Astronomische Zahlen: Wegen Trump macht Europa gigantische Schulden – was heisst das?

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Astronomische ZahlenWegen Trump macht Europa gigantische Schulden – was heisst das?

Die Staatsverschuldung der europäischen Länder wird immer grösser. Jüngste geopolitische Entwicklungen verstärken diese Tendenz, wie ein Experte erklärt.

Seit Donald Trumps Amtsantritt Anfang Jahr ist der Druck auf die europäische Wirtschaft gestiegen.
Bereits Ende 2024 betrug die kumulierte Staatsverschuldung der EU-Länder über 12 Billionen Euro. Im Bild: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Politische Entscheide Donald Trumps dürften die Schuldenberge weiter wachsen lassen.
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Seit Donald Trumps Amtsantritt Anfang Jahr ist der Druck auf die europäische Wirtschaft gestiegen.

Getty Images via AFP

Staatsverschuldung: Darum gehts

  • Die europäischen Staatshaushalte verschulden sich immer tiefer.

  • Jüngste geopolitische Ereignisse verstärken diese Tendenz weiter.

  • Ein Experte erklärt unter anderem, was das für den Bürger bedeutet.

2'487 Milliarden Euro. Oder 2,487 Billionen. So viel Betrug die Verschuldung des deutschen Staates im dritten Quartal 2024. In Frankreich liegt die Staatsverschuldung gar bei über drei Billionen Euro, über die  EU kumuliert sind es über 12 Billionen. Noch schlimmer: Aufgrund jüngster Entwicklungen in der Weltpolitik – und vor allem wegen Donald Trump – ist diese Tendenz steigend.

Was ist Staatsverschuldung?

Doch der Reihe nach: Es sind Zahlen, die schwer zu fassen sind, während sie aber einen direkten Einfluss auf das tägliche Leben eines jeden Bürgers bzw. einer jeden Bürgerin haben. Wie kommts? Finanziert ein Staat neue Ausgaben über Schulden, sei dies im Normalfall der politisch bequeme Weg, erklärt Dr. Stefan Legge, Professor für Steuer- und Handelspolitik an der Universität St. Gallen. Man müsse dann weder Steuern erhöhen noch andere Ausgaben kürzen.

Höhere Steuern oder Inflation

Allerdings: «Der Staat nimmt auf diesem Weg einen Kredit auf, welchen er verzinsen und zurückzahlen muss», so Legge. Für die Bevölkerung folgt die Rechnung zu einem späteren Zeitpunkt – entweder erhöhe der Staat die Steuern in der Zukunft oder «drucke» sich das Geld. Legge: «Im zweiten Fall gibt es Inflation und die Kaufkraft des Geldes sinkt.»

Ähnlich wie bei einer Einzelperson, so der Handelsexperte, liesse sich eine Kreditaufnahme besser gut begründen, wenn die zusätzlichen Staatsausgaben produktiv sind. Legge: «Ein Kredit für den Kauf eines Hauses ist sinnvoller als ein Kredit für die nächsten Ferien.»

Trump: Weniger Einnahmen, mehr Ausgaben

So weit, so selbstbestimmt. Nur: Scheint es gerade zurzeit so, als hätte man kaum eine Wahl zwischen Haus und Ferien – oder aus Staatsperspektive: Geopolitische Spannungen und protektionistische Bestrebungen, die seit Donald Trumps Amtsantritt Anfang Jahr fast schon zu Megatrends verkommen sind, strapazieren den internationalen Handel und somit den Wohlstand aller. So bremsen etwa Donald Trumps jüngst eingeführte Strafzölle die Handelsgewinne – während die gestoppten US-Waffenlieferungen in Europa zu höheren Rüstungsausgaben führen werden.

Man habe nicht ohne Grund über viele Jahre hinweg den internationalen Handel und geopolitische Entspannung forciert, führt Legge aus. Freilich könne man aber auch Deglobalisierung und geopolitische Rivalität betreiben. Dies habe dann allerdings entsprechende Folgen: «Wird der internationale Handel stark beschränkt, sinken die Handelsgewinne und die Menschen werden ärmer.»

Dr. Stefan Legge ist Professor für Steuer- und Handelpolitik an der Universität St. Gallen.

Dr. Stefan Legge ist Professor für Steuer- und Handelpolitik an der Universität St. Gallen.

Universität St. Gallen (HSG)

Güter selbst herstellen macht arm

«Dies kann jeder selbst ausprobieren und Güter nicht mehr von anderen kaufen, sondern selbst herstellen», skizziert der deutsche Akademiker ein Beispiel, «zieht man das konsequent durch, ist man rasch sehr arm.»

Aufgrund der geopolitischen Spannungen müssen zudem mehr Ressourcen für die Landesverteidigung aufgewendet werden. Dadurch sinkt der Wohlstand nochmals. Legge: «Wir erleben gerade, wie sowohl Handelsgewinne als auch die sogenannte Friedensdividende dahinschmelzen wie Eis in der Sonne.»

Schweiz bremst Staatsschulden – ein Modell?

In der Schweiz beträgt die Staatsverschuldung nicht einmal ein Zehntel derjenigen Deutschlands (rund 208 Milliarden Franken). Dies ist unter anderem auf das finanzpolitische Instrument der sogenannten Schuldenbremse zurückzuführen. Es stellt sich die Frage: Wäre nicht gerade das zurzeit im Rest von Europa gefragt?

Die Schweizer Schuldenbremse

«Es gibt sowohl in einzelnen Ländern als auch in der Europäischen Union rechtliche Einschränkungen für die staatliche Verschuldung», so Legge, «allerdings hält man sich nicht daran.» In Deutschland würden riesige sogenannte «Sondervermögen» in Form von Kreditermächtigungen geschaffen und die EU zähle Ausgaben für Verteidigung nicht mehr zum Staatsdefizit. Nur eben: Die juristische Bremse versagt.

Wie stehst du zur steigenden Staatsverschuldung in Europa?

Achtung vor der Teufelsspirale!

«Staaten müssen für ihre Haushaltsdefizite stets Investoren finden, welche ihnen Geld zur Verfügung stellen», nennt Legge noch eine weitere ökonomische Bremse. Nur verhalte diese sich durchaus problematisch: «Je grösser die Verschuldung, desto höher sind meist auch die von den Investoren verlangten Zinsen.»

Das könne zu einer Teufelsspirale führen, wie etwa die frühere britische Premierministerin Liz Truss habe erfahren müssen: «Nach 49 Tagen war ihre Regierung erledigt.» Aber auch ohne Blick nach Grossbritannien riecht es hier nach Teufelsspirale – oder: wachsen tun zurzeit nur die Schuldenberge.

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