Hooligan Prozess«Zahnschutz ist der Beweis, dass er unter Zürchern in Basel war»
Zürcher und Karlsruher Hooligans haben im Mai 2018 gemeinsam die Basler Muttenzerkurve überfallen. Vier der zwölf Angeklagten standen diese Woche am Berufungsgericht.
Zürcher Hooligans werden von Basler Ultras am 19. Mai 2018 in der Redingstrasse zurückgedrängt. (Video: Leser-Reporter)
Darum gehts
Am 19. Mai 2018 kam es nach einem Spiel des FC Basel zu einer Massenschlägerei.
Rund 40 Personen aus Zürich und Karlsruhe griffen die FCB-Fans an.
Zwölf Männer mussten sich 2020 vor Gericht verantworten.
Drei von ihnen erhielten Gefängnisstrafen, andere kamen mit Geldstrafen davon. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein, der Prozess wird neu aufgerollt.
Zehn Zürcher und zwei Karlsruher Hooligans mussten sich im Februar 2020 vor dem Basler Strafgericht verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, nach dem Spiel zwischen Basel und Luzern eine wüste Strassenschlacht im Nachgang zum Saisonabschluss im Mai 2018 angezettelt zu haben.
«Teils ausgerüstet mit Quarzhandschuhen, Zahnschutz, Bandagen zum Eigenschutz und Sturmmasken bewegte sich der vor Hass strotzende und auf Revanche für vergangene Auseinandersetzungen pochende Mob in Richtung Eventplattform», heisst es damals in der Anklage. Drei von ihnen erhielten Gefängnisstrafen, andere kamen mit bedingtem Vollzug oder Geldstrafen davon.
Nach dem Urteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein und forderte ein höheres Strafmass. Am Montag waren vier der Beschuldigten Teil des Berufungsprozesses am Appellationsgericht in Basel. Es sind zwei Zürcher, ein Deutscher und ein Basler, zwischen 29 und 37, Familienväter, nicht mehr Teil der Hooligan-Szene, «scheinbar geläutert».
Leser filmten die Strassenschlacht zwischen den Basler und Zürcher Hooligans am 19. Mai 2018. (Video: Leser-Reporter)
Nach den Plädoyers vom Montag erfolgte am Dienstag das Urteil. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wurde in drei Fällen abgelehnt. Es bleibt für den Deutschen und den einen Zürcher Ex-Hooligan bei bedingten Freiheitsstrafen. Der 37-jährige Zürcher wird zu acht Monaten bei zwei Jahren Probezeit und der 29-jährige Deutsche zu siebzehn Monaten verurteilt. Beim zweiten Zürcher, einem 28-Jährigen, bleibt es bei einer Geldstrafe. Der Basler Beteiligte und damalige Mitglied der Ultras wurde erneut freigesprochen. Ihm muss zudem eine Haftentschädigung gezahlt werden.
Dass die Brutalität, mit der an diesem Abend auf Basler Fans losgegangen wurde, schockierend sei, das betonte die Richterin mehrmals: «Wer sich mit Zahnschutz wappnet, um die Basler zu jagen, ist kein Mitläufer.» Man sei äusserst brutal und rücksichtslos vorgegangen. Über den einen Ex-Hooligan sagt die Richterin: «Die Bilder auf den Videos sind verstörend, man traut ihm eine solche Handlung fast nicht zu, aber das Video spricht eine klare Sprache.»
Nach Basel gekommen, um zu prügeln
An der Urteilsverkündung vom Dienstag wurde zudem die Aussage des 28-jährigen Zürchers besprochen, in der er behauptete, dass er an diesem Abend nicht in Basel gewesen sein soll. Brisant: Sein Zahnschutz wurde aber in einer der Kampfzonen gefunden. Die Aussage, dass er den Zahnschutz ausgeliehen habe, sei eine reine Schutzbehauptung, sagt die Richterin: «Auf dem grün-schwarzen Zahnschutz in der Kampfzone von Phase 2 seien DNA-Spuren gefunden worden, die mit überwältigender Sicherheit mit ihm übereinstimmen.»
Auch die Behauptung des Zürchers, er habe den Zahnschutz jemandem ausgeliehen, entkräftete das Gericht. «So etwas Billiges auszuleihen, das macht keinen Sinn», sagt die Richterin. «Für das Gericht ist der Zahnschutz der Beweis, dass er unter den Zürchern in Basel gewesen ist», sagt die Richterin.
Der Deutsche habe sich am Montag reuig gezeigt, heisst es bei Prime News. «Ich war jung, unerfahren, habe mich da mitziehen lassen», sagt der Deutsche laut Prime News vor Gericht. Ein Mitläufer sei er gewesen, «kein Anführer». «Ich war überfordert von der Dynamik und habe nicht mit solch einem Ausmass gerechnet», habe er gesagt.
Einer der drei äusserte sich dazu, wieso man an diesem Abend nach Basel kam. «Es war eine Saisonabschlussfeier. Sie sind alle gezielt nach Basel gekommen, um die Basler zu verprügeln», wird die Gerichtspräsidentin von Prime News zitiert.
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