Wahlen in ArgentinienKommt der Ultrarechte mit der Motorsäge an die Macht?
Wer soll Argentinien künftig regieren: der gemässigte aktuelle Wirtschaftsminister oder der «Anarcho-Kapitalist» mit der Motorsäge? Trotz aller Warnungen könnten die Menschen den unberechenbaren Javier Milei an die Macht hieven.
Darum gehts
Am Sonntag tritt der argentinische Wirtschaftsminister in der Stichwahl gegen einen selbsterklärten Anarcho-Kapitalisten an.
Der Ultrarechte Javier Milei will den Staatsapparat reduzieren und alle Zulagen abschaffen.
Die Wählerschaft hat keine Angst vor den radikalen Milei – im Gegenteil.
Am kommenden Sonntag wählt Argentinien den nächsten Präsidenten und dann geht es um eine Frage, die noch viele Menschen im Land verzweifeln lässt. Wen wollen sie für die nächsten vier Jahre an der Macht: Den ultrarechten Newcomer Javier Milei oder den derzeitigen Wirtschaftsminister Sergio Massa, der die schwindelhohe Inflation von über 142 Prozent nicht in den Griff bekommt?
Ein Blick in das Wahlprogramm des ultraliberalen Populisten Milei: Der Anarcho-Kapitalist, wie er sich selbst beschreibt, ist ein Feind des Staates, hält nichts von finanziellen Zulagen oder Regulierungen und auch nichts von Kinder- oder Arbeiterrechte. Milei will die argentinische Zentralbank abschaffen und den Peso durch den US-Dollar ersetzen. Er bewundert Donald Trump und Margaret Thatcher und hat sich vorgenommen, die «parasitäre politische Kaste» im Land auszurotten.
Ministerien? Weg damit!
Seine Wahlkampagne inszenierte er wie eine Show, indem er bei seinen Auftritten eine Motorsäge herumschwenkte (damit sollen alle Zulagen gekürzt werden) oder in TV-Sendungen theatralisch erklärte, wie er den Staat reformieren würde: In Grafiken, in denen alle Ministerien aufgelistet waren, strich er 75 Prozent der Ämter durch, während er schrie: «Weg damit!»
Auf der anderen Seite steht Sergio Massa, der Teil der aktuellen Regierung ist, unter der rund 40 Prozent der Menschen in dem einst reichen Land unter die Armutsgrenze fiel, bei der die Landeswährung Peso gegenüber dem US-Dollar immer weiter an Wert verlor und der Schuldenberg wuchs.
«Ich will einen Wechsel»
«Mir ist egal, wer kommt, einfach nicht noch mal vier Jahre wie die letzten», sagt der 49-jährige Ladenbesitzer Julio zu 20 Minuten.
Nach den letzten Umfragen dürfte der ultrarechte Kandidat mit 53 Prozent der Stimmen gewinnen. Macht den Menschen der radikale Milei keine Angst? Erstaunt es sie nicht, dass er etwa seinen 2017 verstorbenen Hund Conan bei wichtigen Entscheidungen um Rat fragt oder dass er nicht viel über die Geschäfte des Staates weiss? «Ich will einen Wechsel», sagt Turnlehrerin Viviana, die kurz vor der Pensionierung steht. Milei finde sie mit seinen mal unsicheren, mal aggressiven Aussagen «sympathisch», sagt sie.
Diese Wahl wird der Bauch entscheiden, nicht der Kopf
Auch bei den jüngeren Generationen hat Milei viele Anhänger und Anhängerinnen. «Mein Sohn wählt Milei», schüttelt der 63-jährige Victor den Kopf. Er selbst werde Massa wählen. «Das hat zu Hause für heftige Diskussionen gesorgt. Mein Sohn meint, er höre mich seit 30 Jahren wegen der ewigen Wirtschaftskrisen motzen, die das Land durchgemacht hat, und glaubt, dass es jetzt Zeit sei, einem Mann wie Milei die Chance zu geben.»
Dass auf der Strecke Menschenrechte, die Souveränität des Landes oder die eigene Währung bleiben, ist kein Schreckensfaktor. Die Menschen in Argentinien wählen mit dem Bauch – und sie sind auf die jetzige Regierung des Peronisten Alberto Fernandez stinksauer.
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