Experte zu Dating-Buttons«Apps bieten nur oberflächlichen Zugang zum Gegenüber»
Mit Buttons will eine Luzernerin Dating für Singles vereinfachen. Ein Experte glaubt, dass das funktionieren kann – und sagt, warum uns Dating schwerfallen kann.
Darum gehts
Stephanie Boo, Jugendarbeiterin und Studentin an der HSLU, will mit Buttons Singles zusammenbringen. Das Projekt stiess bei der 20 Minuten-Community auf positive Resonanz.
Laut Psychotherapeut Thomas Spielmann ist es ein globales Problem der Digitalisierung, dass junge Menschen zunehmend nicht mehr darin geübt sind, warmherzige Beziehungen zu schmieden.
Auch die Coronavirus-Pandemie und Shutdowns haben dazu beigetragen. Darunter leiden auch ältere Personen.
Die Luzernerin Stephanie Boo will mit Buttons Singles zusammenführen und damit eine Alternative gegenüber Dating-Apps anbieten, aber auch das Dating nach dem Shutdown wieder in Schwung bringen. Ein Projekt, dass in der Community auf sehr positive Resonanz gestossen ist. So meint zum Beispiel der User «Leser» zum Projekt: «Top! So kommen die Mimik, das Verhalten usw., der ganze Mensch einfach wieder besser zur Geltung!» Auch User «Swyzzli65» findet es eine «coole Idee». Sind wir Schweizerinnen und Schweizer denn zu verklemmt für neue Beziehungen? So hört man doch immer wieder die Aussage, wir seien zu verschlossen und für neue Bekanntschaften und Beziehungen nicht offen genug. Erst kürzlich gab es auf Twitter dazu eine rege Diskussion. «Das stimmt nicht und ist die persönliche Wahrnehmung Einzelner», sagt Thomas Spielmann, langjähriger Psychotherapeut.
Im Gegenteil seien die Schweizerinnen und Schweizer sehr begehrt. «Vor 20 Jahren gab es einmal eine Untersuchung in Australien, die aufzeigte, dass bei den Australiern und Australierinnen die Schweizerinnen und Schweizer in der oberen Liga mitspielten, wenn es um mögliche Partner und Partnerinnen geht. So schätzten die Australier und Australierinnen besonders den respektvollen Umgang und die Offenheit der Schweizerinnen und Schweizer», sagt Spielmann. Dass sich das Dating seit dieser Untersuchung in der Schweiz gewandelt hat, bestreitet Spielmann nicht, aber: «Überall auf der Welt, wo die Digitalisierung Einzug ins Leben fand, hat eine gewisse Verarmung der Sinnhaftigkeit stattgefunden», sagt er. «Daher fällt es uns schwieriger, Beziehungen aufzubauen. Wir haben verlernt, unbewusste Gesten und Mimik des Gegenübers zu deuten oder überhaupt wahrzunehmen.»
Corona hat das Problem verschärft
Corona hat laut Spielmann die Situation verschärft. So haben junge Erwachsene unter dem Shutdown besonders gelitten. Diese hatten keine Chance zu üben, wie man eine warmherzige Beziehung aufbaut oder diese auch beendet. «Die jungen Leute unternehmen daher lieber nichts, als etwas Falsches zu machen. Ihnen fehlt häufig die Erfahrung, wie man mit einer Beziehung umgeht», so Spielmann weiter. Der Psychotherapeut betont aber auch, dass auch Ältere, die keinen Partner oder keine Partnerin zur Seite haben, besonders unter fehlenden Körperkontakten während des Shutdowns gelitten haben.
Dating-Apps stehen im Weg
Schliesslich können die Dating-Apps seiner Ansicht nach die fehlende Erfahrung nicht kompensieren, sondern im Gegenteil, stehen solche Apps fürs bessere Kennenlernen häufig im Weg. «Solche Apps bieten nur einen oberflächlichen Zugang zum Gegenüber. So reicht es zum Beispiel, dass man nur eine Nachricht schreibt, um Schluss zu machen, statt dass man sich richtig trifft und das Aus verkündet». Die Digitalisierung hat aber laut Spielmann auch viel Gutes hervorgebracht, jedoch sei gerade diese «Verarmung der Sinnhaftigkeit» eine sehr negative Konsequenz davon. Zum Projekt meint Spielmann: «In Kulturkreisen in Polynesien ist es auch Tradition, dass Frauen sich eine Blüte hinter das Ohr stecken, um so zu signalisieren, ob sie vergeben sind oder nicht. Weshalb sollte dies bei uns nicht auch mit Buttons funktionieren.»
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