Sex-Workshops und erotische Performances – Aunty B. besucht die Porny Days

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Aunty B. – All-In«Auf der Bühne masturbiert eine Frau – und ich bewundere sie»

Sexutensilien basteln und Selbstbefriedigung auf offener Bühne: Aunty B. besucht das jährliche Film-Kunst-Festival «Porny Days» und erlebt dort so einiges. 

Zora Schaad
von
Aunty B.
An der «Ecosexual-Performance» peitscht und masturbiert sich Künstlerin Rosario Veneno – bis sie plötzlich sogar squirtet. 
«Die Flüssigkeit spritzt Richtung Publikum, ich rutsche peinlich berührt und beschämt auf meinem Stuhl umher», erzählt Aunty B. 
Am Festival gab es auch einen Workshop, an dem Besucher*innen ihre eigenen Sex-Utensilien basteln konnten. 
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An der «Ecosexual-Performance» peitscht und masturbiert sich Künstlerin Rosario Veneno – bis sie plötzlich sogar squirtet. 

Aunty B. 

Darum gehts: 

«Willsch mini Narbe gseh?» Lovis ist die erste non-binäre Person, der ich begegne – oder zumindest die erste, von der ich es weiss. Zunächst war ich an Lovis’ selbstgemachten Körperschmuck interessiert. Doch im Gespräch erfahre ich, dass Lovis sich weder als Mann noch als Frau identifiziert. Pronomen sind für Lovis nicht passend, genauso wie es der Busen nicht war. «Meine Brüste störten mich, seit ich sie hatte», erklärt Lovis. «Vor drei Monaten habe ich sie wegoperieren lassen, seither geht es mir viel besser.» Erstaunt starre ich auf die Narben auf Lovis’ Brustkorb und fasse mir selbst an die Brust. Wie Lovis sich wohl fühlen mag?

Ich bin an den Porny Days, ein Film-Kunst-Festival in Zürich, an welchem jedes Jahr die Vielseitigkeit von Sexualität gefeiert wird. Das Programm ist gespickt mit pornografischen Kurzfilmen, kinky Workshops, sowie offener Darstellung von Sex. 

Date-Night mal anders!

Zusammen Sex-Utensilien basteln, als würde man sich zum Stricken treffen? An den Porny-Days normal! Ein Hetero-Paar werkelt gemeinsam an einem Harness für ihn. Date-Night mal anders! Das aus der BDSM-Szene bekannte Leder-Riemen-Accessoire, das ein bisschen an Pferdegeschirr erinnert, fertigen sie am Workshop «The Mindful Kink Project» aus alten Fahrradschläuchen. Eine Frau zeigt mir stolz ihre selbstgemachte Peitsche und ihr Halsband. Dunkel oder pervers wirkt das alles nicht. Sondern tabulos, offen und optisch ein bisschen wie Katzenspielzeug. 

Sie trägt einen Leo-Mantel und schwarze Boots – sonst nichts

Noch bin ich entspannt, doch als nächstes steht eine «Ecosexual-Performance» auf dem Programm. Sie soll ziemlich explizit werden, versprechen die Verantwortlichen bei der Ankündigung. Ich sitze in der zweiten Reihe. Die Nervosität steigt. Vor mir auf den Holzstühlen eine Gruppe Menschen in Leder- und Latexoutfit. Dann betritt Rosario Veneno, eine lateinamerikanische Künstlerin, die Bühne. Sie trägt einen Leo-Mantel und schwarze Boots – sonst nichts. Mit entschlossener Stimme  und durchdringendem Blick erklärt sie auf Spanisch ihre Verbundenheit zu Mutter Erde. Ich starre mit aufgerissenen Augen und Mund auf ihren nackten Hintern, während sie sich mit einer Peitsche geisselt. Immer deutlicher sieht man die roten Striemen, die sich von ihrem Nacken fast bis auf ihr Gesäss ziehen. Krass!

So was habe ich noch nie gesehen!

Und noch krasser geht es weiter: Künstliche Wunden kleben auf Rosarios Bauch, sie reisst sie auf, Theaterblut läuft an ihr runter, über ihre Vulva zu ihren Oberschenkeln. Breitbeinig setzt sich Rosario auf einen Stuhl, masturbiert, plötzlich squirtet sie. Die Flüssigkeit spritzt Richtung Publikum, ich rutsche peinlich berührt und beschämt auf meinem Stuhl umher. So was habe ich noch nie gesehen! «Hey, falls du Aftercare brauchst, bin ich erreichbar.» Jenny, der Kommunikationsverantwortlichen der Porny Days, ist mein «Schock» nicht entgangen. Doch bald macht sich bei mir Bewunderung breit. Ich laufe nicht mal zu Hause nackt herum, während Rosario Veneno vor fremden Menschen Intimstes zeigt und damit für mehr Natur und Natürlichkeit eintritt.

Was ist Squirten?

Erschöpft falle ich nach den Shows in ein Zugabteil. Sexuell angeturnt hat mich nichts und ich habe auch keinen Fetisch an mir entdeckt. Doch ich habe Menschen getroffen, von welchen ich lernen kann, wie befreiend es sein kann, Hemmungen und Scham abzulegen. Und wenn es als erstes für mich nur heisst, mal zuhause hüllenlos durch die Wohnung zu streifen. 

Wer ist eigentlich Aunty B. ?

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