Angriff auf Israel«Iran oder Russland als Drahtzieher? Das sind Schnellschüsse»
Stehen Russland oder der Iran hinter den Hamas-Terroranschlägen gegen Israel? «Sehr unwahrscheinlich», sagt Roland Popp von der Militärakademie MILAK an der ETH Zürich.

Irans Präsident Ebrahim Raisi (l.) und der Oberbefehlshaber der iranischen Revolutionsgarde, Hossein Salami, während einer Militärparade in Teheran am 22. September 2023.
AFPDarum gehts
Die Anschläge der Hamas sind die schwersten Angriffe in der Geschichte Israels.
Plante und handelte die palästinensische Terrororganisation dabei allein?
Nicht wenige sehen den Iran oder Russland als mögliche Drahtzieher hinter den beispiellosen Attacken.
Sicherheitsexperte Roland Popp hält dies indes für unwahrscheinlich.
«Das sind Schnellschüsse, vor denen man sich hüten sollte», so der Militärhistoriker der Militärakademie MILAK an der ETH Zürich.
Herr Popp. Manche sehen Iran hinter den Terroranschlägen und befürchten einen grossen Krieg zwischen den USA und dem Iran. Was halten Sie davon?
Ja, derlei habe ich in den sozialen Medien auch gelesen: dass der Anschlag der Hamas als Einstieg in den grossen regionalen Konflikt gesehen wird, in den am Ende sogar noch die USA oder Russland hineingezogen werden könnten. Doch das erscheint mir sehr unwahrscheinlich.
Wieso – immerhin erscheint die Lage brisanter als je zuvor?
Es gab immer wieder Ereignisse, die fast zum grossen Konflikt zwischen den USA und dem Iran geführt haben. Etwa die Tötung des iranischen Generals Qasem Soleimani und danach der iranische Beschuss von US-Stützpunkten im Irak. Wären da US-Soldaten ums Leben gekommen, wäre der grosse Krieg wohl unausweichlich gewesen. Wir hatten damals sehr viel Glück. Dennoch: Die jüngsten Ereignisse spielen in Palästina, wo der Iran eine untergeordnete Rolle spielt.
Und doch gilt der Iran als der grösste Finanzierer der Hamas.
Der Iran spielt bei der Unterstützung der Hamas durchaus eine Rolle – so wie auch andere Mächte in der Region, insbesondere Katar und die Türkei, die historisch zu den Hauptgeldgebern der Hamas gehören. Doch man darf nicht den Fehler machen zu glauben, Iran ziehe im Hintergrund die Strippen und die Hamas sei quasi eine Marionette. Das geht an den Realitäten weit vorbei. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Operation massgeblich von der Hamas geplant und nicht mit Verbündeten und Partnern im Ausland koordiniert wurde.
Wieso gehen Sie davon aus?
Ganz einfach: aus Gründen der operativen Sicherheit. Die Anschlagspläne mussten absolut geheim gehalten werden, zumal das Überraschungselement entscheidend war für den «Erfolg» der Hamas. Die Hamas muss das über einen sehr langen Zeitraum geplant haben, darauf deutet vieles hin – vor allem die enge Abstimmung der militärischen Operationen mit psychologischer Kriegführung und Informationskrieg.
Sehen Sie Moskau in irgendeiner Weise involviert?
Nein, das kann ich mir absolut nicht vorstellen. Was würde das Russland nützen? Die israelische Politik ist im Ukraine-Konflikt weit weniger anti-russisch eingestellt als etwa die europäische. Derzeit wird Russland gern für alle Konflikte auf der Welt verantwortlich gemacht, vom Kaukasus bis nach Ostasien, weil Moskau den Westen möglichst überall herausfordern wolle. Das erscheint mir wie ein Zerrbild der absurden Vorstellungen aus der Frühphase des Kalten Krieges, wo man hinter jedem Brandherd den internationalen Kommunismus vermutete. Das sind Schnellschüsse, vor denen man sich hüten sollte.
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