Amstutz will Referendum zum Bankgeheimnis

Aktualisiert

Initiative aus ZürichAmstutz will Referendum zum Bankgeheimnis

Die Zürcher SVP will das Bankgeheimnis für Schweizer in der Verfassung verankern. Fraktionschef Adrian Amstutz plant hingegen ein Referendum. Alles nur leere Drohungen wie bei den Steuerabkommen?

Simon Hehli
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Simon Hehli
SVP-Fraktions-Chef Adrian Amstutz droht mit dem Referendum für den Fall, dass der Bundesrat das Bankgeheimnis auch im Inland aufweichen will.

SVP-Fraktions-Chef Adrian Amstutz droht mit dem Referendum für den Fall, dass der Bundesrat das Bankgeheimnis auch im Inland aufweichen will.

Das Bankgeheimnis für ausländische Kunden von UBS und Co. ist praktisch Geschichte. Nun verlagert sich der Kampf ins Inland. Bisher müssen die Banken den kantonalen Steuerämtern nur bei Verdacht auf Steuerbetrug Daten ihrer einheimischen Kunden liefern. Das will eine breite Koalition von Mitte-rechts bis links ändern, angeführt von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (siehe Box).

Die Kantone wollen beim Eintreiben der Steuern gleich lange Spiesse wie die deutschen oder italienischen Behörden. Selbst UBS-Konzernchef Sergio Ermotti erklärt, es wäre ein Witz, das Bankgeheimnis für den Rest der Welt aufzuheben, für die Schweiz aber nicht.

Lieber Referendum als Initiative

Praktisch nur noch die SVP hält am Schutzschild für Kontobesitzer fest. Wie der «Tages-Anzeiger» am Donnerstag berichtet, will die Zürcher Sektion der Rechtspartei eine nationale Volksinitiative lancieren, um das Bankgeheimnis im Inland präventiv in der Verfassung zu verankern. Federführend ist dabei Thomas Matter. Die Zürcher SVP-Delegierten sollen bis März 2013 über die Lancierung entscheiden, erklärt der Banker. Er hofft auf Unterstützung durch die nationale Partei.

Doch dort zeigt man sich zurückhaltend. Bundeshaus-Fraktionschef Adrian Amstutz sagt, es gelte abzuwarten, was Bundesrat und Parlament entscheiden. «Wird die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung im Inland mit einer Gesetzesänderung beschlossen, wird die SVP ohne Zweifel das Referendum ergreifen.» Auch Parteipräsident Toni Brunner hat bereits ein Referendum angekündigt. Ob die SVP-Führung eine Volksinitiative trotzdem für nötig hält, wird sich weisen.

«Bürger unter Generalverdacht»

In der Sache gehen die SVP-Bosse mit Matter einig. Amstutz spricht von einer Neidkultur, die in Bundesbern derzeit die Oberhand habe. Der Bundesrat redet zwar davon, bei schwerer Hinterziehung tätig werden zu wollen. Doch Amstutz hält das für «Salamitaktik»: Klares Endziel sei, alle Bürger über einen Leisten zu schlagen. «Alle in diesem Land werden so früher oder später unter Generalverdacht gestellt und selbst Bagatell-Fälle werden kriminalisiert – etwa wenn ein Angestellter vergisst, eine kleine Nebeneinkunft anzugeben.»

Die Chancen in einer allfälligen Referendums-Abstimmung hält Amstutz für gut: «Die Entwicklung hin zum gläsernen Bürger im Überwachungsstaat wird das Volk nicht zulassen.» Eine repräsentative Umfrage der «SonntagsZeitung» vom Juli zeigt aber ein anderes Bild: Knapp 60 Prozent sprachen sich dafür aus, das Bankgeheimnis bei Verdacht auf Steuerhinterziehung aufzuheben – selbst unter den SVP-Anhängern sind 40 Prozent dieser Meinung. Lediglich 37,7 Prozent aller Befragten wollen den Status quo beibehalten.

Bisher nur leere Drohungen der SVP

Ob die SVP ihre Referendums-Drohung wirklich umsetzt, wird sich zeigen. Als die Lega dei Ticinesi 2009 eine Initiative lancierte, um das Bankgeheimnis generell in der Verfassung festzuschreiben, halfen nur AUNS und Junge SVP mit. Deren Mutterpartei liess die Lega, mit der sie im Nationalrat eine Fraktionsgemeinschaft bildet, im Stich. Die Tessiner Initianten scheiterten deutlich an der 100 000-Unterschriften-Hürde.

Auch in Bezug auf die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), mit denen Parlament und Bundesrat das Bankgeheimnis für Ausländer aushöhlten, beliess es die SVP bei hohlen Phrasen. In einer Rede im Februar 2010 kündigte Partei-Vordenker Christoph Blocher Totalopposition gegen die DBA an: «Die SVP wird das Referendum ergreifen – so sicher wie das Amen in der Kirche.» Bisher sind 27 DBA in Kraft. In keinem Fall machte die SVP Blochers Drohung wahr.

Nicht einmal das – letztlich gescheiterte – Referendum gegen die Steuerabkommen mit Deutschland, Grossbritannien und Österreich unterstützte die SVP – zum Entsetzen von Bündnispartner AUNS. Gegenüber «Tages-Anzeiger.ch» schimpfte deren Geschäftsführer Werner Gartenmann, die SVP habe gekuscht «vor lauter Angst vor den Abstimmungsmillionen der Grossbanken».

Wann ist es Hinterziehung und wann Betrug?

Die Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug ist eine Schweizer Spezialität. Bei der Hinterziehung «vergisst» ein Bürger, etwas zu deklarieren. Etwa, indem er eine Nebeneinkunft nicht angibt. Steuerbetrug hingegen liegt dann vor, wenn jemand bewusst Dokumente fälscht, etwa den Lohnausweis oder Geschäftsbücher. Hinterziehung gilt nur als Gesetzesübertretung, der Betrug hingegen als Straftat. Diese juristische Unterscheidung soll laut dem Präsidenten der Finanzdirektoren-Konferenz, Peter Wanner (FDP), beibehalten werden. Was sich nach dem Willen von Wanner und Finanzministerin Widmer-Schlumpf ändern soll, ist die Offenlegungspflicht der Banken: Sie müssten künftig auch bei Verdacht auf schwere Hinterziehung Kundendaten herausgeben. (hhs)

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