bildern sind schlicht abscheulich», so Parham. Dazu komme das Thema Mobbing.

Zara fehlt die Sensibilität für Kinderschutz

Sie geht davon aus, dass es bei Zara zu wenig Sensibilität für das Thema gibt. Auch viele Kinder und deren Eltern könnten sich die Reichweite einer solchen Kampagne nicht vorstellen. «Eltern können nicht bloss danach gehen, was sie selbst für unbedenklich halten», sagt Parham.

Tendenziell gebe es in Werbungen aber immer weniger sexualisierte Darstellungen, da mehr Sensibilisierungsarbeit geleistet werde. Die Stiftung will «Kinderfotos im Netz» dann auch in der kommenden Woche zum Hauptthema machen, um am 20. November auf den Tag der Kinderrechte aufmerksam zu machen.

Marketingexperten sehens gelassen

Nicht schlimm findet die Darstellungen hingegen der Star-Werber Frank Bodin. «In der heutigen Empörungswelt stört sich immer jemand an einem Detail, aber Werbung muss auch auffallen. Etwas mehr Entspanntheit würde uns allen guttun», sagt er auf Anfrage.

Auch Marketingdozentin Zoé Waldenmeyer von der Berner Fachhochschule findet nicht, dass man bei den Fotos einen Missbrauch unterstellen kann. «Bauchfreie Sportkleidung ist vielleicht nicht unbedingt das, wie man die Kinder zeigen sollte – aber richtig fragwürdig, geschweige denn sexistisch finde ich das nicht», so Waldenmeyer.

Recht am eigenen Bild

Jeder Mensch hat das Recht am eigenen Bild. Das bedeutet, dass jeder selbst darüber bestimmen darf, ob überhaupt und in welchem Zusammenhang Bilder, Fotos und Videos von einem veröffentlicht werden. Aus diesem Grund dürfen Fotos grundsätzlich nur dann veröffentlicht werden, wenn die darauf abgebildeten Personen ihr Einverständnis zuvor gegeben haben. Das gilt auch für Kinder, wenn sie urteilsfähig sind. Ab welchem Alter ein Mensch als urteilsfähig gilt, ist jedoch nicht definiert. Im Zweifelsfall sind bei der Beschaffung und insbesondere bei der Veröffentlichung einer Abbildung immer die Eltern bzw. die Erziehungsberechtigten um Erlaubnis zu bitten. (Quelle: Stiftung Kinderschutz Schweiz)

Bist du minderjährig und von sexualisierter Gewalt betroffen? Oder kennst du ein Kind, das sexualisierte Gewalt erlebt?

Hier findest du Hilfe:

Polizei nach Kanton

Kokon, Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene

Castagna, Beratungsstelle bei sexueller Gewalt im Kindes- und Jugendalter

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

Bist du selbst pädophil und möchtest nicht straffällig werden? Hilfe erhältst du bei Forio und bei den UPK Basel.

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