Auch in der SchweizHälfte der Jungen wünschen, Tiktok und Co. wären nie erfunden worden
Social Media prägt das Leben junger Menschen wie nie zuvor. Eine Studie aus den USA zeigt nun, dass viele junge Erwachsene lieber ohne Social Media leben würden. Auch in der Schweiz sind Zweifel weit verbreitet.
Darum gehts
Eine US-Studie zeigt, dass viele junge Menschen täglich über vier Stunden auf Social Media verbringen, manche sogar über sieben Stunden.
Fast die Hälfte der Generation Z wünscht sich, dass Social Media nie erfunden worden wäre, da es negative Auswirkungen auf die mentale Gesundheit hat.
Auch in der Schweiz teilen viele junge Erwachsene diese Meinung, während ältere Generationen Social Media eher positiv sehen.
Noch ein Video, noch eine Story, noch ein Like – Tiktok, Instagram und Co. haben einen enormen Stellenwert in der Gesellschaft erhalten. Besonders bei jungen Menschen ist der Einfluss extrem: Eine Mehrheit verbringt täglich mindestens vier Stunden auf Social Media, bei jedem Fünften sind es über sieben Stunden. Das zeigt eine neue, repräsentative Studie aus den USA.
Die Umfrage bringt jedoch eine spannende Erkenntnis hervor: Fast jeder zweite Befragte der Generation Z wünschte sich, dass Social Media nie erfunden worden wäre. Bei den befragten 18- bis 27-Jährigen kommen vor allem X (50 Prozent), Tiktok (47 Prozent) und Snapchat (43 Prozent) schlecht weg – Instagram lag bei 34 Prozent. Nachrichten-Apps wie Whatsapp oder Streaming-Services wie Netflix schnitten hingegen besser ab.
Der Studienleiter Jonathan Haidt glaubt demnach, dass es weitaus weniger Reue und Unmut gäbe, wenn Smartphones lediglich dazu genutzt würden, um miteinander zu texten, Filme zu schauen und hilfreiche Informationen oder Videos zu suchen.

Lorina (21) findet, dass die Welt persönlicher und sozialer wäre ohne Social Media.
20min/Carolin TeufelbergerAuch Schweizer bedauern die Erfindung von Social Media
Auf den Strassen Zürichs zeigt sich, auch in der Schweiz teilen viele junge Erwachsene diese Einstellung. So sagt Mendime (20) zum Beispiel, dass es viel weniger Streitereien in ihrem Umfeld gäbe, würde es kein Social Media geben. «Das hätte so viele Vorteile.» Sie verzichtet daher heute bewusst auf viele Apps. «Früher habe ich so viel Zeit mit Tiktok und Instagram verschwendet und angefangen, mich mit anderen zu vergleichen. Das belastet die Psyche.» Auch 37 Prozent der Befragten in den USA sagen, dass Social Media einen negativen Effekt auf die mentale Gesundheit hat. Bei Frauen liegt dieser Wert mit 44 Prozent deutlich höher als bei Männern mit 31 Prozent.
Lorina (21) wünscht sich ebenfalls, dass Social Media nie erfunden worden wäre – obwohl sie auf allen Plattformen Profile besitzt. «Sonst wüsste ich gar nicht, was bei meinen Freunden oder auf der Welt passiert.» Dennoch bereiteten die Apps der Zürcherin Schwierigkeiten, denn: «Es ist schwierig, zu unterscheiden, was echt ist und was nicht.» Deshalb suche sie wieder vermehrt den direkten Kontakt. «Meiner Meinung nach leidet der persönliche Austausch enorm. Die Welt wäre ohne Social Media viel sozialer.»
Wie stehst du zur Aussage, dass Social Media nie hätte erfunden werden sollen?
Die 16-jährige Linda sieht das weniger drastisch, findet jedoch ebenfalls, dass ein Leben ohne Social Media Vorteile hätte. «Ich benutze vor allem Tiktok und Snapchat. Ohne Social Media wäre ich wahrscheinlich häufiger draussen unterwegs und würde mehr Zeit mit meiner Familie verbringen.»
Schweizer Zahlen wären ähnlich
Philippe Wampfler, Experte für digitale Medien, kann die Ergebnisse der amerikanischen Umfrage gut nachvollziehen. «Derzeit ist die Skepsis gegenüber Social Media bei jungen Erwachsenen ziemlich ausgeprägt.» Besonders in den USA sei dies spürbar, wo die isolierenden Effekte am stärksten zu spüren seien. «In der Schweiz würde ich etwas tiefere Zahlen erwarten, doch auch hier dürften sie im selben Bereich liegen.»
Ältere Generationen sehen eher positive Aspekte
Wie die Umfrage in Zürich zeigt, sehen Millennials die Plattformen und ihr eigenes Nutzungsverhalten weniger kritisch – auch, weil sie glauben, dies unter Kontrolle zu haben. «Ich finde, dass die Apps eher einen positiven Effekt auf mein Leben haben, ich nutze sie vor allem zur Inspiration», sagt Nadine (38). Leserin Vanessa (31) glaubt hingegen, dass ihr Leben ein wenig langweiliger wäre, da ihr Social Media Ablenkung vom Alltag biete.
Doch: Wie würde dieser Alltag aussehen, wenn die Apps tatsächlich nicht erfunden worden wären? Die 20-Minuten-Community wagt das Gedankenexperiment.
Die wachsende Unzufriedenheit mit Social Media führt Wampfler darauf zurück, dass viele sich schuldig fühlen, wenn sie die Plattformen nutzen. «Das ist vergleichbar mit dem Verzehr einer Packung Chips: Man geniesst sie, aber im Nachhinein denkt man, dass ein Apfel die bessere Wahl gewesen wäre.»
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