SterbehilfeArzt rät Demenzkranken, sich zu Tode zu hungern
Wer dement ist, verliert oft seinen Lebenswillen. Ein ehemaliger Zürcher Stadtarzt propagiert nun das Sterbefasten als Ausweg.
Möchte man mit einer Sterbehilfeorganisation aus dem Leben scheiden, muss der Patient urteilsfähig sein. Bei Demenzkranken ist das meist nicht mehr der Fall. Was also tun, wenn sie ihren Lebensmut verlieren? Als Ausweg aus diesem Dilemma rät der ehemalige Stadtarzt Albert Wettstein zum Sterbefasten. Das berichtet die NZZ.
Dabei isst und trinkt der Patient so lange nichts mehr, bis er stirbt, was laut Wettstein etwa zehn Tage dauert. «So muss man nicht zu einem Zeitpunkt aus dem Leben scheiden, an dem man es gar noch nicht will, nur weil man es später nicht mehr kann», sagt Wettstein der Zeitung.
Um diese Sterbealternative anwenden zu können, ist aus Wettsteins Sicht eine Patientenverfügung nötig. Die Hauptaussage dieser Verfügung besteht darin, dass man im Fall einer fortgeschrittenen Demenz auf Nahrung und Flüssigkeit verzichtet, wenn man sich diese nicht mehr selbst zuführen kann.
«Es gibt keine saubere Lösung»
Das Thema polarisiert. Die Zürcher Alzheimervereinigung schaltete eine solche Verfügung erst auf ihrer Website auf. Nun besann sie sich um, wie Geschäftsleiterin Christina Krebs der NZZ sagt. Sie sehe das Problem in zu jungen Demenzkranken, deren Körper noch zu fit seien und das Verhungern deshalb elendiglich sei.
Zudem gebe es auch glückliche Alzheimerpatienten, die man dann dennoch verhungern lasse. Auch die Angehörigen könnten sich damit nicht abfinden oder andererseits wegen Hinterlassenschaften den Sterbeprozess sogar beschleunigen, so Krebs gegenüber der Zeitung. Diese Situation könne nicht so einfach und sauber gelöst werden.
Blick fürs Ganze haben
Peter Breitschmid, Professor für Privatrecht an der Universität Zürich, zeigt sich dem Thema gegenüber ebenfalls argwöhnisch. Es sei kritisch, die Beurteilung des Sterbewunschs lediglich auf das Essen zu beziehen, sagte er der Zeitung. Miteinbezogen werden müssten auch Stimulationen wie Musik, sodass man ein Gesamtbild habe.
Das könnten nur Pflegepersonal oder die Angehörigen selbst beurteilen. Diese Meinung teilt auch Wettstein selbst: Eine geschulte Person könne sehr gut feststellen, aus welchen Gründen jemand das Essen verweigere.