Virtuelles MassakerAmoklauf im Radiostudio sorgt für Empörung
Ein SRF-Moderator stellt ein Video ins Netz, welches seinen Kollegen Knackeboul beim blutigen Amoklauf im Radiostudio zeigt. Beim SRF ist man empört und entschuldigt sich.
Ein DRS3-Mitarbeiter produzierte ein Video, welches einen Amok-Lauf im Studio des SRF-Senders «Virus» zeigt. Das Video ist von 20 Minuten Online bearbeitet worden. (Quelle: Vimeo)
Die Bilder sind verschwommen, im Hintergrund läuft der Mash-Hit «Ewigi Liebi». Moderator Knackeboul betritt den SRF-Sitz in Zürich. Im Gesicht ein entschlossener Ausdruck, in der Hand eine Pistole. Er betritt das Studio von «Virus» – um dort gezielt Menschen zu erschiessen. Die Opfer sind SRF-Mitarbeiter, unter ihnen Hitparadenmoderator Nik Thomi und «Jeder Rappen zählt»-Aushängeschild Anic Lautenschlager. Zum Schluss bedroht Knackeboul Moderator Robin Rehmann und droht, wenn noch einmal «Ewigi Liebi» gespielt werde, komme er zurück.
Das Video ist hervorragend produziert – und ausgesprochen explizit. Der Macher ist Sascha Rossier, auch bekannt als Rapper Lügner, welcher in der SRF-Musikredaktion und als DRS-3-Moderator arbeitet. Ausgerechnet am Montag, dem 16. April hat er es auf seinem Facebook-Account geteilt – an dem Tag, als der Prozess gegen den mutmasslichen Massenmörder Anders Breivik startete.
«Mitarbeitende als Akteure inakzeptabel»
Von 20 Minuten Online auf den Clip angesprochen, fällt man beim SRF aus allen Wolken: «SRF entschuldigt und distanziert sich in aller Form von dem geschmacklosen Videoclip», so Mediensprechen Marco Meroni. «Der Clip entstand vor etwa zwei Jahren als private Aktion in Zusammenhang mit einer externen Ausbildung des betreffenden Mitarbeiters und war nicht zur Veröffentlichung gedacht. Der Dreh fand ausserhalb der Arbeitszeit statt. Dennoch ist die Wahl des ‹Virus›-Studios als Location und die Tatsache, dass Radio-Mitarbeitende als Akteure mitspielten, inakzeptabel. Der Clip wurde gelöscht und die entsprechenden Mitarbeiter werden für die Produktion und die Veröffentlichung des Clips die Verantwortung übernehmen.»
Dies macht Rossier: «Den Clip habe ich im Rahmen meiner VisualFX-Ausbildung geschraubt. Die Aufgabe lautete, eine Schiesserei zu inszenieren. Bei nüchterner Betrachtung ist die Wahl meiner Geschichte sehr unglücklich, und dafür entschuldige ich mich.» Doch warum machte er das Video ausgerechnet am ersten Prozesstag von Breivik öffentlich? «Völlige geistige Umnachtung. Aus meiner Sicht war das Ding ja schon uralt und steht in keinem Zusammenhang mit Breivik oder anderen echten Begebenheiten. Und schon gar nicht war es meine Absicht, jemanden damit zu verletzten oder zu kränken. Falls das dennoch passiert sein sollte, entschuldige ich mich dafür in aller Form», so Rossier. Er nimmt sich vor: «Ich werde in Zukunft den Zuerst-Denken-dann-Posten-Style praktizieren.»
Mash-Sänger Patrik Bernhard, dessen Song «Ewigi Liebe» für den virtuellen Amoklauf verantwortlich ist, wollte sich gegenüber 20 Minuten Online nicht dazu äussern und meinte nur: «Kein Kommentar».