Appenzell AusserrhodenRamadan-Fastende bitten um Pausenverschiebung – Chef lehnt ab
Ein News-Scout ist empört, weil ein Chef seinen fastenden Mitarbeitenden die Verschiebung der Pause verwehrt. Sie appelliert an die Menschlichkeit, der Chef wiederum verweist auf die Betriebsordnung.
Darum gehts
Mitarbeitende eines Schichtbetriebs in Appenzell Ausserrhoden wollten ihre abendliche grosse Pause wegen des Fastenmonats «Ramadan» um eine halbe Stunde verschieben.
Der Chef lehnte dies ab. Sonst müsse er alle religiösen Bedürfnisse beachten und das führe zu einem Durcheinander, sagt er zu 20 Minuten.
Die Arbeitnehmenden-Organisation «Angestellte Schweiz» erklärt, wie sich Arbeitgeber in einem solchen Fall verhalten sollten.
Es ist Ramadan. Während dieses 30-tägigen Brauchs fasten gläubige Muslime von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Trotzdem gehen sie weiterhin ihrer Arbeit nach – so auch Mitarbeitende eines Schichtbetriebs in Appenzell Ausserrhoden. Ihre Abendschicht dauert bis 22 Uhr, und ihre reguläre Pause ist von 18 bis 18.30 Uhr festgelegt. In Appenzell Ausserrhoden setzt derzeit der Sonnenuntergang ungefähr um 18:35 Uhr ein, also fünf Minuten nach Ende ihrer Pause.
«Betroffene müssen mitansehen, wie ihre Kollegen essen und trinken»
Entsprechend haben die Fastenden ihren Chef um eine halbstündige Verschiebung ihrer Pause gebeten, damit sie dann essen und trinken können. «Trotz dieses Anliegens lehnte der Chef ihren Antrag ab. Nun müssen die betroffenen Mitarbeiter während der regulären Pausenzeit mitansehen, wie ihre Kollegen essen und trinken, ohne selbst etwas konsumieren zu können», schreibt M.* in einer Nachricht an 20 Minuten.
M. selbst arbeitet nicht in der Ausserrhodischen Firma, hat aber direkten Kontakt zu einigen der betroffenen Angestellten. «Klar muss man nicht alles auf den Kopf stellen. Aber es ist auch eine Frage der Menschlichkeit, den Bedürfnissen Einzelner entgegenzukommen. Schliesslich ist ein Arbeitsverhältnis auch ein gegenseitiges Geben und Nehmen», sagt M. im Gespräch. Auf Anfrage von 20 Minuten wollten sich die betroffenen Mitarbeitenden nicht direkt äussern.
«Die Pausenzeit ist in den Verträgen festgehalten»
Der Betriebsleiter* betont auf Anfrage von 20 Minuten gleich zu Beginn: «Alle Mitarbeiter haben Verträge, in denen sowohl die Arbeitszeit als auch die Pause von 18 bis 18.30 Uhr festgelegt sind. Dem haben sie mit ihrer Unterschrift zugestimmt.» Der merklich aufgebrachte Betriebsleiter möchte an dieser Stelle das Gespräch eigentlich wieder abbrechen, fügt aber hinzu: «Wir haben auch andere Religionen hier. Wenn ich jedem Wunsch nachgeben würde, gäbe es ein riesiges Durcheinander.»
Der Chef stellt zuletzt noch klar, dass er seine Mitarbeitenden äusserst gerecht behandle: «Mehr als die Hälfte meiner Angestellten haben keine Ausbildung. Ich habe sie geschult und zahle ihnen faire Löhne.»
«Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden sind ernst zu nehmen»
Dennoch hat der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht und muss auf die religiösen Bedürfnisse der Mitarbeitenden Rücksicht nehmen. «Zumindest soweit, als dies mit dem betrieblichen Ablauf vereinbar ist», schreibt die Arbeitnehmenden-Organisation «Angestellte Schweiz» auf Anfrage von 20 Minuten. Der Ramadan sei zudem noch besonders, als dass die Achtung der religiösen Bedürfnisse auch gewissermassen aus der Pflicht zum Gesundheitsschutz fliesse.
«Angestellte Schweiz» empfiehlt in einem solchen Fall, ernsthaft auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden einzugehen und gegebenenfalls transparent aufzuzeigen, was dagegen spricht. «Lediglich darauf verweisen, dass man ‹nicht auf jeden Wunsch› eingehen kann, genügt nicht», so die Arbeitnehmenden-Organisation.
*Name der Redaktion bekannt
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