Ana Paula wurde erwürgt und «entsorgt»

Aktualisiert

Mörder wurde nie gefasstAna Paula wurde erwürgt und «entsorgt»

Die Leiche der Prostituierten Ana Paula wurde im September 2006 im Allschwiler Wald gefunden. Bis heute hoffen die Ermittler auf Kommissar Zufall oder eine neue heisse Spur.

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Eine Joggerin fand die Leiche von Ana Paula am frühen Samstagmorgen des 2. Septembers 2006 nackt in einem Waldstück bei Allschwil BL.
Aufgrund des Spurenbildes wurde sofort ein Kapitalverbrechen vermutet.
«Das war auch ein Basler Fall», sagt Markus Melzl, ehemaliger Sprecher der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt. «Man vermutete, dass ein Freier sie bei der Claramatte aufgenommen hatte. Es sah so aus, als hätte der Täter sie einfach aus dem Auto geworfen. Entsorgt, sozusagen.»
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Eine Joggerin fand die Leiche von Ana Paula am frühen Samstagmorgen des 2. Septembers 2006 nackt in einem Waldstück bei Allschwil BL.

Polizeifoto

Eine Joggerin fand die Leiche der unter dem Szenenamen Ana Paula bekannten Prostituierten am frühen Samstagmorgen des 2. Septembers 2006 nackt in einem Waldstück bei Allschwil BL. Aufgrund des Spurenbilds wurde laut ersten Informationen der Polizei Basel-Landschaft sofort ein Kapitalverbrechen vermutet.

Markus Melzl, damaliger Sprecher der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, erinnert sich gut: «Das war auch ein Basler Fall. Man vermutete, dass ein Freier sie bei der Claramatte aufgenommen hatte.» Wo die Tötung stattgefunden habe, wisse man nicht, vermutlich im Auto. «Es sah so aus, als hätte der Täter sie einfach aus dem Auto geworfen. Entsorgt sozusagen», sagt er.

Bei der Obduktion der Leiche sei eine Gewalteinwirkung im Bereich des Halses festgestellt worden, hiess es. Hinweise auf ein Sexualverbrechen gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. Umgehend setzte die Polizei Basel-Landschaft eine 20-köpfige Sonderkommission ein. «Am Anfang geht man natürlich mit möglichst grosser Manpower an die Sache ran», sagt Melzl.

Soko arbeitet strukturiert

In der Sonderkommission arbeiteten auch Fahnder aus Basel-Stadt mit. «Ana Paula war seit Jahren unserem Fahndungsdienst bekannt», sagt Melzl. Eine Soko arbeite sehr strukturiert: «Der Verfahrensleiter vergibt Aufträge, die bis zur nächsten Sitzung ermittelt werden müssen. Ein Mitarbeiter sorgt für eine Aktenordnung. Dadurch werden Widersprüche erkennbar. Und so entstehen auch die nächsten Ermittlungsaufträge.»

Am nächsten Tag informierte die Baselbieter Polizei: Die Getötete sei bekannt als 31-jährige Brasilianerin, die seit zehn Jahren in der Schweiz gelebt und das Schweizer Bürgerrecht gehabt habe. Wohnhaft sei Ana Paula in Basel gewesen, aber ohne festen Wohnsitz. Per Steckbrief wurden im Kleinbasel Zeugen gesucht. Obwohl vom Ereignis eingeschüchtert, hätten viele Prostituierte kooperiert: Gefahndet wurde nach einem Mann mit DJ-Ötzi-Bärtchen, der einen grossen weissen Hund bei sich gehabt habe. Und nach einem roten Auto.

Medien berichteten aus dem Milieu

Die Medien recherchierten im Umfeld der Getöteten. Laut «SonntagsBlick »sei Ana Paula schizophren und kokainsüchtig gewesen. Sie habe bei einem Bekannten im Kleinbasel an der Haltingerstrasse 4 gelebt. Auch in der letzten Nacht ihres Lebens sei sie dort ein und aus gegangen. Am Abend vor der Tat habe sie noch auf der Claramatte angeschafft. Gegen 5 Uhr morgens habe sie das letzte Mal die Wohnung verlassen. Drei Stunden später sei sie von der Joggerin im Wald gefunden worden.

Ausserdem: Ana Paula soll zwei Kinder in der Schweiz gehabt haben. Sie soll auch zwei Kinder in Brasilien gehabt haben. Die «Basler Zeitung» schrieb, ihr Schweizer Ehemann, dem sie als junge Frau in die Schweiz gefolgt gewesen sei, stamme aus einer gutbürgerlichen Familie. Ana Paula habe dort regelmässig nach Geld gefragt. Ihre Leiche sei nach Brasilien überstellt worden.

Verfahren noch offen

Am 11. September 2006 richtete sich die Polizei Basel-Landschaft erneut an die Öffentlichkeit mit einer Belohnung von 5000 Franken für den entscheidenden Hinweis. Ana Paula sei letztmals am Morgen des 2. Septembers 2006 zwischen 5 und 6 Uhr vor dem Haus an der Haltingerstrasse 4 im Kleinbasel gesehen worden. Die Belohnung wird auch noch heute ausgestellt.

Es gingen weit über 100 Hinweise bei der Polizei ein. Keiner brachte den erhofften Durchbruch. «Irgendwann ist der Lappen ausgerungen. Man startet noch einmal einen Presseaufruf. Aber nach und nach widmen sich die Detektive wieder ihren ordentlichen Aufgaben.» So auch im Fall Ana Paula. Bis heute ist das Verfahren bei der Baselbieter Staatsanwaltschaft hängig, weshalb die Behörde zum Fall keine Auskünfte erteilt.

Immerhin: Am Tatort konnte DNA sichergestellt werden. Diese konnte aber keiner Person zugeordnet werden. Ein Tötungsdelikt verjährt nach 20 Jahren. «Es sei denn, das offene Verfahren wird dank eines verfahrensrelevanten Hinweises wieder aufgenommen», so Melzl.

Serie: Ungelöste Verbrechen aus der Region Basel

Teil 1: Ungelöst und verjährt – Wo ist der Fünffachmörder von Seewen?

Teil 2: Verschollene Jacqueline Heizmann – «Wir haben die Hoffnung mittlerweile aufgegeben»

Teil 3: Mörder wurde nie gefasst – Ana Paula wurde erwürgt und «entsorgt»

Teil 4: Ungelöst und verjährt – Neue Erkenntnisse zum Fünffachmord von Seewen

Teil 5: Ungelöste Mordfälle – Schnappt bei Ana Paulas Mörder die DNA-Falle zu?

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