Bezirksgericht HinwilAuf Schwulen-Plattform zwei Bauern um ihr Vermögen gebracht
Ein 25-Jähriger hat auf einer Dating-Plattform zwei Männer kennengelernt und ihnen mit Lügengeschichten über Jahre hinweg 1,2 Millionen Franken abgeknüpft.
Darum gehts
Ein 25-jähriger Albaner ist geständig, zwei Bauern mit Lügengeschichten um 1,2 Millionen Franken betrogen zu haben.
Die Staatsanwältin verlangt wegen gewerbsmässigen Betrugs eine unbedingte Freiheitsstrafe von vier Jahren und eine zehnjährige Landesverweisung.
Sein Anwalt spricht von Opfermitverantwortung und fordert 20 Monate bedingt sowie den Verzicht auf eine Landesverweisung.
Der heute 25-jährige Mann hatte Anfang 2018 über die, für homosexuelle Männer eingerichtete, Dating-Plattform «planetromeo», einen 57- und einen 58-jährigen Landwirt aus dem Zürcher Oberland und dem Kanton St. Gallen kennengelernt. Einer war verheiratet der andere geschieden. Mit einem Bauer kam es auch zu Geschlechtsverkehr. Der Albaner gaukelte ihnen vor, dass er in finanziellen Schwierigkeiten stecke. So schrieb er ihnen, dass er die Zähne flicken müsse, eine Tumorkrankheit habe, eine Mietkaution fällig sei, er ein Startkapital für eine Autovermietungsfirma in Albanien oder in Chur brauche sowie viele weitere Märchen. In der Anklageschrift sind zwei Dutzend solcher Lügengeschichten aufgelistet.
Er versprach ihnen, das Geld zurückzuzahlen, weil er ein grösseres Erbe von einem alleinstehenden Mann antreten könne und in England ein Freund ihm noch 200’000 Euro schulde. Dafür müsse er aber nach England fahren und brauche Geld. Natürlich klappte auch dieses Geschäft nicht, dafür zahlten die Opfer weiter für Reisetickets, Einreisegebühren und vieles mehr und am Schluss für Anwaltskosten. Denn der Beschuldigte gab an, bei der Einreise in die Schweiz «verhaftet» worden zu sein. Der Spuk hörte erst auf, als die Polizei den Mann im Juli 2022 dann wirklich festnahm. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.
«Lügengebäude aufgebaut»
Am Prozess vor dem Bezirksgericht Hinwil vom Dienstag zeigte sich der Beschuldigte geständig. «Es tut mir leid, ich habe das Geld vor allem für Glücksspiele gebraucht», sagte er am Prozess. Er kam als 17-jähriger Asylant in die Schweiz. Das Gesuch wurde zwar abgelehnt, durch eine Heirat mit einer Schweizerin konnte er trotzdem bleiben. Er ist inzwischen geschieden und Vater einer einjährigen Tochter. Seine neue Verlobte ist Schweizerin mit kosovarischen Wurzeln.
Die Staatsanwältin klagte ihn wegen gewerbsmässigen Betrugs an und verlangte eine unbedingte Freiheitsstrafe von vier Jahren sowie eine Landesverweisung von zehn Jahren. «Der Beschuldigte ist arglistig vorgegangen. Er hat ein Lügengebäude aufgebaut und die emotionale Abhängigkeit der Opfer ausgenutzt.» Er habe den beiden Männern die Lügenmärchen über Jahre hinweg häppchenweise aufgetischt. Die beiden Landwirte seien um ihre Ersparnisse gebracht worden und hätten sogar noch Schulden aufgenommen.
Eines der beiden Opfer, das vom Beschuldigten um 400’000 Franken erleichtert wurde, beschrieb das Verhalten des Beschuldigten am Prozess mit: «Druck, Druck und nochmals Druck.» Der Angeklagte habe jeweils gesagt, wenn er nicht zahle, verliere er das bereits ihm gegebene Geld, weil er die Millionenerbschaft nicht antreten könne und die geschuldeten 200’000 Euro in England verloren gehen würden.
Anwalt spricht von Opfermitverantwortung
Demgegenüber verlangte sein Anwalt eine bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten. «Die beiden Opfer haben alle Alarmsignale ignoriert.» Spätestens Ende 2020 hätten sie merken müssen, dass sie vom Beschuldigten über den Tisch gezogen würden. So habe einer der beiden geschrieben: «Ich habe das Gefühl, dass Du mich betrügst» und nannte ihn einen Finanzbetrüger. Das andere Opfer schrieb: «Es gibt gar kein Erbe», «Für was brauchst Du das Geld wirklich?» und «Ich weiss, ich kriege von Dir das Geld nicht mehr zurück.» Sie hätten gewusst, dass sie das Geld nicht mehr zurückerhalten werden, trotzdem hätten sie weiter gezahlt. «Es liegt eine Opfermitverantwortung vor», sagte der Verteidiger. Spätestens ab Ende 2020 liege keine Arglist mehr vor, die für den Betrugsvorwurf notwendig ist. Bezüglich der Landesverweisung sagte der Anwalt, dass ein Härtefall vorliege, sein Mandant habe hier eine Tochter. Das Gericht soll darauf verzichten.
Das Bezirksgericht hat noch kein Urteil gefällt. Es wird es den Parteien Ende der Woche schriftlich zustellen.
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