Schweizer (26): «Arbeite 200 Prozent in 3 Jobs – mein Arbeitgeber weiss nichts davon»

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Schweizer (26)«Arbeite 200 Prozent in 3 Jobs – mein Arbeitgeber weiss nichts davon»

Ein 26-jähriger Schweizer arbeitet zusätzlich zu seinem Job noch in zwei Gastrobetrieben – aus Spass, wie er sagt. «Ich riskiere jeden Tag, dass es auffliegt», sagt er.

«Insgesamt arbeite ich fast 200 Prozent», sagt der 26-Jährige.
Hauptberuflich arbeite er in einem bekannten Schweizer Unternehmen. 
Sein Arbeitgeber wisse nichts von seinen Nebenjobs: «Ich riskiere jeden Tag, dass es auffliegt. Dann könnte mir die Kündigung drohen.»
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«Insgesamt arbeite ich fast 200 Prozent», sagt der 26-Jährige.

IMAGO/Russian Look

Darum gehts

Wenig Freizeit, kaum Ferien, vor allem arbeiten: Für viele junge Menschen hört sich das nicht nach einer idealen Situation an. Anders sieht das ein 26-jähriger Schweizer*. Er ist Vollzeit bei einem bekannten Schweizer Unternehmen angestellt. Der 26-Jährige möchte zu seinem Schutz, dass 20 Minuten weder den Firmennamen noch die Branche nennt. Zusätzlich ist er im Stundenlohn in zwei Gastrobetrieben beschäftigt. «Insgesamt arbeite ich fast 200 Prozent. Alleine im Juni habe ich rund 330 Stunden gearbeitet, davon etwa 180 für den Hauptarbeitgeber.» Dieser wisse nichts von seinen Nebenjobs: «Ich riskiere jeden Tag, dass es auffliegt. Dann könnte mir die Kündigung drohen.»

Dem 26-Jährigen ist bewusst, dass er etwas Illegales tut. Trotzdem will er auf seinen Nebenerwerb nicht verzichten. «Am Morgen und Vormittag arbeite ich für das Schweizer Unternehmen, am Abend im Restaurant. Es ist eine gute Abwechslung für mich.» Insgesamt verdiene er so nach Abzügen bis zu 9000 Franken im Monat. Seine drei Lohnausweise reiche er jedes Jahr beim Steueramt ein. «Ich zahle ganz normal Steuern und leiste auch AHV-Abgaben.»

Nur 3 Stunden Schlaf

Freizeit brauche er kaum. «In der Gastro zu arbeiten, macht mir Spass. Ich habe dort meine Freunde kennen gelernt.» Auch Schlaf ist für den 26-Jährigen sekundär: «Ich schlafe im Durchschnitt drei Stunden. Wenn ich während des Tages müde werde, mache ich allenfalls noch einen Powernap.»

Sein Arbeitsverhalten begründet der Schweizer unter anderem mit seinen Zukunftsplänen: «Ich fühle mich in der Lage, mehr zu arbeiten als 100 Prozent. Zudem plane ich, mit 35 Jahren auszuwandern. Dafür will ich jetzt genügend Geld verdienen und sparen, sodass ich später weniger machen muss.»

«Dem Arbeitnehmer droht die Entlassung»

Laut Roger Rudolph, Experte für Arbeitsrecht und Professor an der Universität Zürich, verstossen solche Arbeitszeiten gegen das Arbeitsrecht. Dafür gebe es verschiedene Gründe: «Gemäss dem Schweizer Arbeitsgesetz liegt die Höchstarbeitszeitgrenze bei 45 bis 50 Stunden pro Woche. Das gilt für alle Tätigkeiten insgesamt.» Im vorliegenden Fall liegen die Arbeitsstunden aber weit über der erlaubten Arbeitszeit.

Zudem müsste der 26-Jährige den Arbeitgeber – also die bekannte Schweizer Firma – über seine anderen Jobs informieren, so Rudolph. «Nur so könne der Arbeitgeber intervenieren und einen rechtskonformen Zustand herstellen. Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Unternehmen eine Treuepflicht.»

Ebenfalls erklärt Rudolph, dass der Angestellte so ausgeruht zur Arbeit erscheinen muss, dass er diese ordentlich erfüllen kann. «Das ist im vorliegenden Fall höchst fraglich.» Wenn der 26-Jährige seine Informationspflicht verletzt oder seine Arbeit wegen Überforderung nicht ordentlich erfüllt, könne das Unternehmen daraus Konsequenzen ziehen: «Dann droht dem Arbeitnehmer die Entlassung.»  

Steuerbehörden ahnden Verletzungen des Arbeitsrechts nicht

Gemäss Alain Villard, Steuerberater bei Hoffmann & Partner AG in Basel, gilt im schweizerischen Steuerrecht grundsätzlich das Steuergeheimnis. Das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer verpflichtet die Steuerbehörden zu Stillschweigen über Tatsachen, die ihnen aufgrund der Ausübung ihres Amtes bekannt werden.

Nur mit einer gesetzlichen Grundlage sei eine Weitergabe der Daten zulässig. Es liege aber nicht im Verantwortungsbereich der Steuerbehörden, Verletzungen des Arbeitsrechts zu ahnden, so Villard. «Gleichwohl wäre eine behördenübergreifende Weitergabe der an sich vorliegenden Daten bei entsprechender, gesetzlicher Grundlage durchaus denkbar.»

* Name der Redaktion bekannt

2 Vollzeitstellen – 2 Löhne

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